Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 98 Bartolfelde, St. Bartholdi 1591

Beschreibung

Grabplatte für Hans Georg von Minnigerode. Stein. In der oben mit einem Dreipass abgeschlossenen Nische im Halbrelief die Abbildung des Verstorbenen in Rüstung und mit Halskrause, in der rechten Hand ein auf die Hüfte gestützter Streitkolben, zu seinen Füßen ein mit einer Feder geschmückter Helm. In den Ecken vier Vollwappen mit reichen Helmdecken auf einem ovalen Schild. Umlaufend die durch die Wappen unterbrochene Inschrift A, erhaben in vertiefter Zeile. Unterhalb des linken, in die Hüfte gestützten Armes die eingehauene Inschrift B. Die Inschriften an den Längsseiten sind in der unteren Hälfte ebenso wie die Wappen unten stark verwittert. Die Platte ist vermutlich erst sekundär nach Bartolfelde gekommen.

Maße: H.: 184 cm; B.: 89 cm; Bu.: 5,5 cm (A), 3 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/3]

  1. A

    ANNO · 1·5·9·1 / DEN 18 NOVEMB[RI]S [IS] DE EDEL V(ND) E[RE]NVEST / HANS GEORGa) / V(ON) MING(E)RO(D)b) IOST SE(LICH) S[O]N IN GOT ENSLAFFENc)d)

  2. B

    ETATE / SVEe) 30

Übersetzung:

Im Jahr 1591, den 18. November, ist der edle und ehrenfeste Hans Georg von Minnigerode, des seligen Iosts (Jobstes) Sohn, in Gott entschlafen. (A)

Im Alter von 30 Jahren. (B)

Wappen:
Minnigerode1)Rüxleben3)
?2)Werthern4)

Kommentar

Die Schrift zeichnet sich durch ausgeprägte serifenartige Sporen aus. Die Schrägschäfte des N sind oben nach links hakenförmig verlängert, A ist mit leicht durchgebogenem Deckbalken versehen. An S und G jeweils ein rückwärtsgewandter Zierbogen an den Bogenenden bzw. der Cauda. Einzelne dieser Schriftmerkmale finden sich auf den Grabplatten für Herzog Wolfgang (Nr. 109), Herzogin Clara (Nr. 110) und Herzog Philipp d. J. von Braunschweig-Grubenhagen (Nr. 117). Außerdem zeigt sich eine Nähe zu der Schrift auf zwei hölzernen Wappen- und Inschrifttafeln im Duderstädter Rathaus aus dem Jahr 1592; vgl. den Kommentar zu Nr. 109.

Hans Georg von Minnigerode war der jüngste Sohn von Jobst von Minnigerode (1518–1570) und Brigitta von Rüxleben (1525–1600);5) zu seinem Vater vgl. Nr. 69. Im Juni 1576 wurde er an der Universität Erfurt immatrikuliert; da er noch nicht konfirmiert war, wurde ihm der Eid auf die Universitätsgesetze erlassen.6) 1587 studierte er in Helmstedt.7) Anschließend wurde er Kammerjunker am kurfürstlichen Hof in Mainz. Hans Georg von Minnigerode war unverheiratet.8) Das in der Familiengeschichte angegebene Geburtsjahr 1564 dürfte mit Inschrift B auf die zweite Jahreshälfte 1562 zu korrigieren sein. Der nächstältere Bruder Hans Caspar wurde im August 1560 geboren; die im Juni 1576 noch ausstehende Konfirmation ist mit einer Geburt Ende 1562 vereinbar. Der ältere Bruder Johann (1556–1611) erhielt in Wollershausen (Lkr. Göttingen) ein bedeutendes Grabmal.9)

Möglicherweise stammt der Stein aus der Kirche der Wüstung Kirchdorf beim etwa sechs Kilometer südwestlich von Bartolfelde gelegenen thüringischen Ort Bockelnhagen. Kirchdorf und Bockelnhagen gehörten zum Besitz der von Minnigerode; die heutige Kirchenruine wurde bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts genutzt.10) Auch eine Herkunft aus dem etwa doppelt so weit entfernten ehemaligen Kloster Pöhlde ist möglich; vgl. Nr. 69.

Textkritischer Apparat

  1. GEORG] E kleiner an der senkrechten Cauda des G.
  2. MING(E)RO(D)] Ergänzung nach der Namensform in Nr. 69.
  3. ENSLAFFEN] Die letzten beiden Buchstaben kleiner.
  4. Anno 1591 am 8. November ist der Edle und Ehrenwerte Ritter Hans Georg von Mingerode selig in Gott entschlafen; Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 25.
  5. ETATE / SVE] Statt (A)ETATIS / SVE.

Anmerkungen

  1. Wappen Minnigerode (aufgerichteter Angelhaken); vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 13 u. Tafel 14.
  2. Wappen zerstört (im Schildfuß quadriert?); auch die Helmzier ist nicht mehr zu erkennen. Zu erwarten wäre: Rülicke (geteilt, oben und unten ein laufender Windhund); vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 7, Abt. 3, S. 77 u. Tafel 46. Vgl. Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 25.
  3. Wappen Rüxleben (geteilt); bestätigt durch die Helmzier (nach außen gebogene Büffelhörner); vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 341 u. Tafel 394.
  4. Wappen Werthern (quadriert, 1. u. 4. Löwe, 2. u. 3. schräger Zweig mit drei Blättern); Wappeninhalt zerstört, identifiziert durch die Helmzier (wachsender gekrönter Bär); vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 66 u. Tafel 38. Vgl. Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 25.
  5. Vgl. Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 11 u. 20.
  6. Vgl. Matrikel Erfurt, Bd. 2, S. 433: zusammen mit Justus und Christoph von Berlepsch am 15. Juni 1576 als nobiles iniurati, die 12 „Schneeberger“ zahlten; bei den folgenden jungen Adeligen erklärt mit der Bemerkung: ob defectum aetatis non iurarunt. Vgl. Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 24.
  7. Matrikel Helmstedt, S. 66, Nr. 91 (8. September 1587).
  8. Vgl. Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 24f.
  9. Vgl. DI 66 (Lkr. Göttingen), Nr. 309.
  10. https://de.wikipedia.org/wiki/Kirchdorf_(Bockelnhagen) (07.05.2018).

Nachweise

  1. Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 25.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 98 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0009805.