Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 63: Odenwaldkreis (2005)
Nr. 92 Ober-Mossau (Mossautal), Evangelische Kirche 1504
Beschreibung
Grabplatte des Dibold Ysenhauwer (Eisenhauer). Die Platte aus rotem Sandstein steht heute auf dem Kopf innen an der Südwand des Chors. Die Inschrift läuft auf dem Rand zwischen Linien um. Das Feld ist leer. Als Worttrenner dienen Quadrangel mit paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen.
Maße: H. 225, B. 67, Bu. 7–8 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
Anno · d(omi)ni · / Mo · ccccco · iiiio · die Gereonis martiris · O(biit) · honestus · vir Diboldusa) · / ysenhauwerb) · quo(n)da(m) · / faber in · monasterio Schonau · Cui(us) a(n)i(m)a requiescat in pace ·
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1504, am Tag des Märtyrers Gereon (10. Oktober) starb der ehrenhafte Mann Dibold Ysenhauwer (Eisenhauer), einst Schmied im Kloster Schönau, dessen Seele in Frieden ruhen möge.
Textkritischer Apparat
- sebaldus Schaefer; Sebaldus Friedrichs; Spuren der Johanniter; Sattler.
- ysenhammer Schaefer.
Anmerkungen
- Friedrichs 28; ihm folgt Spuren der Johanniter 138.
- Vgl. dazu Binding, Baubetrieb 54 – 58; vgl. auch DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nr. 200.
- Vgl. etwa Nr. 35 und DI 29 (Worms) Nr. 327.
- Schaab, Kloster Schönau 113.
- Friedrichs 28.
- Ebd.
Nachweise
- Schaefer, Kdm. 211.
- Friedrichs, Das älteste Eisenhauer-Denkmal 27.
- Spuren der Johanniter 138 f. mit Abb. 67.
- Sattler, Mossau im Wandel 121.
Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 92 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0009206.
Kommentar
Die Versalien entstammen mit Ausnahme des S, das zu den Versalien der gotischen Minuskel gehört, der gotischen Majuskel. Die Minuskel zeigt a mit bis zum Schaft zurückgebogenem linken Teil des gebrochenen oberen Bogens sowie e mit geschlossenem Bogen. Die Brechungen der Schäfte sind vielfach zu Quadrangel verdichtet.
Obwohl der Name ysenhauwer auf eine Tätigkeit als Schmied hinweist, sah Friedrichs in Dibold den Verwalter der klösterlichen Bauten in Schönau und wandte sich gegen die Übersetzung von faber mit „Schmied“, weil Dibold als solcher keine aufwendige Grabplatte erhalten hätte.1) Die Bezeichnung faber läßt sich bei den Verwaltern für den Bau und den Unterhalt kirchlicher Gebäude jedoch nicht belegen. Statt dessen werden sie in der Regel als „magister operis“ oder „magister fabricae“ bezeichnet.2) Es ist außerdem kaum anzunehmen, daß die Zisterzienser des Klosters Schönau dieses Amt einem Laien übertrugen, als der Dibold durch das Epitheton honestus vir gekennzeichnet ist. Eine Bestattung in der Kirche war Handwerkern zudem durchaus möglich, wenn sie über die nötigen finanziellen Mittel verfügten.3) Dibold Ysenhauwer ist also auf jeden Fall Schmied in Schönau gewesen, wo die Schmiede bei der Bestandsaufnahme der Gebäude im Klosterbezirk 1559 eigens aufgeführt wurde.4)
Die Bestattung Dibolds in Ober-Mossau dürfte darauf zurückgehen, daß er von dort stammte, da sich 1464 eine Familie Ysenhauwer in Ober-Mossau nachweisen läßt.5) Ob er am Umbau der Mossauer Kirche in den Jahren 1500 bis 1501 beteiligt war, wie Friedrichs annimmt,6) muß offen bleiben. Allerdings könnte er sich als Stifter an den Baukosten beteiligt und sich auf diese Weise die Bestattung in der Kirche gesichert haben.