Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 97† Kloster Walkenried, Kapitelsaal (Kirche) 1590 od. 1591

Beschreibung

Grabplatte für Gräfin Juliane von Barby, Ehefrau von Graf Ernst VII. von Honstein. Die Grabplatte, ursprünglich links vom Altar neben der ihres Mannes (Nr. 119), wurde vermutlich 1876 entfernt und ist seitdem verschollen.1)

Inschrift nach Eckstorm.

  1. Fraw Juliana gborn zu Barby Auß Graefflichem Stam ruhet hie Sie war Graff Ernsten Gemaehlin Auff welchen Standt die Graffschafft Honstein Ein selig Mutter wehr sie gewesn Aber vorm Todt kann nichts genesn Derselb reiß sie auch hin geschwind Da sie gebern solt ihr sechstes Kindt Ihr Seel frewt sich mit dem HErrn Christ Durch deß Blut sie erloeset ista)2)

    Verschied selig im HErrn Anno 1590 8. (Novem)bris

Versmaß: Deutsche Reimverse (bis … erloeset ist).

Kommentar

Laut Letzner wurde das Grabgedicht vom Rektor Heinrich Eckstorm verfasst; die Inschrift dürfte demnach erst nach dessen Dienstantritt im Mai 1591 angebracht worden sein. Letzner überliefert zuerst eine lateinische Version desselben,3) fügt aber hinzu, dass nur das deutsche Gedicht als Inschrift ausgeführt wurde.4)

Juliane Gräfin von Barby (1562–1590) war die erste Ehefrau des Grafen Ernst VII. von Honstein (1562–1593). Sie starb der Inschrift zufolge bei der Geburt ihres sechsten Kindes, der ein Sohn gewesen wäre. Von den fünf älteren Kindern erlebte nur Erdmuthe Juliane (1587–1633), seit 1606 verheiratet mit Graf Johann Ludwig von Gleichen-Tonna (1565–1631), das Erwachsenenalter.5) Das nach dem Tode des Sohnes Volkmar Wolfgang d. J. (Nr. 89) drohende Aussterben der Honsteiner Grafen klingt in der vierten Zeile an mit dem Vers Auff welchen Standt die Graffschafft Honstein. Zu den übrigen Kindern vgl. Nr. 93, 96, 111, 112.

Textkritischer Apparat

  1. Bei Letzner, Chronica, eine leicht abweichende Version: Fraw Julian geborne zu Barbei / Aus grefflichen Stam ruget hie / Sie war Graffn Ernst Gemhalin / Auff welchem stund die Graffschafft Honstein / Ein selige Mutter wer sie gewesen, / Aber furm Todt nichts kondt genesen. / Derselb reis sie hin geschwind, da sie solt zeln ihr sechtes Kindt. / Die Seel frewt sich in Jesu Christ / Durch des Blut sie gereinigt ist.

Anmerkungen

  1. Vgl. Reinboth/Reinboth, Kapitelsaal, S. 15; Reinboth berichtet dort zwar nur von der Aufnahme der Grabplatte Ernst VII., aber die Grabplatte der Ehefrau dürfte auch erst jetzt und nicht bereits 1834 (wie die übrigen Grabdenkmäler) entfernt worden sein. Zum Verlust vgl. Reinboth, Bestattungen, S. 11.
  2. Durch deß Blut sie erloeset ist: nach Eph. 1,7.
  3. Hic Iuliana cubat, quam gens Barbeis ad Albim / Illustris meritis et pietate dedit. / Ernesto fuit haec lecto bene iuncta iugali / Vnica spes gentis qui fuit Honsteniae / Haec poterat dici matrum pulcerrima: Sed mors / Felix in terris nil sinit esse diu, / Nam rapuit Sexta matrem iam prole futuram / Cum Lucina suam Iuno negaret opem / At viuit coelo mens Christi sanguine fisa / Hic post fata pijs gaudia vera manent. Letzner, Chronica, Bl. 78r; mehrere sinnstörende Abweichungen in der Edition (Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 182). Dt.: ‚Hier ruht Juliane, die das aufgrund seiner Verdienste und seiner Frömmigkeit berühmte Geschlecht der von Barby an der Elbe hervorgebracht hat. Sie war in rechtmäßiger Ehe Ernst verbunden, der die einzige Hoffnung des Geschlechts von Honstein war. Sie hätte die schönste der Mütter genannt werden können, aber der Tod lässt nichts Glückliches lange auf Erden sein. Denn er raffte sie hinweg, als sie kurz davorstand, mit ihrem sechsten Kind Mutter zu werden, wobei ihr Juno Lucina (die Geburtsgöttin) die Hilfe versagte. Doch ihre Seele, die auf das Blut Christi vertraut, lebt im Himmel. Hier bleiben den Frommen nach ihrem Tod wahre Freuden erhalten.‘
  4. Letzner, Chronica, Bl. 78r; Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 182.
  5. Vgl. Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 32. Lesser, Historie, S. 93f.

Nachweise

  1. Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 269.
  2. Letzner, Chronica, Bl. 78r.
  3. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 1, S. 311f.
  4. Lesser, Historie, S. 92.
  5. Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 182f.
  6. Reinboth, Bestattungen, S. 47f. (Nr. 54, nach Eckstorm).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 97† (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0009707.