Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 20† Walkenried, Klosterkirche 4. V. 14.–1. V. 15. Jh.

Beschreibung

Tafel. Abgebildet waren vier Angehörige der Familie von Werthern, stehend „ausgehauen“ als Wohltäter des Klosters. Unter jedem Bild eine Beischrift in Messing. Dargestellt waren: Hermann von Werthern mit Beischrift A, sein Sohn Dietrich von Werthern mit Beischrift B, dessen Ehefrau Agnes von Werthern mit Beischrift C sowie Adelheid von Werthern mit Beischrift D. Die Tafel, die sich in der Grabkapelle der Familie in der Klosterkirche befand, wurde 1525 im Bauernkrieg zerstört. Eine Abzeichnung und Abschrift, die der 1466 bis 1477 amtierende Abt Matthias (Wittecerp) angefertigt haben soll und die im Jahr 1530 vom damaligen Abt Paul (Gutting) durch Siegel und Unterschrift bekräftigt wurde, bildet die Basis der Beschreibung des thüringischen Historikers Paulus Jovius (1570–1633).1) Steinacker fand „Dübellöcher“ für eine Tafel in der Ostwand des polygonalen Chorabschlusses.2)

Inschrift nach Jovius.

  1. A

    Pater benefactoris Dominus Herimannus de Werter filius comitis hugonis et Wilismundae Alesaticae qui comes frater fuit comitis Ludovici cum barba in Thuringia

  2. B

    Benefactor noster Dominus Theodericus de Werter filius Hermanni de Werter et dominae Adelindis

  3. C

    Benefactor nostra Domina Agnesia de Werter filia Domini Gerhardi de Saltza et Domini Theoderici conjux

  4. D

    Mater benefactoris Domina Adelindis Domini Hugonis de Werter filia et haeres quae fuit uxor Domini Hermanni quorum omnium animae requiescant in pace

Übersetzung:

Der Vater unseres Wohltäters, Herr Hermann von Werthern, Sohn des Grafen Hugo und der Wilismunda von Elsass, der Graf war und Bruder des Grafen Ludwig des Bärtigen von Thüringen. (A)

Unser Wohltäter Dietrich von Werthern, Sohn Hermanns von Werthern und der Frau Adelinda. (B)

Unsere Wohltäterin Frau Agnes von Werthern, Tochter des Herrn Gerhard von Salza und Ehefrau des Herrn Dietrich (von Werthern). (C)

Die Mutter unseres Wohltäters, Frau Adelinda, Tochter und Erbin des Herrn Hugo von Werthern, die die Frau des Herrn Hermann (von Werthern) war. Ihrer aller Seelen sollen in Frieden ruhen. (D)

Kommentar

Die Wiedergabe der Texte spiegelt offenbar die originale Anordnung wider, bei der das Stifterpaar in der Mitte von den Eltern des Mannes flankiert wurde. Eine Identifizierung der „Tafel“ mit den ebenfalls von Inschriften begleiteten Ritzfiguren im polygonalen Chorschluss der Klosterkirche ist ausgeschlossen, da dort nur Ritter dargestellt waren; vgl. Nr. 19.

Die dargestellten ‚Wohltäter‘ des Klosters sind nicht Mitglieder der Familie von Werthern, die sich gegen Ende des 14. Jahrhundert eine Grablege an dem prominenten Platz hinter dem Hochaltar erkauften; vgl. Nr. 18. Bei den Genannten handelt es sich vielmehr um fiktive Personen, die die von Werthern in verwandtschaftliche Beziehung zu den Landgrafen von Thüringen – daher die Nennung Graf Ludwigs des Bärtigen (gest. 1080) in Inschrift A – und anderen bedeutenden Familien (Grafen des Elsass, von Salza) setzen und der Familie zugleich eine Rolle in der Gründungszeit des Klosters (1127–1137) zuschreiben sollten. Die Ehefrau des angeblichen Stifters Dietrich heißt in der späteren Familiengeschichtsschreibung Agnes von Rosdorf.3) Eine Entstehung der Tafel im zeitlichen Zusammenhang mit der Schaffung der Grabkapelle in den Jahren um 1400 ist sehr wahrscheinlich.

Anmerkungen

  1. Jovius, Anmerkungen, S. 38.
  2. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 281.
  3. Die Autoren, die sich seit dem späten 16. Jahrhundert aufgrund der älteren Familientradition (Jovius berichtet von einer sehr alten auf Pergament zierlich geschriebenen … Genealogy, Jovius, Anmerkungen, S. 36; Albinus führt Zwey alte Wertherische Stammregister an, Albinus, Historia von Werthern, S. 8) mit der Geschichte der Familie beschäftigt haben, haben an diesem Punkt leicht voneinander abweichende Genealogien vorgelegt; vgl. Albinus, Historia von Werthern, S. 7–9; Reinhardt, Stamm-Baum von Werthern, S. 3–5.

Nachweise

  1. Jovius, Anmerkungen, S. 38.
  2. Die Familie von Werther(n), in: Sippenverband Zierig-Moritz-Alemann, Nr. 4, Berlin 1940, S. 62–78, hier S. 65 (nach Jovius).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 20† (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0002006.