Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 228 Fränkisch-Crumbach, Evangelische Kirche 1596?

Beschreibung

Epitaph des Hans Georg von Rodenstein und seiner Familie. Das aus Holz gefertigte, an den Formen einer Ädikula orientierte Denkmal hängt heute innen an der Nordwand des Langhauses. In der Nische des Hauptgeschosses ist in Ölmalerei die Himmelfahrt Christi dargestellt. Im Vordergrund kniet ganz links Hans Georg, und dann folgen zur Bildmitte hin ihrem Alter nach seine Söhne. Rechts kniet Sibylla von Rodenstein, geborene von Berlichingen, mit den Töchtern, die ebenfalls dem Alter nach in absteigender Linie zur Bildmitte hin angeordnet sind. In den gefalteten Händen halten die Kinder Schriftbänder mit den Inschriften (D)–(J). Die flankierenden Pilaster tragen jeweils vier gemalte Vollwappen mit Beischriften (W). Im Gebälk sind an den äußeren Enden je zwei Ziffern der Jahreszahl (A) angebracht. In der Mitte befindet sich das Bibelzitat (B). Ein abschließender Giebel fehlt. Im Sockel stehen gemäß der Anordnung der Figuren im Bild die Grabinschriften (C) links für Hans Georg und rechts für seine Frau Sibylla. Bei den Inschriften (A), (B) und (C) sind die Inschriften in weißer Farbe auf schwarzen Grund gemalt, während bei den Inschriften (D) bis (J) und (W) die in Schwarz ausgeführten Buchstaben auf weißem Grund stehen. Als Worttrenner dienen Quadrangel.

Maße: H. 178, B. 155, Bu. 4 (B), 1,5–3,5 (C), 1–1,3 (D–J), 2 (W) cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/4]

  1. A

    15[90.]a)

  2. B

    Ioh(annes) 11 · Cap(itel)b) Ich bin die Aufferstehung und dasz Leben / wer an mich glaubet der wird leben, ob er gleich stürbe.1)

  3. C

    Anno 1549. War der Edle / vnd Ehrenveste Hannsgeorg / Von und Zu Rodenstein ge=/bohren, und anno 〈....〉 Ist er in Christo / seelig entschlaffen, dem gott genädig seyn wolle // Anno 1555. War die Edle / Vnd Tugendsame Frau Sÿ=/billa von Rodenstein Zu Berli=/chingen gebohren, und anno 〈....〉 Ist Sie in / Christo seelig entschlaffen, deren gott genädig seÿn wolle.

  4. D

    · hanns wolffgang von und zu Rodenstein gebohren Im 79 ·

  5. E

    · Philippus Albrecht Starb im 83 ·

  6. F

    · otto philippus. Starb im 92

  7. G

    · erckinger Starb Im · 95

  8. H

    F(räulein) Rosina gebore(n) im · 85

  9. I

    F(räulein) Anna Maria im · 81

  10. J

    F(räulein) Brigita gebohren im 80

  11. W
    Rodenstein Berlichingen. 
    Boyneburg Vohenstein. 
    Bayer v(on) Bopp(ard) Vellberg 
    Schölm Vollmarhausen 
Wappen:
Rodenstein, Boineburg, Bayer von Boppard, Schelm von Bergen; Berlichingen2), Vohenstein3), Vellberg, Wollmershausen4).

Kommentar

Laut der Jahreszahl (A) wurde das Denkmal 1590 errichtet, doch sind die beiden letzten Ziffern modern. Dies ergibt sich eindeutig aus ihren Formen. Bei der 9 ist der eingerollte Bogen geschlossen und der untere, freie Bogenabschnitt weit ausgezogen. Die 0 ist rund und weist verstärkte Bögen auf, wodurch das Innenfeld wie ein schmales Oval erscheint. Es ist fraglich, ob der heutige Befund inhaltlich den originalen Zustand widerspiegelt oder ob nicht eine 6 mit sehr kurzem oberen Bogenende zu einer 0 verlesen wurde. Dies scheint deshalb möglich, weil das späteste in den Inschriften genannte Todesjahr 1595 (G) lautet. Das Epitaph könnte somit problemlos 1596 angefertigt worden sein. Andernfalls müßte man annehmen, daß bei Otto Philipp (F) das Sterbejahr 1592 und bei Erckinger das Jahr 1595 (G) nachgetragen wurde, wofür es jedoch keinen Anhaltspunkt gibt. Auch das Todesjahr Hans Georgs, der 1598 starb,5) wurde nicht an dem dafür in der Inschrift freigelassenen Platz nachgetragen. Sollte die Jahreszahl 1590 jedoch korrekt sein, wurde möglicherweise in diesem Jahr nur der Auftrag für das Epitaph vergeben, das dann erst nach 1595 ausgeführt wurde.

Hans Georg war ein Sohn Georgs III. von Rodenstein und der Anna von Boineburg.6) Er heiratete zu einem unbekannten Zeitpunkt Sybille, Tochter Valentins von Berlichingen und Brigittes von Vellberg.7) Das bei Möller für Sybille angegebene Todesjahr 1590 kann nicht stimmen, da man wie bei ihrem Mann auch für ihr Todesjahr in der Inschrift Platz ließ, der dann nicht ausgefüllt wurde. Sybille starb also mit Sicherheit erst nach 1595.

Textkritischer Apparat

  1. Bei 90 handelt es sich um eine moderne Ergänzung, vgl. den Kommentar.
  2. Die Stellenangabe ist in deutlich kleineren Buchstaben vorangestellt.

Anmerkungen

  1. Joh 11,25.
  2. In Blau (statt in Schwarz) ein weißes Rad; Helmzier: ein Wolf, der im Maul ein Lamm hält.
  3. In Weiß drei goldene Fischlägel 2:1; Helmzier: ein golden gekleideter bärtiger Männerrumpf mit Mütze.
  4. In Rot zwei weiße Balken; Helmzier: ein spitzer Hut mit dem Schildbild.
  5. Humbracht, Stammtafeln 66; Franck, Geschichte Taf. II.
  6. Ebd.; aus dem Leben Hans Georgs ist wenig bekannt. Eine Ausnahme bildet seine Auseinandersetzung mit den Landgrafen von Hessen um die Pfarrstellenbesetzung in Neunkirchen (Lkr. Darmstadt-Dieburg), vgl. dazu Hotz, Rodensteiner 248 f.
  7. Möller, Stammtafeln AF I, Taf. XXI.

Nachweise

  1. Stocker, Gemmingen II,3 114.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 228 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0022803.