Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 138† Dom 1582

Beschreibung

Epitaph des Propstes Gisbert Budde. Die Inschrift ist in zwei Teile untergliedert. Während der zweite Teil, die Ansprache an den Leser, sowohl in der Sammlung A als auch in der Chronik 3 enthalten ist, geben die beiden Überlieferungen als ersten Teil zwei vollkommen unterschiedliche Texte wieder. Da die beiden Versionen des ersten Teils ähnliche Informationen enthalten, die der Chronik 3 aber von einem Stein spricht, der die Gebeine des Verstorbenen bedeckt, also eine Formel verwendet, die lediglich auf Grabsteinen erscheint (vgl. S. XVIII), ist es wahrscheinlich, daß Klinckhamer die Inschriften des Grabsteins und des Epitaphs zu einem Epitaphium im Sinne von „Grabschrift“ zusammengefaßt hat (vgl. S. XVII). Der in der Chronik 3 überlieferte erste Teil wird daher gesondert als Inschrift des Grabsteins (Nr. 139) wiedergegeben.

Inschrift nach Sammlung A.

  1. Dum sua virtuti laus est, encomia semperGisberti Budden posthuma fama canet.Lumen erat patriae fideique assertor avitae,Praeposito tali Clere beatus eras.Hinc positum praesens monumentum te monet in quoSit sita ter misero spesque fidesque reo.Annos dignus erat vixisset Nestor pluresSed rapis heu claros invida Parca viros.

    Praepositus LectoriQuid luges? curis senio morbisque creatoa)Cum Christo lucrum vivere nonne fuit?Nonne Sathan dextris, fera mors, caro, culpa sinistrisImminet? ah vivos mille pericla manent.Astmodo securus promo pia iubila ChristoQuo duce culpa, Sathan, mors, caro victa iacet.Sis pius et fidei constans defensor avitaeVitae principium mors sit ut atrab) novae.

Übersetzung:

So lange die Tugend (überhaupt) ihr Lob hat, so lange wird der Nachruhm immer Loblieder auf Gisbert Budde singen. Er war ein Licht der Heimat und ein Bewahrer des angestammten Glaubens, mit einem solchen Propst warst du, Klerus, glücklich. Deshalb mahnt dich dies hier errichtete Denkmal daran, auf wem die Hoffnung und das gläubige Vertrauen für den sehr armen Sünder ruht. Er wäre würdig gewesen, länger zu leben als Nestor, aber weh, du, neidische Parze, raffst berühmte Männer hinweg.

Der Propst an den Leser: Was trauerst du? War es nicht ein Gewinn für den für Sorgen, Altersschwäche und Krankheit Geschaffenen, mit Christus zu leben? Droht nicht der Satan zur Rechten, der grausame Tod, das Fleisch und die Schuld zur Linken? Ah, tausend Gefahren sind den Lebenden beschieden. Jetzt trage ich unbeschwert fromme Lobgesänge Christus vor, unter dessen Führung die Schuld, der Teufel, der Tod und das Fleisch besiegt darniederliegen. Sei gottesfürchtig und ein steter Bewahrer des angestammten Glaubens, damit der schreckliche Tod der Beginn eines neuen Lebens sei.

Versmaß: Distichen.

Kommentar

Gisbert Budde trat am 7. August 1528 in das Osnabrücker Domkapitel ein1) und wurde bereits im selben Jahr in Handelsangelegenheiten zusammen mit einem Vertreter der Osnabrücker Kaufleute nach Emden gesandt2). 1555 übernahm Budde das Amt des Domscholasters. Als entschiedener Vertreter der altgläubigen Partei war er bemüht, seine Vorstellungen gegenüber dem seit 1552 als Rektor der Domschule tätigen Lutheraner Christian Sleibing (vgl. Nr. 117) durchzusetzen, was Sleibing veranlaßte, sein Amt vorübergehend aufzugeben. Doch bereits drei Jahre später mußte Budde Sleibing erhebliche Zugeständnisse machen, um diesen in Ermangelung einer geeigneten Persönlichkeit zur erneuten Übernahme des Amtes zu bewegen3). Im Dezember 1557 leistete Budde den Amtseid als Propst von St. Johann4). Seit 1563 wird er in den Urkunden als Domkantor genannt5), 1566 wurde er als Nachfolger des verstorbenen Jobst von Dincklage (vgl. Nr. 116) zum Dompropst ernannt6). Dieses Amt sowie das des Propstes von St. Johann bekleidete er bis zu seinem Lebensende7).

Textkritischer Apparat

  1. creato] gravato Chronik 3.
  2. atra] astra Chronik 3.

Anmerkungen

  1. StAO Rep. 560 III, Nr. 1, fol. 13v.
  2. Stüve, Hochstift, Bd. 2, S. 63.
  3. Ebd., S. 193.
  4. StAO Rep. 5, Nr. 1343.
  5. StAO Findbuch Rep. 3, Bd. 3.
  6. Die Amtsübernahme ist urkundlich nicht belegt, Budde wird jedoch mit Einsetzen der Kapitelsprotokolle 1573 als Dompropst bezeichnet. StAO Rep. 560 III, Nr. 2, fol. 12v.
  7. Die Sammlung A gibt das Todesdatum irrtümlich mit 1580 an.

Nachweise

  1. Sammlung A, fol. 14r.
  2. Chronik 3, S. 109.

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 138† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0013805.