Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 184 Große Straße 76 16. Jh.

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Hausinschriften. Das Fachwerkhaus trug auf dem Sturzriegel des Tores eine Inschrift (A). Eine weitere Inschrift verlief offenbar über die Schwellen zweier Stockwerke1). Das Haus wurde im 2. Weltkrieg zerstört.

Inschrift nach Mithoff.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/6]

  1. A

    Der Anfanck Und Ende mynStait O here Godt yn den Henden dynSu dar yn Fe[we]ra) yn aller NothBehod uns vor den Ewygen Doth.

  2. B

    Der Engel des Heren Lagert sick Umme de her De ehn Furchte(n) und helvet ehn uth Noth went syne Gudicheydt Waret Ewichlick Der Psalm am 342)

Textkritischer Apparat

  1. Zur Zeit Mithoffs nicht mehr lesbar.

Anmerkungen

  1. Ortsangabe bei Thomes.
  2. Ps. 34,8.

Nachweise

  1. Mithoff, S. 136.
  2. Thomes, Bl. XVII.
  3. Flaskamp, S. 70, Nr. 67.
Addenda & Corrigenda (Stand: 08. November 2021):

Hinweis: Inschriftenträger und Inschriften galten zuvor als verloren (†).

DI 26 Nr. 184Rinteln (Lk. Schaumburg), Burg Schaumburg1586, 1613

Schwellbalken und Türeinfassung vom Haus Große Straße 76 in Osnabrück, zusammen mit einem Ständerbalken heute am Amtshaus der Schaumburg, außerdem ein Torbogen an einem Nebengebäude, wie der Ständerbalken ebenfalls Osnabrücker Herkunft, möglicherweise vom selben Gebäudekomplex, worauf die einheitliche Buchstabengestaltung der Inschriften A, B und D schließen lassen könnte. Der Umstand, dass die Balken, die Türrahmungen und der Ständer bei der Neuerrichtung der Gebäude auf der vorher völlig verfallenen Schaumburg in den Jahren 1907 bis 1913 in dem Amtshaus und dem eingeschossigen Wirtschaftsgebäude Nr. 4 verbaut wurden,1) belegt, dass das Haus Große Straße 76 in Osnabrück weder bei dem großen Brand 1613 noch im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, sondern dass dort ein aus dem Baujahr 1586 stammendes Haus um 1900 oder schon früher abgerissen wurde (vgl. dazu Kommentar).

Die eingehauene und in Weiß auf dunklem Grund gefasste Inschrift A heute auf der vorgekragten Schwelle des ersten Obergeschosses an dem in Fachwerk errichteten Amtshaus, die Brüstungstafeln darüber mit reichen Verzierungen durch von Perlstab- und Zahnschnittbögen umgebene Fächerrosetten, wie sie in Osnabrück um 1585 mehrfach belegt sind. Die ebenfalls eingehauene, in Gold gefasste Inschrift B auf dem Türsturz darunter zu beiden Seiten eines Wappenschildes. Da der Balken an der unteren Kante abgeschnitten ist, sind von der Jahreszahl in dritter Zeile rechts nur noch die nicht farbig gefassten oberen Ziffernteile erhalten. Auf dem Ständer rechts der Tür die eingehauene und in Gold gefasste Inschrift C. An dem ebenfalls zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichteten Wirtschaftsgebäude in Fachwerk auf dem Türsturz über dem taustab- und zahnschnittgerahmten Torbogen die eingehauene und in Weiß gefasste Inschrift D, zu beiden Seiten der Inschrift je ein Wappenschild, im linken Wappenschild die Initialen E. In den Bogenzwickeln aufwendig geschnitztes Blattornament.

Maße: Bu.: 6 cm (A), 6,5 cm (B), 9 cm (C), 7,5 cm (D), 15 cm (E).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (A, B, D), Kapitalis (C, E).

  1. A

    Der Engel Des Heren Lagerdt sÿck Vmme de her De ehna) Fruchte(n) vnd helpet ehn vth Noth Wente sÿne Gvdicheÿdt Waret Ewichllikb)· Der Psalm am 34 · 2)

  2. B

    Der Anfanck Vnd Ende mÿn Steidt O here Godt ÿn den Henden / dÿn Sv dar ÿn Vaderc) ÿn Aller Noth Behode unß vor den Ewÿgen Doth : AN(N)O / 1586d)

  3. C

    1613 / S(OLI) . D(EO) . G(LORIA) .

  4. D

    Vor fuers gefaer vnd allee) not, Dit hus behod, ach here Got, Ock alle de / wonen hir in, Lath di trwlich befalen sijn :

  5. E

    EK

Übersetzung:

Gott allein die Ehre. (C)

Versmaß: Deutscher Reimvers (B, D).

Wappen:
?3)?4)

Während die exakte Übereinstimmung der Inschriften A und B mit den in der kopialen Überlieferung für das Haus Große Str. 76 tradierten Inschriften eindeutig die Herkunft des Schwellbalkens und des Türsturzes belegt, läßt sich die Osnabrücker Herkunft – möglicherweise vom selben Häuserkomplex – der anderen Bauteile aufgrund der sehr charakteristischen Schrift mit großer Sicherheit annehmen. In Osnabrück kommt dieselbe – wohl in allen Fällen aus derselben Werkstatt stammende – Schriftform auch noch an den Häusern Krahnstr. 7 von 1586 (Nr. 154) und Marienstr. 17 von 1587 (Nr. 156) vor, die ebenfalls den Brand von 1613 überstanden. Es handelt sich um eine sehr späte Form der gotischen Minuskel mit hohen schmalen Buchstaben, gegabelten Oberlängen, Kasten-a und durchgängig verwendetem Schulter-r in Kombination mit reich durch Begleitstriche, Schleifen und Schnörkel verzierten Frakturversalien. Auch die Zierformen der alten Holzelemente am Amtshaus und an dem Torbogen des Wirtschaftgebäudes stimmen auffallend mit den an den Häusern Nr. 154 und 156 in Osnabrück verwendeten Zierelementen überein. Die Inschrift C auf dem Ständerbalken, dessen genaue Herkunft nicht bekannt ist, passt sowohl mit der Jahreszahl 1613, die auf die Aufbauarbeiten nach dem großen Stadtbrand verweist, als auch mit der an Osnabrücker Häusern um 1613 ungewöhnlich häufig belegten Inschrift Soli Deo Gloria (vgl. Nr. 213, 216, 217, 224, sowie Nr. 90 u. 310) zum Inschriftenbestand der Stadt.

Dieses Beispiel zeigt erneut, dass man bei der naheliegenden Annahme, Inschriftenverlust sei durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg verursacht, sehr vorsichtig sein muss (vgl. dazu auch DI 56, Stadt Braunschweig, S. XXII).

Textkritischer Apparat

  1. Falsch restauriert, heute ehu.
  2. Wohl falsch restauriert, Ewichlick bei Mithoff wahrscheinlicher. Über w drei Punkte.
  3. Falsch restauriert, Mithoff überliefert hier Fe[we]r. Vor dem Wort ein farbig hervorgehobener Punkt, der nicht zur Inschrift gehören dürfte.
  4. Nur die oberen Ziffernteile erhalten, möglich wäre auch die Lesung 1596, aufgrund der großen Ähnlichkeit der Inschrift zu anderen Osnabrücker Hausinschriften um 1585 ist die Lesung 1586 aber wahrscheinlicher.
  5. Nach alle ein farblich hervorgehobener Punkt, der nicht zur Inschrift gehören dürfte.

Anmerkungen

  1. 1.Zur Wiedererrichtung der Gebäude auf der Schaumburg vgl. W. Wehrhahn, Schloß Schaumburg an der Weser. In: Niedersachsen 18, 1912/13, S. 192–198.
  2. 2.Ps. 34,8.
  3. 3.Wappen ? (zwei gekreuzte Schwerter, darüber ein Kreuz, der waagerechte Balken rechts nach oben, links nach unten senkrecht abgeknickt).
  4. 4.Wappen ? (Ziegenkopf über zwei gekreuzten Äxten).

Nachweise

  1. W. Wehrhahn, Schloß Schaumburg an der Weser. In: Niedersachsen 18, 1912/13, S. 192–198, hier S. 196 (A–C).

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 184 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0018407.