Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 53 Kulturgeschichtliches Museum (1474?)

Beschreibung

Ablaßtafel aus dem Kloster Marienstätte. Sandstein, rechteckig. Die Schrift in der linken oberen Ecke der Tafel ist beschädigt, es lassen sich aber noch die unteren Abschlüsse der Schäfte erkennen.

Maße: H.: 33 cm; B.: 67 cm; Bu.: 3,5 cm (Zeile 1–5), 4 cm (Zeile 6).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Sabine Wehking [1/1]

  1. [s]o va[ken al]s1) wea) dit co(n)vent / nometb) Marienstede yn de eer / unser leven vroven so vaken / verdenet he vejrtichc) daghe waer / afflates de daer to ghegheven syn / · jhesus · maria ·

Kommentar

Der Beginenkonvent Marienstätte wurde um die Mitte des 15. Jahrhunderts gegründet. 1462 wurde er der Augustinerregel unterstellt2). 1474 feierte man die Einweihung einer zum Kloster gehörenden Kirche, ein Anlaß, zu dem Bischof Konrad III. dem Kloster Ablässe gewährte3). Es ist möglich, daß die sehr sorgfältig gehauene Inschrift an diesen Vorgang erinnern sollte. Die auf der Tafel genannten 40 Tage sind das für die Ablaßverleihung durch einen Bischof übliche Maß4). Inschriften, die den einer Kirche oder einem Kloster gewährten Ablaß dokumentieren und damit Urkundencharakter haben, sind keine Seltenheit, sie nennen aber in der Regel die Namen der beteiligten Personen oder berichten über die Baugeschichte oder Weihe einer Kirche5).

Auch die Schrift verweist die Entstehung der Tafel in die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Es handelt sich um eine ebenmäßige, längliche gotische Minuskel, die Schmuckelemente zeigt: fadenförmige An- und Abschwünge bei a und s, sehr feine Zierstriche bei e, r und t.

Textkritischer Apparat

  1. we] ine Borchers.
  2. nomet] namet Borchers.
  3. vejrtich] vertich Borchers.

Anmerkungen

  1. so vaken läßt sich lediglich in der Bedeutung „sooft“ nachweisen. so vaken als steht hier als temporaliterative Konjunktion, die im Hauptsatz wiederaufgenommen wird. (Für diese Auskunft danke ich Herrn Prof. Dieter Stellmacher, Göttingen.) Die Inschrift nimmt daher auf den allgemeinen Charakter der Ablaßverteilung Bezug, nicht so sehr auf den konkreten Einzelfall. Dies wird auch daran deutlich, daß weder ein Datum noch beteiligte Personen genannt sind.
  2. Zur Geschichte des Augustinerinnenklosters: Maria Lammers, Geschichte des Klosters Marienstätte in Osnabrück, in: OM 45, 1922, S. 57–127.
  3. Ebd., S. 75.
  4. Lexikon des Mittelalters 1, Sp. 43f.
  5. Vgl. DI II (Mainz), Nr. 23, 693; DI XV (Rothenburg), Nr. 66; DI XX (Karlsruhe), Nr. 63; DI XXII (Enzkreis), Nr. 65; DI XIV (Fritzlar), Nr. 48, 56, 83. Dazu auch Wolfgang Müller, Urkundenschriften des deutschen Mittelalters, Kallmünz 1975, S. 112, Nr. 65.

Nachweise

  1. Lammers (wie Anm. 2), S. 75.
  2. Walter Borchers, Kultur- und Kunstdenkmäler aus den Klöstern der Augustinereremiten und Augustinerinnen in Osnabrück, in: OM 78, 1971, S. 142.

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 53 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0005307.