Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 89 Kloster Walkenried, Kreuzgang 1586

Beschreibung

Grabplatte für das Kind Volkmar Wolfgang d. J. von Honstein. Stein. Aufgestellt an der Wand im westlichen Arm des Kreuzgangs, rechts von der Grabplatte Nr. 86. Die Verse der vertieften Inschrift jeweils in zwei Zeilen. Am Anfang der Verse Versalien; die Pentameter sind gegenüber den Hexametern um eine Buchstabenbreite eingerückt, die zweite Zeile der Hexameter und der Pentameter etwa um drei Buchstabenbreiten gegenüber dem linken Zeilenrand. Bei den in ganzer Breite erhaltenen Zeilen sind am Ende kurze Doppelstriche auf der Grundlinie angebracht, die eine innere Worttrennung oder den Fortgang des Verses anzeigen. Die Worttrenner sind punkt- bis rautenförmig, am Ende des Verses zumeist ein vergrößerter Worttrenner. Der Sterbevermerk ist in geringerer Strichbreite nachgetragen. Die Platte ist durch Abplatzungen beschädigt, die teilweise Textverluste zur Folge haben; in einigen Fällen wurden Versuche unternommen, die fehlenden Buchstaben nachzuhauen oder zu ritzen. Unten rechts ist ein Stück der Platte von etwa 22 cm im Quadrat ausgehauen, was das Ende der letzten beiden Zeilen beeinträchtigt.

Die Grabplatte lag ursprünglich in dem 1570 zur Kirche umgewidmeten Kapitelsaal. Dort wurde sie bei einer Renovierung 1834 entfernt; später lag sie im Brüdersaal und wurde um 1930 im Kreuzgang aufgestellt, wo sie sich auch nach dessen Restaurierung (1984) wieder befindet.1)

Inschrift ergänzt nach Eckstorm.

Maße: H.: 119,5 cm; B.: 66 cm; Bu.: 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien und Minuskelbuchstaben b, d und q.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/1]

  1. HIC · FLOS · HONSTHENIAE GEN=/TIS · PVLCERRIMVS · ET · VIS . / INGENII · ET MORVM GRATIA = / MAGNA · IACET · / DELITIAE · PATRIS ET MATRIS / SPES · VNICA · TERRE · / VOLCMAR · WOLF REF[EREN]S = / NObILE · NOMEN · AV[I]2) /PROVIdA · CVI· SI · FATA · dARENT = / PROLIXIVS · AEVVM · / HERCIIN[I]AE · LVM[E]N · GRANdE = / FVTVRVS · [ERA]T · / SED NIMIVM · qV[OS] CRISTVS · AMAT / CITO · REddIT · OLYMPO · / [NEC] · SINIT · IN T[E]RRAE · SOR=/dIbVS · ESSE · dIV · R(HODOMANVS) /

    O(BIIT) · A(NNO) · C(RISTI) · M · D [L XXXVI]a) / XVI · (DECEM)[BRIS]b)c)

Übersetzung:

Hier ruht die schönste Blüte des Honsteinischen Geschlechts, sowohl seine große Begabung als auch sein überaus angenehmer Charakter, die Freude seines Vaters und seiner Mutter, die einzige Hoffnung des Landes: Volkmar Wolf, der denselben edlen Namen trägt wie sein Großvater. Wenn ihm die Vorsehung des Schicksals ein längeres Leben gegeben hätte, wäre er zum großen Licht des Harzes geworden. Doch diejenigen, die Christus zu sehr liebt, gibt er schnell dem Olymp (Himmel) zurück und lässt sie nicht lange im Schmutz der Erde verweilen. Er starb im Jahr Christi 1586 am 16. Dezember.

Versmaß: Elegische Distichen (bis … dIV).

Kommentar

Die Schrift ist mit dünnem Strich gehauen; kleine dreieckige Sporen an den Bogenenden von C und S sowie den Schaftenden von H und R. Flachgedecktes A sowie M mit linkem Schrägschaft und senkrechtem rechten Schaft; der Deckbalken des A steht nur leicht über, der Mittelteil des M reicht bis zur Mittellinie. X besteht aus zwei abgewandten Bögen, von denen der linke unter die Grundlinie reicht; die Cauda des R ist geschwungen. Das asymmetrische Y besteht aus einem senkrechten Schaft und einem im spitzen Winkel angesetzten, kurzen Schaft. Die Minuskelbuchstaben sind in das Zweilinienschema eingeordnet; q ist wie ein spiegelverkehrtes P gestaltet. Ein Kapitalis-D am Versanfang. Im Sterbevermerk spitzes A sowie M, D und mutmaßliches B mit durchgebogenen Schäften. Die Gestaltung der Schrift entspricht mit Ausnahme des Sterbevermerks der auf den Grabplatten Nr. 85 u. 86.

Das Grabgedicht stammt laut Letzner von dem Schulrektor Lorenz Rhodomann;3) dies wird durch das Initial-R vor dem Sterbevermerk gestützt. Grabgedichte von Magister Rhodomann finden sich auch auf den Platten Nr. 85 u. 86.

Der nach seinem Großvater (Nr. 79, 85) benannte Volkmar Wolfgang d. J. von Honstein war der einzige männliche Nachkomme des Grafen Ernst VII. (Nr. 103 u. ö.). Er wurde am 25. September 1583 geboren.4) Seine Mutter Juliane von Barby starb 1590 (Nr. 97).

Textkritischer Apparat

  1. [L XXXVI]] Die oberen Schaftenden von L XXXV sind zu erkennen.
  2. (DECEM)[BRIS]] Befund: X[B…]. Reinboth löst irrtümlich auf zu „16.10.1586“.
  3. O(BIIT) … (DECEM)[BRIS]] Fehlt Letzner, Eckstorm, Leuckfeld.

Anmerkungen

  1. Vgl. Reinboth, Bestattungen, S. 11.
  2. Vgl. Vergil, Aeneis 12,348: nomine avum referens.
  3. Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 181.
  4. Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 267. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 1, S. 310.

Nachweise

  1. Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 267.
  2. Letzner, Chronica, Bl. 77v.
  3. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 1, S. 310 (nach Eckstorm).
  4. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 351.
  5. Lesser, Historie, S. 92.
  6. Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 181.
  7. Reinboth, Bestattungen, S. 23. (Nr. 8, nach Kdm.).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 89 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0008902.