Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 124† Gittelde, St. Johannis 1599

Beschreibung

Grabplatte für Hans von Gittelde. Auf der Platte war der Verstorbene in Rüstung abgebildet, in der linken Hand einen Degen, in der rechten einen Streitkolben haltend.1) Die Platte war 1753 bereits aufgenommen und stand wie die des 1588 gestorbenen Sohnes des Verstorbenen zum Verkauf.2)

Inschrift nach NLA WO 2 Alt, Nr. 15047, Bl. 23r.

  1. Anno d(omi)ny 1599 d(en) 20a) Augusti den Avend tho 10 Uhren ist der Edler und Ehren Vester Juncker Hanß von Gittelde in Gott seel(ich) entschlaffen

Kommentar

Hans von Gittelde, Sohn von Hans,3) der vermutlich 1543 starb, wird seit 1544/50 als Lehnsnehmer verschiedener Besitzungen, die sich im Raum zwischen Gittelde, Windhausen, Willershausen, Düderode, Kalefeld und Echte konzentrierten, greifbar.4) Er war verheiratet mit Anna von Boventen, die 1583 starb; vgl. Nr. 81. Die Ehe bestand im April 1560.5) Hans von Gittelde war Leibpage Herzog Heinrichs des Jüngeren und trug dessen Fahne in der Schlacht bei Sievershausen. Später wurde er Wolfenbütteler Jägermeister.6) Den Herzögen Julius und Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel diente er als Rat.7) 1596 war er an den Aktionen um die Übernahme der Herrschaft im Fürstentum Grubenhagen beteiligt.8) Hans von Gittelde starb am 20. August 1599.

Seine Söhne Gerd (Gerhard), Heinrich und Ludolf erhielten mit Unterstützung des Herzogs Julius eine gelehrte Bildung.9) Der älteste Sohn Gerd von Gittelde, geboren 1560/61, starb 1588 und wurde in der Johannis-Kirche in Gittelde begraben (Nr. 92). Der jüngste Sohn Ludolf von Gittelde, geboren 1564, wurde im März 1581 in Helmstedt immatrikuliert, wo er Jura studierte und bis 1588 genannt wird;10) 1589 wurde er „Kämmerling“ des Herzogssohns Joachim Karl (1573–1615) und 1597 Hofmeister von dessen älterem Bruder Friedrich Ulrich.11) Bei der Bestattung der Herzogin Clara von Braunschweig-Grubenhagen 1595 (Nr. 110), auf die er ein Grabgedicht verfasste, war Ludolf von Gittelde einer der zwölf Sargträger.12) Beim Begräbnis Herzog Philipps d. J. (Nr. 117) im darauffolgenden Jahr trug Ludolf von Gittelde „den herzoglichen Hut mit der Binde“.13) Er selbst starb im März 1599. Seine Freunde, der Mediziner Caspar Arnoldi und der Historiker und Dichter Heinrich Meibom d. Ä., verfassten Grabgedichte auf ihn.14)

Der mittlere Sohn Heinrich war seit 1576 pro forma ebenfalls in Helmstedt immatrikuliert. In Helmstedt genannt wird er wieder 1582, wo er noch im Januar 1585 war.15) Anschließend studierte er ab April 1585 in Basel, in Heidelberg (1587) und Tübingen (1589).16) Mit einem Stipendium des Herzogs reiste er nach Italien, um nach seiner Rückkehr (1592 bzw. 1596) zum Hofrat und Hofgerichtsassessor ernannt zu werden. Nach dem Tod des Vaters wurde er 1599 „Rat von Haus aus“.17) Heinrich von Gittelde floh Anfang 1626 vor kaiserlichen Truppen aus Gittelde nach Northeim, wo er zusammen mit seiner Frau und vier Kindern im September 1626 starb.18)

Textkritischer Apparat

  1. 20] In der Abschrift 20ten. Diese Anpassung an den Schreibstil des 18. Jahrhunderts ebenso auch in der Abschrift der Inschrift auf dem erhaltenen Epitaph der Anna von Boventen; vgl. NLA WO 2 Alt, Nr. 15047, Bl. 23v mit Nr. 81.

Anmerkungen

  1. Vgl. den Bericht des Amtes Stauffenburg vom 3. Juni 1753; NLA WO 2 Alt, Nr. 15047, Bl. 23r.
  2. Ebd., Bl. 23v. Vgl. Nr. 92.
  3. Zum Namen des Vaters vgl. die Belehnung des Franz Schwanenflügel durch „Hans von Gittelde, Hans’ Sohn“ vom 22. April 1586; NLA HA Dep. 51 A, Nr. 61.
  4. Vgl. Winzer, Herren von Gittelde, S. 83–101. Bei Winzer „Hans IX.“ genannt; Vater und Großvater sind nach Ansicht des Verfassers die bei Winzer als Hans VII. und Hans VI. erscheinenden Personen. Dazu und zur Streichung der von Winzer „Hans VIII.“ genannten Zwischengeneration vgl. Nr. 81, bes. Anm. 16.
  5. Vgl. NLA HA Cal. Or. 81a, Nr. 915 (11. April 1560): Dietrich von Plesse belehnt Anna von Gittelde, die Frau seines Lehnsmannes Hans von Gittelde, mit dem halben Zehnten in Sebexen.
  6. Vgl. NLA WO 3 Alt, Nr. 162 (Text des Online-Findbuches).
  7. 1589 Bestallung zum „Rat von Haus aus“; NLA HA Cal. Br. 22, Nr. 41 (zit. nach Online-Findbuch).
  8. Vgl. NLA HA Cal. Or. 31, Nr. 415, 416 u. 417 (zit. nach Online-Findbuch).
  9. Winzer, Herren von Gittelde, S. 101f. u. 113. Vgl. auch NLA WO 3 Alt, Nr. 162 (zit. nach Online-Findbuch).
  10. Matrikel Helmstedt, S. 30, Nr. 71. Vgl. insgesamt Winzer, Herren von Gittelde, S. 113–115.
  11. NLA WO 3 Alt, Nr. 360; vgl. auch ebd., Nr. 372 (zit. nach Online-Findbuch).
  12. Winzer, Herren von Gittelde, S. 114f. Das Gedicht bei Letzner, Dasselische Chronik, III. Buch, Bl. 107v–108r.
  13. Renner, Nachrichten, S. 61.
  14. Der Widmung der Epicedien zufolge wurde er wahrscheinlich am 15. März 1599 begraben; HAB Wolfenbüttel 512 Helmst. Drucke (33), Bl. 1v. Vgl. Winzer, Herren von Gittelde, S. 115. – Zu Caspar Arnoldi vgl. Matrikel Helmstedt, S. 412 (Nr. 9).
  15. Matrikel Helmstedt, S. 10, Nr. 51 (mit Anm.). Winzer, Herren von Gittelde, S. 102.
  16. Matrikel Basel, April 1585; http://www.e-codices.unifr.ch/de/ubb/AN-II-0004/39r/0/Sequence-1073, Bl. 39r. Matrikel Heidelberg, Thl. 2, S. 137 (19. Juni 1587). Matrikel Tübingen, S. 671 (Nr. 53, 13. Aug. 1589).
  17. Samse, Zentralverwaltung, S. 170 (ab 1592) u. 254. Vgl. NLA HA Cal. Br. 22, Nr. 42 (1596, 1599). Vgl. auch Winzer, Herren von Gittelde, S. 102f.
  18. Winzer, Herren von Gittelde, S. 112f.

Nachweise

  1. NLA WO 2 Alt, Nr. 15047, Bl. 23r.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 124† (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0012409.