Inschriftenkatalog: Stadt Minden
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 46: Stadt Minden (1997)
Nr. 90 St. Marien 1567
Beschreibung
Grabplatte des Pastors Wilhelm Nisius. Sandstein. Die stark abgetretene Grabplatte, die vermutlich 1837 aus dem Kirchenfußboden gehoben wurde, steht heute in der Westecke des südlichen Seitenschiffs. Sie zeigt im Innenfeld in einer Bogennische die Darstellung des Verstorbenen, zu seinen Füßen zwei Wappenschilde, im linken Initialen (A). Im Bogen über der Figur des Geistlichen die Inschrift B; die Inschrift C verläuft auf der Rahmenleiste um den Stein. Die Versenden der umlaufenden Inschrift C sind durch Verspunkte in Form von Rosetten markiert. Die Buchstaben der Inschriften sind erhaben gehauen.
Maße: H.: 210 cm; B.: 108 cm; Bu.: 4,8 cm (A), 3 cm (B), 6 cm (C).
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
W N
- B
CONSERVA DOMINE ECCLESIAM IN PACE
- C
AN(N)O D(OMI)NI · 1567 24 APRIL(IS)NISIVS / HA(N)C VITA(M) FINIVITa) MORTE GWILELMVS ·CVIVS IN HOC TVMVLO MEMBRA SEPVL/TA IACENT ·HIC CHRISTI POPVLO TER / TRIB(VS) PRAEFVIT ANN[IS ·]QVEM DOCVIT VERAM CVM PIETATE FIDEM
Übersetzung:
Herr, erhalte die Kirche in Frieden. (B)
Im Jahr des Herrn 1567 am 24. April hat Wilhelm Nisius dieses Leben mit dem Tod beendet, dessen Glieder in diesem Grab beigesetzt liegen. Dieser stand dreimal drei Jahre dem Volk Christi vor, das er mit Frömmigkeit den wahren Glauben gelehrt hat. (C)
Versmaß: Elegische Distichen (C).
Nisius1) | ?2) |
Textkritischer Apparat
- FINIVIT] finuit St. Marien.
Anmerkungen
- Wappen Nisius (zwei sich auf einem Hügel gegenüberstehende Vögel).
- Wappen ? (Vogel mit Fisch im Schnabel).
- Matrikel Wittenberg, Bd. 1, S. 319b,18.
- Vgl. Bünemann, Initia Reformationis (unpaginiert); Schlichthaber, Kirchengeschichte, Teil 2, S. 120f.; Vieth, Marienkirche, S. 140; St. Marien, S. 98.
- Stupperich in: Dom und Rathaus, S. 205.
Nachweise
- Bünemann, Initia Reformationis (unpaginiert).
- Schlichthaber, Kirchengeschichte, Teil 2, S. 191.
- Wilms, Geschichte, S. 33, Anm. 64.
- Vieth, Marienkirche 1954, S. 140.
- St. Marien, S. 98.
Zitierhinweis:
DI 46, Stadt Minden, Nr. 90 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di046d003k0009006.
Kommentar
Wilhelm Nisius immatrikulierte sich im Juni des Jahres 1556 an der Universität Wittenberg.3) Im Jahr 1558 wurde er Pastor an der Marienkirche. In der Literatur wird selbstverständlich davon ausgegangen, daß Wilhelm Nisius der Sohn des Albert Nisius (vgl. Nr. 84) war und als Pastor die Nachfolge seines Vaters antrat.4) Setzt man jedoch voraus, daß Wilhelm Nisius sich etwa im Alter von zwanzig Jahren an der Universität Wittenberg immatrikulierte, so müßte er um das Jahr 1536 herum geboren sein. Wenn es stimmt, daß Albert Nisius ein Alter von 110 Jahren erreicht hatte, als er 1557 verstarb, so müßte er als etwa Neunzigjähriger noch einen Sohn gezeugt haben. Er käme dann als Vater des Wilhelm wohl kaum in Betracht, sondern nur als dessen Großvater. Offenbar hat man sich bisher gescheut anzunehmen, daß der Pfarrer Albert Nisius bereits wesentlich vor der Einführung der Reformation in der Stadt Minden Vater geworden sein könnte. So setzt Stupperich eine Heirat des Albert Nisius, die sich anhand von Quellen nicht belegen läßt, um das Jahr 1530 an.5) Als andere Möglichkeit kommt in Betracht, daß das Geburtsdatum des Albert Nisius falsch überliefert und dieser in wesentlich jüngeren Jahren gestorben ist, als die Überlieferung bezeugt, das hohe Lebensalter also nur auf einer Legende beruht.