Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 57† Dom 1482

Beschreibung

Grabplatte des Bischofs Konrad III. von Diepholz in der Marienkapelle. Über den Verbleib ist nichts bekannt, möglicherweise wurde sie im 2. Weltkrieg zerstört. Die Grabplatte trug in den Ecken vier aus Bronze gegossene Wappenschilde1). Um den Stein verlief eine Inschrift, die Anordnung bei Siebern/Fink läßt darauf schließen, daß sich an jeder Seite des Steins ein Distichon befand.

Inschrift nach Siebern/Fink.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. Post m bis duo ccl ter xa) hiis duo ju(n)gep(ost) pote(n)ciane2) mart(yr)isb) habe(n)te diec)presul magnific(us) alto de sa(n)gwine nat(us)de depholt Conrad in d(omi)no recubatDeuotvs mitis humilis sat ubiq(ue) virilisClaustra reformarat fana m(ag)n(a)d) reparathic pacis sceptrae) vigisepf) qui rexerat cu(r)ag)hac nunc sartecta claudit(ur) int(er)eah).

Übersetzung:

1482, nach dem Tag der Märtyrerin Potentiana. (Hier) ruht im Herrn der erhabene Bischof aus vornehmem Geblüt, Konrad von Diepholz. Er war immer ein sehr frommer, milder, demütiger und tatkräftiger Mann. Er reformierte die Klöster und stellte viele Kirchen wieder her. Hier führte er 27 Jahre lang mit Sorgfalt ein Regiment des Friedens, nun jedoch wird er von diesem Sarg umschlossen.

Versmaß: Distichen, leoninisch gereimt.

Wappen (mit Beischriften?, nach Gelenius):
HoyaDiepholt Osnabrug
Braunsch(weig)Oldenburg

Kommentar

Die Regierungszeit Konrads von Diepholz (1455–1482) war für Osnabrück eine Zeit des inneren und äußeren Friedens; ein wirtschaftliches Aufblühen der Stadt war die Folge. Günstig wirkte sich die enge Zusammenarbeit zwischen dem Bischof und dem Bürgermeister Ertwin Ertmann (vgl. Nr. 88) aus, die sich bis in den geistlichen Bereich hinein erstreckte. Die Reformation der Klöster im Hochstift führte Konrad von Diepholz mit Hilfe Ertmanns durch3). Sie war Teil eines umfassenden Vorgehens gegen die allgemeine Verweltlichung des Klerus. In diesen Rahmen gehört auch die von Konrad initiierte Erhebung der Gebeine des Bruder Reiner (vgl. Nr. 49) sowie seine Bemühungen um dessen Seligsprechung.

Mit der Errichtung seines eigenen Grabdenkmals befaßte sich Konrad bereits seit 1475. In diesem Jahr verzeichnen die Domstrukturrechnungen Kosten für drei Steinmetze und zwei weitere Männer zum Tragen der Steine in Höhe von 6 Talern und 2 ½ Schilling pro Person4). Um dieselbe Zeit wurde auch die hinter dem Altar im Chorumgang gelegene Marienkapelle in ihrer heutigen Form errichtet5). Nach der Beschreibung bei Gelenius6), der die Kapelle als mausoleum Conradi de Diepholt bezeichnet, bestand das Grabdenkmal aus einer statua supina, die wohl identisch ist mit der erhaltenen liegenden Bischofsfigur in der Nikolauskapelle des Kreuzgangs, und zwei Löwen zu Füßen der Figur mit den Wappen Diepholz und Osnabrück. Nach Angabe von Schriever7) befand sich die Figur in der Mitte der Grabplatte, die ihr als Unterlage diente. Der Stein lag noch Anfang des 20. Jahrhunderts in der Marienkapelle8). Zu dem Zeitpunkt war die Bischofsfigur bereits in die Nikolauskapelle umgesetzt. Die Liegefigur ist der einzige aus dem Berichtszeitraum überlieferte Teil eines Grabdenkmals für einen Osnabrücker Bischof im Dom. Zugleich handelt es sich um das einzige Bischofsgrab, das durch eine detaillierte Beschreibung an Gestalt gewinnt.

Textkritischer Apparat

  1. x] xxx alle Überlieferungen. Da das Todesdatum jedoch 1482 ist, ergibt diese Version keinen Sinn.
  2. mart(yr)is] martis Berlage, Mithoff, Siebern/Fink, Rost; martris Gelenius.
  3. habe(n)te die] sprachlich und metrisch korrupt.
  4. m(ag)n(a)] vigl Gelenius.
  5. sceptra] nur bei Rost, ceptra Gelenius, die anderen septra.
  6. vigisep] vigil per quina Gelenius; wohl aus metrischen Gründen, eigentlich: vigintiseptem.
  7. cu(r)a] aera Rost, alle anderen eva.
  8. int(er)ea] intus ea Gelenius.

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Siebern/Fink, S. 60f.
  2. 19. Mai. Das Todesdatum ist also der 20. Mai.
  3. Rothert, Geschichte, Bd. 1, S. 295.
  4. Diözesanarchiv Osnabrück, Domstrukturregister.
  5. Thümmler, S. 25.
  6. Gelenius, S. 49.
  7. Schriever, S. 15.
  8. Siebern/Fink, S. 61.

Nachweise

  1. Siebern/Fink, S. 61.
  2. Gelenius, S. 49.
  3. Rost, S. 57.
  4. Berlage, Kirchliche Alterthümer, S. 350f.
  5. Mithoff, S. 108.

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 57† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0005705.