Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 127 Kloster Walkenried, Kreuzgang 1600

Beschreibung

Grabplatte für den Prior Liborius Hirsch. Stein. Aufgestellt im westlichen Arm des Kreuzgangs, rechts von dem Epitaph Nr. 140 an der Rückwand des doppelreihigen Kreuzgangsarmes. Sechszeilige, vertiefte Inschrift. Die Punkte in der Inschrift. Unter der Inschrift ein als Relief ausgehauenes Wappen. Unterhalb des Wappens ein Loch, möglicherweise eine frühere Reliquiengruft in der Platte, die ursprünglich als Altarplatte gedient haben dürfte. Das Grab befand sich laut Reinboth im östlichen Kreuzgangsflügel.1)

Über der Platte ist der stark verwitterte obere Teil eines Epitaphs abgestellt, das eine betende Familie unter einem Kruzifix zeigt. Dieses Fragment trägt keine Inschrift.

Maße: H.: 107 cm; B.: 69 cm; Bu.: 5,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/1]

  1. VENERABILIS D(OMI)N(VS) PRIOR / LIBORIVS HERSCH OBIIT / PIE ANNO CHRISTI / SALVATORIS M. D. C. / AETATIS LXXVI. DIE / XIV. DECE(M)B(RIS) C(VIVS) A(NIMA) R(EQVIESCAT) I(N) P(ACE)

Übersetzung:

Der ehrwürdige Herr, Prior Liborius Hirsch, starb fromm im Jahr Christi des Heilands 1600, im Alter von 76 Jahren (oder: im 76. Lebensjahr) am 14. Dezember. Seine Seele ruhe in Frieden.

Wappen:
Hirsch2)

Kommentar

Schmucklose Schrift mit keilförmig verbreiterten Bogen-, Balken- und Schaftenden; spitzovales O, der Rechtsschrägschaft des X ist geschwungen. In den beiden Folgejahren 1601 und 1602 wurden für die Kinder des Priors Eckstorm weitere frühere Altarplatten als Grabplatten verwendet und ähnlich beschriftet; vgl. Nr. 132 u. 134.

Liborius Hirsch (um 1534–1600) stammte aus Heiligenstadt und war, Leuckfeld zufolge, gebildet. Zunächst als Mönch ins Zisterzienserkloster Reifenstein im Eichsfeld eingetreten, wechselte er später nach Walkenried. Mitte der 1550er Jahre versah er zeitweise das Pastorenamt in Walkenried; 1557 wird er als Subprior genannt. Mit der Einrichtung der Klosterschule und der Übernahme des Predigeramtes durch den Rektor Mylius (Nr. 84) wurde Hirsch 1558 (laut Letzner) Pfarrer in Großwechsungen (Lkr. Nordhausen). Nach dem Tod des Priors Andreas Wunnich wurde Hirsch vom Konvent zu dessen Nachfolger gewählt. Vom Klosteradministrator Graf Ernst VII. (bzw. von dessen Vater Volkmar Wolfgang) wurde er 1578 zum Klosterverwalter ernannt. Als solcher verkaufte er 1579 die Stiftsgüter in Goslar an den Rat, die nach 1593 Herzog Heinrich Julius in einem langwierigen Rechtsstreit zurückzugewinnen suchte. Ab 1581/82 zog er sich auf das Stiftsgut Günzerode (Lkr. Nordhausen) zurück, wo er 1600 starb.3) 1593 war er maßgeblich an der Wahl des Wolfenbütteler Herzogs Heinrich Julius zum Administrator des Stifts beteiligt.4) Hirschs Leichnam wurde zur Beisetzung nach Walkenried gebracht.

Anmerkungen

  1. Reinboth, Bestattungen, S. 27.
  2. Wappen Hirsch (herzförmiger Wappenschild mit Hirschkopf).
  3. Vgl. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 2, S. 131f. mit ebd., S. 24, 108–110 u. 149. Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 109 u. 118.
  4. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 2, S. 112–118.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 355.
  2. Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 292.
  3. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 2, S. 132.
  4. Reinboth, Bestattungen, S. 27 (Nr. 18).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 127 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0012700.