Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 215 Michelstadt, Friedhofskapelle 1591

Beschreibung

Epitaph des Daniel Würtzburger. Das Denkmal aus rotem Sandstein ist heute außen an der Ostwand angebracht. Die Tafel mit der 18zeiligen Grabinschrift befindet sich in einem Rollwerkrahmen. Als Interpunktionszeichen dienen Schrägstriche und auf die Grundlinie gesetzte Punkte.

Maße: H. 108, B. 69,5, Bu. 3,5–4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Sebastian Scholz) [1/2]

  1. IOVAE OPT(IMO) MAX(IMO) S(ACRUM) / DANIELI WÜRTZBURGE=/RO, IOANNIS FILIO III(UM)a) / LINGUAR(UM) ART(IUM) IURISQ(UE) HAVD / VULGARITER PERITO. / D(OMI)N(I) THEOD(ORICI) COM(ITIS) MANDER=/SCHIED(ENSIS) AMANUENSI. / IIII VITAE VIITENARIOb), MEN=/SE IX, DIE IV, AN(N)O VERO CHR(ISTI) / MDXCI. K(A)L(ENDAS) XV. VTILISc) / MAGNO SUOR(UM) DOLORE PER / MELANCHOLIAN HUMANIS / EXEMTOd). / OB MATERN(UM) ERGA GNA=/TUM AMOREM / BARBARA OBERRADIN / MATER MOESTISSUMAd) / POSUIT

Übersetzung:

Dem besten und größten Gott geweiht. Dem Daniel Würtzburger, dem Sohn des Johannes, der in ungewöhnlicher Weise dreier Sprachen, der Künste und des Rechts kundig und Sekretär des Herrn Dietrich, Grafen von Manderscheid, war und im vierten Jahrsiebt seines Lebens (28 Jahre), im neunten Monat und am vierten Tag und zwar im Jahre Christi 1591, am 15. Tag vor den Kalenden des Juli (17. Juni) unter großer Trauer der Seinigen wegen seiner Schwermut aus dem menschlichen Leben hinweggenommen wurde, hat aus mütterlicher Liebe zu ihrem Sohn Barbara Oberrad, seine tiefbetrübte Mutter, (dieses Denkmal) gesetzt.

Kommentar

Auffällig ist die frühe Verwendung des runden U, die sich vor 1600 kaum belegen läßt und bis 1650 auf Ausnahmen beschränkt bleibt.1)

Daniel wurde als Sohn des Pfarrers Johannes Würtzburger und der Barbara Oberrad in Vielbrunn geboren.2) Im Jahr 1583 wurde er in Heidelberg immatrikuliert.3) Laut der Inschrift war er Sekretär des 1593 verstorbenen Grafen Dietrich VI. von Manderscheid, der 1574 durch seine Frau Elisabeth von Stolberg-Königstein einen Anteil an der Herrschaft Breuberg geerbt hatte.4) Die Verwendung von IOVAE statt des gebräuchlichen DEO, des alten römischen Monatsnamens QUINTILIS statt IULIUS, der griechischen Flexion bei MELANCHOLIAN sowie die Rechnung nach Septenarien sollte die im Text angesprochene außergewöhnliche Bildung des Verstorbenen demonstrieren.

Textkritischer Apparat

  1. Lies: TRIUM.
  2. Lies: SEPTENARIO.
  3. Lies: QUINTILIS.
  4. Sic!

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu DI 38 (Lkr. Bergstraße) Nr. 193 mit Anm. 5 und XLIV; DI 49 (Darmstadt, Lkr. Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau) XXXVIII.
  2. Zu Johannes Würtzburger vgl. Nrr. 207, 208.
  3. Toepke, Matrikel II 106.
  4. Ehmer, Grafschaft Wertheim 130 – 135; Weber, Breuberg und seine Besitzer 71; zu Dietrich vgl. auch Europ. Stammtafeln NF XI, Taf. 4.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 215 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0021508.