Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 329 Steingaden, Pfarrhof 1646/2. H. 17. Jh.

Beschreibung

Votivinschrift des Abtes Augustin Bonenmayr (1645–1674) auf einem Ölgemälde. Im Depot. Ursprünglich in der Wallfahrtskirche Mariae Heimsuchung in Ilgen. Ölgemälde. Das Bild ist in drei Zonen geteilt, im oberen, den Himmel repräsentierenden Teil das Gnadenbild von Ilgen, auf beiden Seiten von Heiligen umgeben und von Engeln umschwebt. Links Johannes der Evangelist und Johannes der Täufer durch Lamm und Spruchband mit Inschrift (I) gekennzeichnet, auf der rechten Seite der Hl. Norbert und der Hl. Augustinus mit aufgeschlagenem Buch, auf dessen beiden Seiten Auszüge aus der Augustinerregel (II). Unterhalb des Gewandes der Madonna Engel mit Wappenpanelen. In der mittleren Zone vor der hügeligen Umgebung links Abt Augustin Bonenmayr, hinter ihm ein Chorherr mit seinen Insignien, rechts ein kniender Prämonstratenser Chorherr, umringt von weiteren Chorherren, mit einem Modell der Klosteranlage. Von den knienden Personen gehen Anrufungen in lateinischer Sprache an die Madonna aus (III), die rechte in Spiegelschrift.

Unten gemalte, querrechteckige, beidseitig abgerundete Schrifttafel in reich verziertem Rahmen; auf ihr links Stifterinschrift (IV), rechts auf einem kleineren Abschnitt der Schrifttafel, der durch einen gemalten floralen Stab abgeteilt ist, Aufzählung der zerstörten Teile des Klosters (V). Unten Spruch (VI). Renoviert. Die Texte aus der Augustinerregel im aufgeschlagenen Buch (II) neu gestaltet, übrige Inschriftentexte original, lediglich einzelne Buchstaben nachgezogen.

Maße: H. 180 cm, B. 112 cm, Bu. 0,6 cm (I), 0,5 cm (II), 1 cm (III), 1–1,3 cm (IV, V, VI).

Schriftart(en): Kapitalis (I, III, VI), Antiqua (II), Fraktur (IV, V).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

I.

  1. ECCE AGNVS DEI ·

Übersetzung:

Siehe das Lamm Gottes.

II. linke Buchseite:

  1. Antea) omnia / fr(atre)s Carissi/mi diligatur / Deus deinde / proximus .

Übersetzung:

Vor allem, liebste Brüder, soll Gott geliebt werden, dann der Nächste.

rechte Buchseite:

  1. Primum P(ro)p(ter) quod / in unum estis con-/gregati, ut vnami-/mesb) habitetis et sit / vobis anima una

Übersetzung:

Zunächst seid ihr deswegen versammelt, daß ihr einmütig seid und in Euch ein Geist sei.

III. linker Strahl:

  1. SVB TVVM PRAESIDIVM KONFVGIMVSc)

Übersetzung:

Unter deinen Schutz fliehen wir.

rechter Strahl (in Spiegelschrift):

  1. TVO FILIO COMMENDA

Übersetzung:

Empfiehl uns deinem Sohn.

IV.

  1. ANNOd) Christi 1 · 6 · 46 , Den 24 NOVEMBRISd) Bey // Erstene) Jahrs Regierung Des Hochwirdigen / In Gott Herren, Herren AVGVSTINId) Abbten, Vnd Dazumahlen in 17. Geistlichen Herren oder Canonicis 15 et duobus f(ratribus) Laicisf). Stehenden / Geistlich Welliche alle von 16 vnd 17. Sept(embris) gemeltn Jahrs annoch Exilierten Ist als beede Französ(ische) vnd Schwedische Armeen am Lech gegen dem gebierg / Zugangen durch feindtliche Flam(m) (Nach vergehender ausspolierung)g) des lobl(ichen) Gottshaus Staingaden. grosser vnd vornembster thaill Als N 1 · 2 · 3 · 4 · 5 6 · 7 · 8 · 9 · / Zusechen in die Äschen gelegt anders aber was vberig. wunderbarlich Ohne Menschliche Rettung erhalten worden.

V.

  1. Verprendte ohrt / 1 Abbtey. 2 . 3 · 4 · 5 · das Conven(t) / 6 . Bibliotheckh . 7 . Abseitten Tachung / der Khloster Khirchen gegen Mitag . / 8 . Khirchen Tachung ob dem Chor / 9 Thail von der Khuchen

VI.

  1. TEd) PROTECTRICEM COLIMVS O · MARIAh) / SEDd) SERVA PORRO NOS, ET NOSTRA, QVAE SERVATA TIBI TVOQ(VE) FILIO SVPPLICES TRIBVIMVSi) OFFERIMVS COMMENdam(us)j)

Übersetzung:

Dich verehren wir als Beschützerin o Maria. Aber bewahre uns fernerhin, und unser Gut, das bewahrt worden ist, widmen wir und bringen wir als Schutzflehende dir und deinem Sohn dar und vertrauen es dir und deinem Sohn an.

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Io 1,29; (I)
  • Regula Augustini, Prolog I,2; (II)
  • Hymnus: Sub tuum praesidium. (III)
 
Wappen:
Bonenmayr / Steingaden1), Steingaden2).

Kommentar

Es kann nicht als sicher gelten, daß das Votivbild noch aus dem Bearbeitungszeitraum stammt. Da bisher noch keine Edition des Textes vorliegt und eine Anfertigung vor 1650 auch nicht ganz ausgeschlossen werden kann, wird es hier geboten.

August Bonenmayr stammte aus Aichstetten (Lkr. Ravensburg, Baden-Württemberg). Er wurde am 20. November 1645 zum Abt des Klosters Steingaden gewählt. In der letzten Phase des Dreißigjährigen Krieges, am 24. November 1646, wurde das Kloster Steingaden durch schwedische und französische Truppen zerstört. Bonenmayr stellte in seiner Amtszeit das Kloster nach den Zerstörungen wieder her. Er resignierte am 20. April 1674 als Abt und verstarb am 12. April 16773).

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe in roter Farbe.
  2. Sic! Möglicherweise verdorben, lies unanimes.
  3. Sic!
  4. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  5. Zeile durch Engelskopf des Rahmens unterbrochen.
  6. Sic! Abschnitt in Latein; f(ratres) durch ff gekürzt.
  7. Diese schließende und die vorherige öffnende Klammer im Text.
  8. Zeile zentriert; es folgt ein vegetabiles Ornament.
  9. Zweites V mit Balken in mittlerer Höhe.
  10. Letzte Buchstaben in Minuskelschrift.

Anmerkungen

  1. Quadriert (nur untere Hälfte dargestellt), 3 Bonenmayr (Zimmermann, Klosterheraldik 154), 4 Steingaden Klosterwappen (Zimmermann, Klosterheraldik 155), Herzschild: Steingadener Nebenwappen mit Johannishaupt (Zimmermann, Klosterheraldik 155).
  2. Quadriert (nur untere Hälfte dargestellt), 3 Steingaden zweites Klosterwappen (Zimmermann, Klosterheraldik 155), 4 Steingaden Klosterwappen (Zimmermann, Klosterheraldik 155).
  3. Pörnbacher, Steingaden Festschrift 58 und Hofmann, Stift Steingaden 29f.

Nachweise

  1. PfA Steingaden F: II, 5; Hofmann, Steingadener Chronik 1, 64.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 329 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0032901.