Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 142† ? 1582

Beschreibung

Epitaph des Johann Reineking. Der ehemalige Standort ist nicht bekannt.

Inschrift nach Chronik 3.

  1. A

    Nach Christi Gottes Geborth eß waerVoffteinhundert achtentich und zwo JaerDen soeveden July da mit ListDer Toverschen gedodet istJohan Reinekinck vam Keiserswert,Des Liff rouwet in dieser Erdt.Obyt den 7. July.

  2. B

    Reinekingi cubat hic corpus tellure JohannisQuem morti diro pulvere saga dedit.Ille doli ignarus patienti pectore morbum,Immotaque fide debita fata tulit.Sed quas o lachrymas uxor profudit ocellis,Talia) obysse suum ut comperit arte virum.

Übersetzung:

Er starb am 7. Juli. (A)

Der Leib Johann Reinekings ruht hier in der Erde, den eine Hexe durch ein verderbenbringendes Pulver dem Tod überlieferte. Jener der Arglist Unkundige trug mit geduldigem Mut die Krankheit und mit unerschütterlichem Glauben das ihm bestimmte Schicksal. Aber, oh, wieviel Tränen vergoß seine Gattin aus ihren Augen, als sie erfuhr, daß ihr Mann durch solche Kunst gestorben ist. (B)

Versmaß: Distichen.

Kommentar

Mit dem plötzlichen Tod des Johann Reineking, der den Verdacht einer Vergiftung hervorrief, begann in Osnabrück im Sommer 1582 eine Hexenverfolgung, die 1583 in der Verbrennung von 121 Frauen ihren Höhepunkt fand (vgl. Nr. 162). Anna Schreiber, die Ehefrau eines reichen Osnabrücker Kaufmanns, wurde verdächtigt, Reineking vergiftet zu haben. Sie verließ 1583 die Stadt und ging nach Stockum, dort wurde sie 1585 im Alter von fast 70 Jahren verhaftet und nach Iburg ins Gefängnis gebracht, wo sie auch noch 1586 festgehalten wurde. Der Ausgang ihres Verfahrens ist nicht bekannt1). Der Fall Anna Schreiber ist jedoch ein Beleg dafür, daß die Hexenverfolgung in Osnabrück auch vor dem gehobenen Bürgertum nicht haltmachte, sondern im Gegenteil aus Neid und politischer Gegnerschaft Anklagen der Hexerei erwuchsen (vgl. dazu auch Nr. 145).

Textkritischer Apparat

  1. tali] tale Chronik 3.

Anmerkungen

  1. Dazu Stüve, Hochstift, Bd. 2, S. 279ff., 306f. sowie die Akten des Reichskammergerichts Celle zum Fall der Anna Schreiber, StAO Rep. 900 II, Nr. 398.

Nachweise

  1. Chronik 3, S. 111.

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 142† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0014209.