Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 94 Kloster Walkenried, Museum 1588 u. später

Beschreibung

Fußboden, Wand und Fensterlaibungen in dem über dem Kapitelsaal gelegenen Teil des früheren Dormitoriums (heute im Obergeschoss des Museums). Estrich und Stein.

I. Im Estrich links und rechts neben einer zur Zeit der Klosterschule eingebauten, 1757 wieder entfernten Zellenwand (deren Position im Boden als Schatten erkennbar ist) eingeritzte Graffiti. Die Inschriften A–G links der ehemaligen Zellenwand, zumeist rechtwinklig zu dieser, beginnend hinten links nahe der Außenwand. Die Inschriften H–N rechts von der früheren Zellenwand, parallel zu dieser, beginnend vorne links; Inschrift O parallel zur (rechten) Zellenwand gegenüber, die Initiale (P) parallel zur vorderen Wand. In der nächsten Zelle rechts davon, parallel zur linken Wand Inschrift Q. Mitten im Raum die schräg verlaufende Inschrift R.

II. In zwei Fensterlaibungen und in der östlichen Außenwand: In der früheren Zelle links von der früheren Zelle mit den Inschriften A–G auf dem oberen Stein der linken Laibung des Fensters die Inschriften S–U, links von Inschrift T ein Kreis mit zwei gebogenen Linien darin. Auf der Wand der früheren Zelle mit den Inschriften H–P im Estrich rechts vom Fenster Inschrift V, konturiert in den Putz gestrichelt und mit einem annähernd quadratischen Rand umgeben; darunter drei Doppellinien. Auf derselben Wand moderne, mit Stiften geschriebene Graffiti.1) In der früheren Zelle ganz rechts auf dem untersten Stein der linken Fensterlaibung von oben nach unten die Inschriften W–Z. Auf der Wand rechts von dem Fenster die geschriebenen Initialen GR, in der Form, wie sie im 18. Jahrhundert von den hannoverschen Kurfürsten (und britischen Königen) Georg I. und Georg II. (für Georgius Rex) verwendet wurden.

Alle Inschriften sind, mit Ausnahme von (V), geritzt. Inschrift E wurde möglicherweise in den frischen, noch weichen Estrich vertieft.

Maße: L.: 389 cm; B.: ca. 168 cm (Zellen); Bu.: 4,2 cm (A), 8 cm (B, F), 7 cm (C, R), 5 cm (D, L, Q), 13 cm (E), 5 cm (E, An(n)o), 3 cm (G, X, Y), 2,8 cm (H), 2,1 cm (I), 4 cm (J, M, P, S, W), 3,2 cm (K), 3,1 cm (N), 11 cm (O), 20 cm (V), 2,5 cm (Z).

Schriftart(en): Kapitalis, teilweise mit Minuskeln (E, O).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/6]

    I. Im Estrich:

  1. A

    V S2)

  2. B

    A

  3. C

    I K G / (15)963)

  4. D

    M K G4) Ia)

  5. E

    A T Bb)5) / An(n)o (15)88

  6. F

    I B G6) (15)96c)

  7. G

    S Md)7)

  8. H

    T K A8)

  9. I

    G C L

  10. J

    V B L9)

  11. K

    T E Ae)

  12. L

    I: F: A .10) / 1591 .

  13. M

    I S O11) G

  14. N

    H W B12)

  15. O

    G R / A(nn)o (16)10

  16. P

    A

  17. Q

    I D H

  18. R

    I H W13)

  19. II. In Fensterlaibungen und an der Außenwand:

  20. S

    I S A14)

  21. T

    A T [B]f)15)

  22. U

    E C

  23. V

    I W16)

  24. W

    I Ag)

  25. X

    A I N17)

  26. Y

    E[T] // H Eh) Hi)

  27. Z

    I D H18)

Kommentar

Die Identifikation der Schülernamen nach der bei Wagnitz/Reinboth abgedruckten, auf Eckstorm beruhenden Liste der Schüler jeweils in den Fußnoten. In Klammern das Jahr der Aufnahme in die Klosterschule nach Eckstorm. Die Identifikation ist – außer bei Inschrift R – relativ sicher, wenn eine dritte Initiale den Ort der Herkunft anzeigt. Die (15)88 datierte Inschrift E, die möglicherweise in den frischen Estrich vertieft wurde, könnte die früheste sein. Nur zwei der Identifizierten wurden früher als Schüler aufgenommen (vgl. Anm. 2 u. 10); die anderen traten zwischen 1594 (vgl. Anm. 17) und 1608/09 in die Schule ein. 1610 ist die späteste Datierung eines Graffito (Inschrift O).

Weitere Graffiti finden sich in Fensterlaibungen auf der gegenüberliegenden Seite des früheren Dormitoriums (Nr. 142) sowie im Kreuzgang (Nr. 130, 219).

Textkritischer Apparat

  1. M K G I] M K T Wagnitz/Reinboth. Inschrift gegenüber der mehrheitlichen Anordnung um 180° gedreht; G geringer vertieft.
  2. B flächig ausgebrochen.
  3. 96 geringer vertieft, fehlt bei Wagnitz/Reinboth.
  4. Um 90° gedreht, parallel zur ehemaligen Wand.
  5. T E A] T F A Wagnitz/Reinboth. Der untere Balken des E ist schwächer ausgeführt, aber zu erkennen.
  6. B flächig ausgebrochen.
  7. A kleiner und tiefergestellt zwischen den beiden rechten von drei senkrechten Schäften.
  8. Der Mittelbalken von H zu E durchgehend.
  9. E[T] // H E H] H E H rechts von Inschrift W, E[T] über H E H.

Anmerkungen

  1. Unterhalb von Inschrift V mit braunem Farbstift HL, rechts zum Fenster hin mit Bleistift zweimal der Namenszug BAYER in Form des „Bayerkreuzes“; gemeint ist vermutlich das Logo des Fußballvereins.
  2. Valentin Starre aus Gebra (1571)? Vgl. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 93. Der Name könnte zu früh sein; vgl. den Kommentar.
  3. Iohannes Knolle aus Gandersheim (1596)? Vgl. ebd., S. 48 u. 88.
  4. Markus Knolle aus Gandersheim (1598)? Vgl. ebd., S. 89.
  5. Andreas Tolke aus Bleicherode? Später Amtsschreiber in Rotenkirchen (und dort von seinem Amtmann getötet). Laut der auf Eckstorm zurückgehenden Liste erst 1591 im Kloster; ebd., S. 94. Zu Andreas Tolke d. J. vgl. auch Lippelt, Hoheitsträger, S. 431.
  6. Iohannes Bruno aus Goslar (1595), später „Landpfarrer“? Vgl. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 84. 1605 wird Johannes Bruno in Helmstedt zum Magister promoviert und am 21. Oktober 1607 zum Pfarrer in Semmenstedt und Timmern ordiniert; Matrikel Helmstedt, S. 181 (Nr. e1) u. S. 196 (Nr. b6). Er starb in Semmenstedt im April 1615; Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 2, S. 45 (Nr. 584). Die Helmstedter Matrikel identifiziert ihn mit Johannes Brauns aus Goslar, der am 3. Oktober 1593 immatrikuliert und 1594 in den Konvent der Theologen aufgenommen wurde; Matrikel Helmstedt, S. 108 (Nr. 228, mit Anm.). Musste Brauns/Bruno erst noch Grundlagen der Philologie in Walkenried nachholen oder liegt bei der Identifikation ein Irrtum vor?
  7. Simon Maltzkasten aus Ellrich (1609)? Vgl. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 90. Der Vater war vermutlich Paul Malskasten aus der Pfalz, Diakon und von 1612 bis 1622 Pastor in Ellrich; Lesser, Historie, S. 130f.
  8. Thomas Kirchberger aus Andreasberg (1608)? Später Amtsschreiber in Elbingerode; vgl. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 88.
  9. Volkmar Brauhart aus Lauterberg (1605)? Vgl. ebd., S. 84.
  10. Iohannes Funke (Funccius) aus Andreasberg (1584)? Später Bergschreiber; vgl. ebd., S. 48 u. 86.
  11. Iohannes Schireke aus Osnabrück (1599)? Später Amtsschreiber in Königslutter; vgl. ebd., S. 48 u. 92. Oder Iohann Schnegans aus Ohmfeld (1608)? Ebd., S. 92. Johannes Schireke (Schircke) war 1612 und 1615 Amtsschreiber in Hardegsen; Lippelt, Hoheitsträger, S. 413.
  12. Hieronymus Widemann aus Bündheim (1602)? Vgl. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 95. Immatrikuliert in Helmstedt am 28. März 1604; Matrikel Helmstedt, S. 172 (Nr. 59). Der von Wagnitz/Reinboth (ebd., S. 48) genannte Hermann Wald aus Bleicherode kommt nicht infrage, da er bereits 1557 aufgenommen wurde.
  13. Iulius Holsten aus Wolfenbüttel (1594), Iohannes Hofer aus Werther (1606) oder Iohannes Hausungus aus Wechsungen (1607)? Vgl. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 87f.
  14. Iohannes Scherff aus Andreasberg (1600), später Organist in Lauterberg? Vgl. ebd., S. 92.
  15. Vgl. Anm. 5 zu Inschrift E.
  16. Iustus Widemann aus Bündheim (1603)? Mehrere Namen passen zu den Initialen I W; vgl. ebd., S. 95f. Iustus Widemann wurde zusammen mit seinem Bruder Hieronymus (vgl. Inschrift N, Anm. 12) in Helmstedt immatrikuliert am 28. März 1604; Matrikel Helmstedt, S. 172 (Nr. 60). 1615 wurde er zum Pastor in Lobmachtersen und Flachstöckheim ordiniert; ebd., Anm. Er starb 1658; Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 2, S. 345 (Nr. 4406); die dort angegebene Herkunft wird korrigiert in Bd. 3, S. 72 (zu Nr. 4406): Vater des Iustus Widemann war demnach der Eisenfaktor Caspar W. in Bündheim (Lkr. Goslar).
  17. Andreas Ivo aus Nordhausen (1594)? Vgl. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 88.
  18. Vgl. Inschrift Q.

Nachweise

  1. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 48 (C–G, H–M).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 94 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0009403.