Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 92 Rathaus um 1510

Beschreibung

Drei Schranktüren im Friedenssaal. Eichenholz. Die Schränke sind in die Fensterpfeiler der Ostwand des Friedenssaals eingelassen. In ihnen wurden früher die Urkunden des Hofhauses Zum Heiligen Geist, des Leprosenhauses Unserer Lieben Frau und des Antonius und Elisabeth-Hospitals aufbewahrt, die vom Rat der Stadt Osnabrück verwaltet wurden. Jede Schranktür ist zwischen den in Scharnieren endenden Eisenbeschlägen mit einem polychromierten Relief verziert, das jeweils aus einer figürlichen Darstellung und einer Urkunde mit der Bezeichnung des Hospitals besteht.

Die Schranktür des Antonius und Elisabeth-Hospitals zeigt die beiden Patrone des Hospitals in einer rundbogigen Nische, zwischen ihnen als Attribut des Antonius ein Schwein. Die beiden Figuren halten eine geschnitzte Urkunde mit der Inschrift (A) und zwei durchgehängten Siegeln, auf dem linken Antonius, auf dem rechten Elisabeth mit einem Kirchenmodell. Auf der Schranktür des Hofhauses Zum Heiligen Geist ist in einer rundbogigen Nische der Heilige Geist in Gestalt der Taube dargestellt, die eine Urkunde mit der Inschrift (B) hält. Von den beiden durchgehängten Siegeln ist das linke zerstört, das rechte zeigt Christus auf dem Regenbogen. Die Schranktür des Leprosenhauses zeigt in einer balkonartig gestalteten Nische Maria mit dem Kind hinter einer Brüstung, vor der eine Urkunde mit der Inschrift (C) aufgehängt ist. Auch diese Urkunde ist mit zwei durchgehängten Siegeln versehen, auf dem linken eine männliche Figur mit einem Wappenschild, auf dem rechten Maria mit dem Kind. Alle Inschriften sind in erhabenen Buchstaben ausgeführt.

Maße: H.: 101 cm (A); 93 cm (B); 97 cm (C). B.: 46,5 cm (A); 43,5 cm (B); 44 cm (C). Bu.: 2 cm (A); 3 cm (B); 4 cm (C).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    PRIVILEGIA HOSP/ITALIS SANCTI AN/THONII (ET)a) ELISABET

  2. B

    PRIVIL/EGIA / HOSPI/TALIS / SANCTI / SPIRITVS

  3. C

    PRIVILEGIA / HOSPITALIS / LEPROSORVM

Kommentar

Die Inschriften zeigen die typischen Merkmale der frühhumanistischen Kapitalis wie epsilonförmiges E, ausgebuchtete Querbalken des H und Zierstriche am I. Das Hofhaus Zum Heiligen Geist und das Leprosenhaus sind bereits im 13. Jahrhundert nachweisbar, das Hospital Antonius und Elisabeth, auch Hofhaus Zur Twente genannt, wurde 1339 begründet1). Die Schranktüren dürften zu den ersten Ausstattungsstücken des neuerbauten Rathauses gehören und damit in der Zeit um 1510 angefertigt worden sein2). Sie gelten als das früheste Werk des Meisters von Osnabrück3).

Textkritischer Apparat

  1. Tironisch.

Anmerkungen

  1. Zur Geschichte der Hospitäler vgl. Hoffmeyer, Fürsorge, S. 2f., 17, 28.
  2. Dazu Siebern/Fink, S. 218.
  3. Manske, S. 256.

Nachweise

  1. Siebern/Fink, S. 235.
  2. Stadt im Wandel, Bd. 1, S. 287 (nur A).

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 92 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0009209.