Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 52 Kloster Walkenried, Kreuzgang 1549?

Beschreibung

Grabplatte für Bernhard von Tettenborn? Stein, Fragment. Aufgestellt im westlichen Arm des Kreuzgangs, rechts neben der Platte Nr. 9. Erhalten ist die linke untere Ecke der Platte; um die Ecke laufend, erhaben in vertiefter Zeile, der Rest der Inschrift. Im Winkel innen das Meisterzeichen. Darüber ein rechtsgelehnter Schild in Tartschenform mit einem Wappen.

Maße: H.: 64 cm; B.: 65 cm; Bu.: 10,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/1]

  1. [– – –]ta) · vor·scheide(n) / bernhart · [v– – –]

Übersetzung:

… starb Bernhard von …

Wappen:
Tettenborn1)

Kommentar

Bemerkenswert an der Schrift ist das Bogen-r, bestehend aus einem leicht linksschräg gestellten Schaft und einem an diesen anstoßenden Quadrangel. Insgesamt ist eine späte Form der gotischen Minuskel zu konstatieren, wie sie bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts auftreten kann.

Mülverstedt und, ihm folgend, Steinacker waren der Ansicht, dass der Stil des Wappenschildes und der Minuskelbuchstaben auf die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts, „vielleicht schon auf das letzte Viertel desselben“, verweise.2) Für diese Eingrenzung besteht aber kein Anlass. Der Schild in Tartschenform findet ebenfalls bis weit in das 16. Jahrhundert hinein Verwendung; vgl. Nr. 55 aus dem Jahr 1552. Auch auf dieser Platte ist das Wappen des Verstorbenen unten links angebracht.

Dies vorausgesetzt ist es möglich, das Fragment für den 1549 gestorbenen Bernhard von Tettenborn in Anspruch zu nehmen, dessen Totenschild Letzner und Eckstorm überliefern (Nr. 51) und dessen Grabplatte nach dem Bericht Letzners beim Einsturz der Klosterkirche 1570 zerschlagen wurde.3) Dagegen gibt Leuckfeld an, dass er wie große Teile seiner Familie in der Kapelle der Tettenborn auf dem Friedhof begraben gewesen sei.4) Laut einer von Eckstorm angeführten Genealogie der Tettenborn müsste der Verstorbene spätestens 1469 geboren sein.5)

Textkritischer Apparat

  1. t] Mülverstedt ediert n?; Reste vom Balken des t sind aber zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Wappen Tettenborn (schräggestellte Wolfsangel). Das Wappen könnte sich auch auf ein Mitglied der Familie Liebenrodt/Liebenrode beziehen, in der der Name Bernhard aber nicht vorzukommen scheint; Mülverstedt, Walkenrieder Grabsteine, S. 66–69. Das neue Walkenrieder Urkundenbuch zeigt aber, dass die Familie Tettenborn gegenüber den Liebenrodt/Liebenrode, anders als Mülverstedt annahm, im Hinblick auf das Kloster bis zum Ende des 15. Jahrhunderts keinesfalls in den Hintergrund trat; vgl. UB Walkenried, Bd. 2, S. 753 u. 792 (s. v. Liebenrode bzw. Tettenborn).
  2. Mülverstedt, Walkenrieder Grabsteine, S. 65. Vgl. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 348. Reinboth, Bestattungen, S. 20: „15. Jh.“
  3. Letzner, Walkenrieder Chronik, S. 178. Bernhard von Tettenborn wird bereits in einem Bericht zum Jahr 1525, in dem sein Sohn Theodor (Dietrich) von aufständischen Bauern getötet wurde, als der „alte Tettenborn“ bezeichnet; ebd., S. 159. Vgl. die Stammtafel bei Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 224. Der älteste Sohn Bernhards, Friedrich, wurde demnach 1517 in Frankreich getötet.
  4. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 1, S. 306. Zur Friedhofskapelle St. Juliana vgl. Reinboth, Bestattungen, S. 9.
  5. Eckstorm nennt als Vater Bernhards einen Cunemundus, der 1469 gestorben sein soll; Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 224. Ein älterer Bruder Bernhards, Friedrich, soll demselben zufolge Kanoniker in Köln gewesen und 1496 gestorben sein.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 348.
  2. Mülverstedt, Walkenrieder Grabsteine, S. 65 u. Tafel IX.
  3. Chronik Tettenborn, S. 252.
  4. Reinboth, Bestattungen, S. 20 (Nr. 3).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 52 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0005208.