Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 69 Pöhlde, St. Johannes und Servatius 1570 od. später?

Beschreibung

Epitaph für Jobst von Minnigerode. Stein. Das wie das Oberteil eines Wappenschildes in Tartschenform mit beiderseitigen Einschnitten gestaltete Epitaph findet sich heute in der Kirchentoilette links im Südeingang. Oben links am Beginn der zweiten Zeile ein Schaden bei der Jahreszahl. Die Buchstaben der vertieften Inschrift sind schwarz ausgelegt. Teilweise fehlen die Abstände zwischen den Wörtern.

Maße: H.: 55 cm; B.: 56,5–65,5 cm; Bu.: 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/1]

  1. ALS MA(N) SCHREB ·1·5/[. .] (VOR)WARa) DE(N) · 8 · DES MONATS / MAY WAR · AB(END)ES ZV · 7 · VHR ABSCH/EID(EN) IST · IOST · V(ON) · MI(N)GEROD EI(N) / RECHT(E)R CHRIS(T) · EI(N) FROLICHS / AVFFERSTEN WOL GEBN · / V(N)D HERNACH EIN EWIG / LEBNSEINS ALTERS 50 V(ND) / 3 GWES WIE ITZO IST WORDEN GLES =

Übersetzung:

Als man schrieb 15(70), am 8. des Monats Mai, starb abends um 7 Uhr Jobst von Minnigerode, ein guter Christ. Eine fröhliche Auferstehung gebe ihm (Gott) und danach ein ewiges Leben. Er war 53 Jahre alt, wie hier zu lesen ist.

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die regelmäßige Kapitalis weist keilförmige Verbreiterungen an Bogen- und Balkenenden auf; Linksschrägen- und Bogenverstärkungen sind intendiert. Der Mittelbalken von E und F ist verkürzt und überwiegend keilförmig verbreitert, der Schrägschaft des N ist leicht über die Schäfte hinaus verlängert, die Cauda des R geschwungen und spitz zulaufend; Z mit Mittelbalken.

Die regelkonformen Buchstaben der Kapitalis wie die hochdeutsche Form der Inschrift lassen es möglich erscheinen, dass das Epitaph erst mehrere Jahre nach dem Tod des Jobst von Minnigerode entstanden ist. Beides ist möglicherweise aber auch durch den Lebensweg des Verstorbenen zu erklären, der ihn an verschiedene Höfe geführt hat. Der am 14. März 1518 geborene Jobst von Minnigerode starb am 8. Mai 1570; sein Vater Hans d. Ä. (1468–1529) war gestorben, als er 11 Jahre alt war. Seine Jugend verbrachte er am „markgräflich brandenburgischen Hof“ und am Hof einer oldenburgischen Nebenlinie in Delmenhorst.1) Ab 1562/67 war er braunschweigischer Rat.2) Der Hauptsitz des Verstorbenen war Bockelnhagen im Eichsfeldkreis (Thüringen), daneben besaß er Güter in Gieboldehausen (Lkr. Göttingen). Jobst von Minnigerode wurde bei Zwinge, dem westlich von Bockelnhagen gelegenen Nachbardorf, von einem Räuber („Freibeuter“) erschossen. Seit 1544 war er verheiratet mit Brigitta von Rüxleben, die erst 1601 starb.3)

Seit dem 14. Jahrhundert waren Mitglieder der Familie von Minnigerode im Kloster Pöhlde begraben worden.4) Das Ende dieser Tradition markiert das künstlerisch bedeutende Epitaph für Jobsts Sohn Johann von Minnigerode (1556–1611) und dessen Ehefrau Dorothea von Hanstein in Wollershausen (Lkr. Göttingen).5) Die Grabplatte des jüngsten Sohns Hans Georg von Minnigerode (gest. 1591) ist heute in Bartolfelde zu finden (Nr. 98), stammt aber möglicherweise auch aus der früheren Klosterkirche in Pöhlde.

Textkritischer Apparat

  1. (VOR)WAR] Befund: V mit linksschrägem Balken durch den Linksschrägschaft.

Anmerkungen

  1. Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 11f.
  2. Samse, Zentralverwaltung, S. 313.
  3. Geschichte Minnigerode, III. Teil, S. 11–13.
  4. Letzner, Dasselische Chronik, IV. Buch, Bl. 176v–177r. Leuckfeld, Antiquitates Poeldenses, S. 131. [Nolte], Kloster Pöhlde, S. 273.
  5. DI 66 (Lkr. Göttingen), Nr. 309.

Nachweise

  1. [Nolte], Kloster Pöhlde, S. 273.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 69 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0006900.