Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 155† Osterode, St. Aegidien 1613

Beschreibung

Glocke. 1613 umgegossen. Die Glocke, die größte des Geläuts, wurde am 7. Mai 1882 beim Brand des Kirchturms zerstört.1) Die Inschrift in drei bzw. vier Zeilen.2)

Inschrift nach M[eywerth]/S[pangenberg].

  1. TRIVNI DEO GLORIA D(OMINO) JOH(ANE) SINDERAMO ET M(AGISTRO) I[OH(ANE) ST]APELIO PASTORIBUS ADAMO ELERDS CONS(VLE) GEORG RETEN CAMERAR(IO) / A[– – –] LENTFERDES DIACONIS HOC OPVS REPARATVM A(NNO) D(OMINI) M D CXIII JVN(II) / BARTHOLDO EGGENA AEDILE GEOR(GIO) ECSTEIN [FVS]A / PER JOCHIM SCHRADER HANNOV(ERANVM)

Übersetzung:

Ehre sei dem dreieinigen Gott. Zur Zeit der Pastoren Herr Johann Sinderam und Magister Johann Stapel, des Bürgermeisters Adam Eberdt, des Kämmerers Georg Reiten und der Diakone A(… und …) Lentfert wurde diese Glocke neu gegossen (wörtlich: dieses Werk erneuert) im Jahr des Herrn 1613, im Juni, als Bartold Eggena und Georg Eckstein Kirchenvorsteher waren. Gegossen durch Joachim Schrader aus Hannover.

Kommentar

Johann Sinderam (geb. 1525/26) war von 1565 bis 1614 Inhaber der ersten Pfarrstelle an St. Aegidien; zuvor war er seit 1552 Hofprediger in Herzberg und davor Rektor der Lateinschule in Osterode. Johann Stapel (Stapelius), geboren um 1570, von 1604 bis 1614 zweiter Pastor an St. Aegidien, folgte Sinderam von 1614 bis 1624 als erster Pastor nach.3) Der Diakon Lentfert ist nicht zu identifizieren.

Adam Eberdt (auch Eberdes, nicht Elerds) war seit 1579 Ratsherr in Osterode und von 1599 bis 1613 Bürgermeister in den ungeraden Jahren; er starb 1614. Der Kämmerer Georg (Jörg) Rethen wurde 1615 sein Nachfolger, starb aber bald darauf; zu ihm vgl. auch Nr. 152. Auch die beiden Vorsteher der Marktkirche waren Ratsmitglieder: Bartold Eggena (1572–1644) erwarb wahrscheinlich 1594, im Jahr seiner Heirat mit Elisabeth Niemeyer (vgl. Nr. 166), das Osteroder Bürgerrecht und die Mitgliedschaft in der Schustergilde. 1601 wurde er Ratsherr, 1613 Bauherr, 1615 Kämmerer und 1617 Bürgermeister. Dieses Amt übte er in den ungeraden Jahren bis zu seinem Tod aus. Georg Eckstein, Ratsmitglied seit 1592, war von 1614 bis 1632 in den geraden Jahren Bürgermeister.4)

Der Hannoveraner Gießer Joachim Schrader hat zwischen 1601 und 1625 im Raum zwischen Hannover, Hildesheim, Holzminden, Northeim und dem Nordharz zahlreiche Glocken angefertigt.5) Für die Glocke, die wegen ihrer Größe in Osterode gegossen wurde, hat er laut Wendt 486 Gulden, 11 Groschen und 6 Pfennige erhalten.6)

Anmerkungen

  1. Eder, Glocken, S. 35f. Mühlefeld, Osteroder Kirchenglocken, S. 15.
  2. Drei Zeilen: M[eywerth]/S[pangenberg], Beschreibung, Sp. 195. Die senkrechten Striche in der Wiedergabe der Inschrift bei M[eywerth]/S[pangenberg], die offenbar Zeilentrennungen anzeigen, lassen jedoch vier Zeilen erkennen. Auch andere Glocken Schraders tragen längere Inschriften; vgl. z. B. die 1610 für Kemnade gegossene Glocke: DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 180.
  3. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 250f. u. Bd. 1, S. 492. Zu Sinderam vgl. Wendt, Geschichte, S. 231–233; danach M[eywerth]/S[pangenberg], Beschreibung, Sp. 197f. Wendt zufolge war Johann Stapel nicht der Nachfolger Sinderams, sondern blieb zweiter Prediger; Wendt, Geschichte, S. 233f. u. 237f.
  4. Vgl. Wendt, Geschichte, S. 310f. Granzin, Bürgerbuch, S. 5–15. Heller, Ratsherren, S. 30–32. Schimpf, Bartold Eggena, S. 44 u. 46f.
  5. Folgende von Joachim Schrader gegossene Glocken sind nachzuweisen: 1601 für den Hildesheimer Dom; DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 554. 1606 für die Marktkirche in Hannover; DI 36 (Stadt Hannover), Nr. 239. 1610 für Adenstedt, 1611 für Nette; DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 310 u. 314. 1603 für Ammensen, 1607 für Kirchbrak, 1610 für Kemnade; DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 159, 168 u. 180. 1603 zwei Glocken für Greene, 1615 eine für Moringen; DI 96 (Lkr. Northeim), Nr. 211, 212 u. 244. 1603 für Hemmendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont); vgl. Mithoff, Kdm. Calenberg, S. 100. 1604 für Harderode (Lkr. Hameln-Pyrmont); vgl. Kdm. Kreis Holzminden, S. 286. 1608 für Leveste (Region Hannover); vgl. Gottfried Piper, Die Glocken und Orgeln des Kirchenkreises Ronnenberg, Burgwedel 1982, S. 54. 1612 für Kirchwehren (Region Hannover); vgl. Kdm. Kreise Hannover und Linden, S. 92. 1613 für Limmer (Stadt Hannover); vgl. ebd., S. 103. 1614 für Luttringhausen (Lkr. Hameln-Pyrmont); vgl. ebd., S. 106. 1616 für Bennigsen (Region Hannover); Mithoff, Kdm. Calenberg, S. 12. 1625 eine heute verlorene für Rössing (Lkr. Hildesheim); ebd., S. 160. Außerdem eine Glocke in Eilsdorf (Huy; Lkr. Harz in Sachsen-Anhalt) aus dem Jahr 1605; vgl. Walter, Glockenkunde, S. 872.
  6. Eder, Glocken, S. 35. Vgl. Wendt, Geschichte, S. 224 (nach der Kämmereirechnung).

Nachweise

  1. M[eywerth]/S[pangenberg], Beschreibung, Sp. 195.
  2. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 170 (ohne Inschrift).
  3. Mühlefeld, Osteroder Kirchenglocken, S. 15 (ohne Inschrift).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 155† (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0015504.