Inschriftenkatalog: Stadt Minden
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 46: Stadt Minden (1997)
Nr. 89 St. Simeonis 1565
Beschreibung
Epitaph des Bürgermeisters Rudolf Vogt. Sandstein. Das Epitaph hängt im Innern der Kirche an der südöstlichen Wand vor dem Chor. Im Mittelteil unter einem von Pfeilern getragenen Bogen ein Relief, das den auferstehenden Christus mit Kreuzfahne und zum Segen erhobener Rechter zeigt. Vor dem Sarg kniet links der Verstorbene mit zwei Söhnen, rechts die Ehefrau mit einer Tochter; zu Füßen des Ehepaars je ein Wappenschild. Auf den das Epitaph seitlich begrenzenden Pfeilern Rankenwerk; oben in den Bogenzwickeln zwei Engelsköpfe; in der Mitte des Bogens ebenfalls ein Engelskopf, durch den die im Bogen verlaufende Inschrift A unterbrochen wird. Die Inschrift B befindet sich auf einer Tafel unterhalb des Mittelteils. Den oberen Abschluß des Epitaphs bildet ein rundbogiger Giebel mit Rollwerk, darin ein Wappenschild. Die Buchstaben der Inschriften sind erhaben gehauen.
Maße: H.: 305 cm; B.: 135 cm; Bu.: 3,3 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
EGO SVM RESVRRECTIO VIA VERITAS ET VITA1)
- B
EPITAPHIV(M) PRVDENTISS(IMI) VIRI RODOLPHI VOGET CO(N)S(VLIS) MI(N)/DE(N)SIS QVI OBIJT · A(NN)O D(OMI)NJ · 1565 · DIE PETRI (ET)a) PAVLI AP(OSTO)LO(RVM)2) · /QVI MVLTOS REXIT CIVES GRAVITATE PER ANNOS /CONSVL · IN HOC ARCTO CONTEGITVR TVMVLO · /SED NON SOLVS · AT HIC VNA CVM CONIVGE DORMIT /CVMQ(VE) TRIBVS GNATIS · MAGNE RODOLPHE IACES · /POST BIS QVINQ(VE) ANNOS VITAE · POST LVSTRA DECEMQ(VE) /MORS TVLIT EXTINCTVM · MENS VIDET IPSA DEV(M) ·
Übersetzung:
Ich bin die Auferstehung, der Weg, die Wahrheit und das Leben. (A)
Epitaph des sehr klugen Herrn Rudolf Vogt, des Mindener Bürgermeisters, der im Jahr des Herrn 1565 am Tag der Apostel Petrus und Paulus starb. Der Bürgermeister, der die Bürger viele Jahre lang mit Würde regiert hat, wird von diesem engen Grab bedeckt. Aber nicht allein, sondern vereint mit seiner Gattin schläft er hier, und mit drei Kindern liegst du, großer Rudolf, tot darnieder. Nach 60 Lebensjahren hat ihn der Tod ausgelöscht und hinweggenommen, die Seele selbst erblickt Gott. (B)
Versmaß: Elegische Distichen (B).
Vogt3) | |
Vogt3) | Bredemeier4) |
Textkritischer Apparat
- Tironisches ET.
Anmerkungen
- Nach Io. 11,25 u. 14,6.
- 29. Juni.
- Wappen Vogt (zwei voneinander abgewendete Straußenfedern).
- Wappen Bredemeier (neun Rosen 3:3:3). Vgl. KAM, Wappenkartei.
- Vgl. KAM, Stadt Minden B, Nr. 764, u. Nordsiek, Simeonsstraße, S. 26.
- Vgl. Nordsiek, Glaube und Politik, S. 34.
Nachweise
- Niemann, St. Simeon, S. 48.
Zitierhinweis:
DI 46, Stadt Minden, Nr. 89 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di046d003k0008907.
Kommentar
Die Inschriften des Epitaphs sind in einer sehr qualitätvollen Kapitalis ausgeführt, die der Inschrift auf dem steinernen Sturz Nr. 95 entspricht und auf die Herkunft beider Stücke aus derselben Bildhauerwerkstatt schließen läßt (zu den besonderen Merkmalen vgl. die Einleitung, S. XXVII). Die in der Inschrift B verwendeten hochgestellten Punkte haben hier die Funktion von Satzzeichen. Sämtliche I der Inschrift B tragen i-Punkte. Innerhalb der auf der Tafel stehenden Grabinschrift läßt sich ein Wechsel der Schriftform feststellen. Der Sterbevermerk in Prosa ist in einer senkrecht auf der Grundlinie stehenden Kapitalis ausgeführt, die darauf folgenden Verse in einer leicht rechtsgeneigten Kapitalis.
Rudolf Vogt amtierte in der Zeit von 1545 bis 1560 mehrfach als Bürgermeister der Stadt Minden.5) Verheiratet war er mit Ilse Bredemeier. Im Jahr 1548 erbaute er das Haus Simeonskirchhof 4, an dem sich dasselbe Wappen befand wie auf seinem Epitaph. Vogt übte das Amt des Bürgermeisters während des Schmalkaldischen Krieges aus. Als die von kaiserlich-katholischen Truppen belagerte Stadt im Jahr 1547 kapitulieren mußte, übergab er die Stadtschlüssel.6)