Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 151(†) Wieda, Lutherkirche 1610 od. später

Beschreibung

Kelch mit Patene. Kupfer, der Kelch vergoldet. Der runde Fuß mit breitem Standring und hoher Zarge mit einem Schmuckband von gravierten Rhomben erhebt sich steil zum Schaft; am oberen Ende ein hängender Lilienfries. Auf den Schaftstücken, die einen geringeren Durchmesser als die Spitze des Fußes aufweisen, V-förmige gravierte Muster. Der Nodus mit schlichtem, pseudogotischem Maßwerk. Die Buchstaben der Inschrift IA auf den Rotuli des Nodus, glatt vor schraffiertem Hintergrund graviert. Der Nodus wurde aus zwei geformten Hälften zusammengesetzt; die Naht ist auch in den ersten drei Buchstaben erkennbar. Auf dem Fuß drei gravierte Lilien und ein aufgenietetes, gegossenes Kruzifixus, darüber auf dem ansteigenden Teil die ungewöhnlich angeordneten, gravierten Buchstaben der Inschrift IB. Links neben dem Kruzifix die konturiert gravierte Initiale (IC). Die tulpenförmige Kuppa ist erneuert.

Die dazugehörige Patene trug ein Weihekreuz und die Initiale (II).1) Die Patene war im Oktober 2017 nicht aufzufinden.

Inschrift II nach Kdm.

Maße: H.: 21,3 cm; Dm.: 11,8–12 cm (Fuß), 9,8–10,2 cm (Kuppa); Bu.: 0,8 cm (IA), 0,7 cm (IB), 0,25 cm (IC).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/4]

  1. IA

    I H E S V S

  2. IB

    I(ESVS) · N(AZARENVS) · I(VDAEORVM) · R(EX)2)

  3. IC

    W(EIDA)3)

  4. II†

    W(EIDA)

Kommentar

Die Buchstaben der Inschrift weisen verbreiterte Schaft- und Bogenenden auf.

Das pseudogotische Maßwerk des Nodus und die typisch mittelalterliche Form des Jesusnamens zeigen ein im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert manchmal anzutreffendes Bemühen, einen neuen Kelch an ältere Formen anzupassen. Da die 1610 begonnene Kapelle in Wieda 1611 fertiggestellt wurde,4) ist eine Anfertigung des aus dünnem Kupferblech5) hergestellten Kelches zu oder bald nach diesem Zeitpunkt gut möglich. Auch die erhaltene Wetterfahne Nr. 150 trägt das Jahr des Baubeginns.

Anmerkungen

  1. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 368.
  2. Nach Io. 19,19.
  3. Weida ist die im 16. und 17. Jahrhundert geläufige Namensform; vgl. Uwe Ohainski, Jürgen Udolph, Die Ortsnamen des Landkreises Osterode, Bielefeld 2000 (Niedersächsisches Ortsnamenbuch II), S. 177f.
  4. Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 317.
  5. Ein Beispiel für aus Kupfer gefertigte Altargerätschaften findet sich 1586 in Billingshausen (Lkr. Göttingen): DI 96 (Lkr. Northeim), Nr. 176 u. 177; auch in Gieboldehausen (vor 1639): DI 66 (Lkr. Göttingen), Nr. 370.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 368.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 151(†) (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0015106.