Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 96(†) Kloster Walkenried, Kreuzgang 1590 od. 1591

Beschreibung

Grabplatte für das Kind Maria Magdalena von Honstein. Stein. Aufgestellt im westlichen Arm des Kreuzgangs, rechts von der Grabplatte ihres 1586 gestorbenen Bruders Volkmar Wolfgang (Nr. 89); über der Platte sind die Fragmente der Grabplatte ihrer 1588 gestorbenen Schwester Elisabeth (Nr. 93) angebracht. Die Inschrift vertieft eingehauen, jeweils in zwei Zeilen für einen Vers; die zweite Hälfte des Verses zentriert eingerückt. Die Platte ist durch eingedrungene Feuchtigkeit stark verwittert und die Inschrift durch Abplatzungen beeinträchtigt; der untere Teil der Platte mit vermutlich sieben Zeilen Text fehlt. Die Buchstaben sind nachgeritzt. Die Grabplatte befand sich ursprünglich in dem 1570 zur Kirche umgewidmeten Kapitelsaal. Dort wurde sie bei einer Renovierung 1834 entfernt; später lag sie im Brüdersaal und wurde um 1930 im Kreuzgang aufgestellt, wo sie sich auch nach dessen Restaurierung (abgeschlossen 1984) wieder befindet.1)

Inschrift ergänzt nach Eckstorm.

Maße: H.: 81 cm; B.: 72 cm; Bu.: 5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/1]

  1. M[AR]IA MAG[DALEN]a) EIN / [IVN]FR[EVLEIN]b) / GRAF[E ERNSTEN]c) DES / EING[N] VON HONSTEIN / DER [ELTE]RN LVST VND / GROSSE FREVD / MIT DEM LEIB HIER / BEGRABEN LEIT / HIER HAT SIE NVR SECHS / IAR GELEBT / DIE SEEL [BEY] CHRISTO / [IN FREVDEd) SCHWEBT DER GIEBT DEM KINDLEINe) DAS HIMMELREICH VND DENEN DIE IHNf) WERDEN GLEICH2) VERSCHIED SEELIG IM HERRN A(NNO) D(OMINI) M D XC V IAN(VARII)]

Übersetzung:

… im Jahr des Herrn 1590 am 5. Januar.

Versmaß: Deutsche Reimverse (bis … GLEICH).

Kommentar

Die Formen der hochrechteckigen, weitgehend serifenlosen Buchstaben, die mit sehr schmaler Kerbe gehauen sind, folgen im Grundsatz denen auf den Grabplatten Nr. 85, 86, 89. Alle Besonderheiten der Schrift auf diesen Platten fehlen dagegen. Das D mit leicht durchgebogenem Schaft ähnlich in dem Sterbevermerk auf der Platte Nr. 89.

Laut Letzner wurde das Grabgedicht vom Schulrektor und Pastor Heinrich Eckstorm verfasst, der sein Amt allerdings erst im Mai 1591 antrat; Letzner überliefert zuerst eine lateinische Version desselben,3) fügt aber hinzu, dass nur das deutsche Gedicht als Inschrift ausgeführt wurde.4)

Maria Magdalena von Honstein, eine Tochter des Grafen Ernst VII. von Honstein (Nr. 103 u. ö.) und der Gräfin Juliane von Barby (Nr. 97), wurde laut Eckstorm am 14. Oktober 1584 geboren; sie starb am 5. Januar 1590.5)

Textkritischer Apparat

  1. MAG[DALEN]] Magdalena Eckstorm, Leuckfeld; danach ergänzt bei Kdm., Reinboth.
  2. [IVN]FR[EVLEIN]] Reste von EVL und zweitem N sind schwach zu erkennen; Jungfräwlein Eckstorm, Jungfraulein Leuckfeld, nach Eckstorm ergänzt bei Kdm. u. Reinboth. Der Platz vor FR in der eingerückten zweiten Zeile des Verses reicht nur für drei Buchstaben einschließlich des schmalen I.
  3. GRAF[E ERNSTEN]] Graf Ernsten Eckstorm, Graff Ernsten Leuckfeld; Graf [Ernsten] Kdm., Reinboth; Reste des E an GRAFE sind zu erkennen, ebenso von ERNSTEN.
  4. IN FREVDE] in frewde Eckstorm, in Freuden Leuckfeld, ewig Letzner; Kdm. ergänzt nach Eckstorm, Reinboth nach Kdm.; die Schreibweise folgt FREVD im dritten Vers.
  5. DEM KINDLEIN] Eckstorm, Leuckfeld; den Kindern Letzner.
  6. IHN] Eckstorm, Leuckfeld; ihm Letzner.

Anmerkungen

  1. Vgl. Reinboth, Bestattungen, S. 11.
  2. Nach Mt. 18,3–4 u. 19,14; Mk. 10,14–15.
  3. Letzner, Chronica, Bl. 78r: Hic corpus Maria [statt: Mariae] Magdalides cubat, / Illustri Honstenia primula filia. / Ernesti fuerat primula filia / Matris delitiae, deliciae patris. / Christus Sex vbi vix nata nives erat, / Ascivit superas maximus ad Domos / Aetati tenerae quas pius annuit / Et turbae innocuae qui similis [statt: similes] erunt. Versmaß: Asclepiadei minores. In Vers 2 beruht primula filia vermutlich auf einem Abschreibefehler Letzners, hier beeinflusst durch Vers 3; an dieser Stelle dürfte progenie satae o. ä. gestanden haben. In der Edition (Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 182) einige Druck- und Lesefehler. Dt.: ‚Hier ruht der Leib Maria Magdalenas, die aus dem berühmten [Geschlecht] von Honstein [stammte]. Sie war die erste Tochter Ernsts, der Liebling ihrer Mutter, der Liebling ihres Vaters. Als sie kaum sechs Winter alt war, nahm sie der höchste Christus in die himmlischen Wohnungen auf, die er in seiner Güte dem zarten Kindesalter versprochen hat und all denen, die der unschuldigen Schar der Kinder ähnlich sind.‘ Für die Verbesserungen danke ich meiner Kollegin Katharina Kagerer.
  4. Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 182.
  5. Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 267. Leuckfeld (Antiquitates Walckenredenses, Thl. 1, S. 311) schreibt in dem Satz, mit dem er die Inschrift einleitet, Maria Magdalena sei am 5. Februar gestorben; anschließend zitiert er aber den Sterbevermerk mit dem auch von Eckstorm und Letzner angegebenen Datum.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 351f.
  2. Letzner, Chronica, Bl. 78r.
  3. Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 267f.
  4. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 1, S. 311.
  5. Lesser, Historie, S. 93.
  6. Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 182.
  7. Reinboth, Bestattungen, S. 23f. (Nr. 10; nach Kdm.).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 96(†) (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0009609.