Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 149 Osterode, Weg nach Uehrde 1609

Beschreibung

Gedenkstein (Kreuzstein). An der alten Straße von Osterode nach Uehrde,1) in der Verlängerung der Straße „An den Hundeköpfen“, der sog. Schäfer- oder Leichenstein, gegenwärtig zwischen zwei Bäumen (N 51° 43.066', O 10° 13.958'). Auf dem Findling ist ein 52 cm hohes Kreuz eingetieft. Die erste Zeile der Inschrift über dem Kreuz, die zweite rechts und links vom Kreuzhaupt, die weiteren Zeilen rechts und links vom Kreuzstamm. Die Buchstaben sind eingehauen. Auf der Gegenseite ist schwach ein etwa gleich großes, ebenfalls eingehauenes Kreuz zu erkennen.

Der Stein soll früher 180 Meter und später fünf Meter westlich des heutigen Weges im freien Feld gestanden haben. 1889 war er bis zur Mitte in den Boden eingesunken, so dass die Inschrift nur bis zum Namen zu lesen war. Um 1890 erhielt er seinen Platz auf der Westseite der Straße. Nach 1961 versetzte man ihn an deren östlichen Randstreifen. Der Text und das Kreuz auf der Vorderseite wurden mindestens einmal, um 1960, vom ortsansässigen Bildhauer Georg Kirchner nachgearbeitet. Dabei wurden einzelne Buchstaben verändert.2)

Maße: H.: 86 cm; B.: 41–48 cm; Bu.: 2,5–3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis und Minuskeln.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/1]

  1. I(ESUS) N(AZARENUS) R(EX) I(UDAEORUM)3) : / ANNO // 1.6.0.9. / hans // vona) . / nei//menb) : / DEN // XI · MAY / vom // WetteRc) / er//schlagend)

Kommentar

Der zugehörige Eintrag im Kirchenbuch der Aegidienkirche aus dem Jahr 1609 lautet: Den 4. May ist Hans Neimke aus gegangen auf sine Wisen und feldhern v(nd) nach dem er sie wie … gemacht v(nd) wider auf dem heimwege gewesen ist er vom wetter hernid geschlagen und alsbald da bliben.4) Zutreffend ist die von der Lokalforschung hergestellte Verbindung mit der aus Einbeck stammenden Familie von Einem,5) von der mehrere Mitglieder in Osterode lebten.6) Möglicherweise handelt es sich bei dem Verstorbenen um den Hans von Einem, der 1607 den Bürgereid geleistet hat.7)

Die Namensform auf dem Kreuzstein lässt sich durch eine Verschleifung in der Aussprache erklären, die zur Anfügung des aus von verdoppelten n am Anfang des Nachnamens, verbunden mit einer Metathese von n und m in der zweiten Silbe,8) geführt hat. Dass Familienmitglieder den Namen in der Form „Neimke“ führten, zeigt ein Eintrag im Trauregister von St. Aegidien, demzufolge am 13. Mai 1633 Fried. v. Einem al. Neimbke heiratete.9)

Textkritischer Apparat

  1. von] Ebenso alle Literatur; Befund: wie Koon; der Schaft des scheinbaren K rückt sehr nah an das Kreuz und dürfte nicht original sein. Vermutlich wurde der nach rechts umgebogene rechte Schaft eines v zu einem Bogen geschlossen. Das eigentliche o wurde beim Nachhauen unter die Grundlinie verlängert.
  2. Inschrift nur bis hier: NLA HA Hann. 180 Hildesheim, Nr. 6587.
  3. WetteR] Beide Schaftenden der aus der Grundform des Minuskel-t abgeleiteten Buchstaben sind nach rechts umgebogen, der Mittelbalken setzt in der Schaftmitte rechts an, so dass der Eindruck eines unzialen E entsteht.
  4. Andrae hat insgesamt: Hans von Einem wurde hier vom Wetter erschlagen 1609.

Anmerkungen

  1. In der Literatur zumeist unter Uehrde angegeben, was an der historischen Zugehörigkeit der Gemarkung liegen dürfte; vgl. z. B. Müller/Baumann, Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 223. Der Stein steht aber näher an Osterode.
  2. Kreckmann, „Schäfer- oder Leichenstein“, S. 36. Vgl. Anm. a und c.
  3. Io. 19,19.
  4. Kirchenbuch St. Aegidien Osterode, Bl. 131v (S. 260). Zitiert (mit leichten Abweichungen) bei Kreckmann, „Schäfer- oder Leichenstein“, S. 36.
  5. Ebd., S. 34. Müller/Baumann, Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 223 (Nr. 4227.1). Im Kirchenbuch von St. Aegidien (Bl. 131v) findet sich am Fuß der Seite die (wohl von Pastor Georg Max Mitte des 19. Jahrhunderts verfasste) Anmerkung: „heißt auch Hans von Einem oder Neimke im Kirchenbuche, u. ist ohne Zweifel der, dessen Leichenstein am Uehrder Wege steht“.
  6. Ein Hanß von Einem ist 1517 Kämmerer; Wendt, Geschichte, S. 309. Dietrich von Einem, vermutlich dessen Sohn, wird bereits 1528 als Altarist an St. Marien und dann an St. Jacobi genannt. Im Zuge der Reformation wird er der erste evangelische Pfarrer an St. Marien, von wo er 1554 nach Schwiegershausen wechselt; er stirbt um Weihnachten 1568; Max, Grubenhagen, Bd. 2, S. 195. Hans Eynem erscheint 1552 im Wachtgeldregister; Granzin, Wachtgeldregister, S. 20.
  7. Vgl. Granzin, Bürgerbuch, S. 7.
  8. 1612 heiratet an St. Aegidien Ilsabei v. Eimen; Schubert, Trauregister, Bd. 1,10, S. 944 (Nr. 546).
  9. Schubert, Trauregister, Bd. 1,10, S. 954 (Nr. 948).

Nachweise

  1. Müller/Baumann, Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 223 (Nr. 42271), mit Abb.
  2. NLA HA Hann. 180 Hildesheim, Nr. 6587.
  3. A. Andrae, Alte Kreuzsteine und Grabsteine, in: Niedersachsen, 15. Jg., 1909/10, S. 62–68, hier S. 62.
  4. Kreckmann, „Schäfer- oder Leichenstein“, S. 34.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 149 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0014903.