Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Landkreises Weilheim-Schongau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 84: Lkr. Weilheim-Schongau (2012)

Nr. 145 Weilheim, Stadtmuseum um 1562

Beschreibung

Gebote auf Steinätztafel. Im Depot (Inv. Nr. Ha 514). Provenienz unbekannt. Kalkstein, erhaben geätzte Inschrift. Reich ornamentierter Flechtwerkrahmen, oben durch zwei Bögen abgeschlossen. Der Rahmen teilt die Tafel in zwei kolumnenförmige Felder – die Gesetzestafeln andeutend – und ein unteres querrechteckiges Feld. In den oberen Ecken der Tafel, den Bögen der Rahmen folgend, Inschrift (I), im Zwickel zwischen den beiden Bögen Jesusmonogramm (II). In den beiden Rahmen im oberen Bereich links und rechts in größerer Fraktur das neutestamentliche Doppelgebot in mehreren Zeilen untereinander angeordnet (III). Dazwischen in kleinerer Schrift die Zehn Gebote des Alten Testaments (IV). Darunter in dem abgetrennten querrechteckigen Feld im unteren Viertel der Tafel in zwei voneinander nicht abgetrennten Kolumnen jeweils eine Zusammenfassung der oberen Texte (V); am unteren Rand dieses Schriftfeldes, in der linken und in der rechten Ecke je dasselbe Künstlermonogramm (VI).

Maße: H. 36 cm, B. 28 cm, Bu. 0,5 cm (IV, V), 1 cm (I, III, VI), 1,5 cm (II).

Schriftart(en): Fraktur.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

I. In den oberen Ecken der Tafel

  1. Hatt Die gebot, // Gebeut dir gota),

II. Oben in der Mitte.

  1. IE(SU)Sb)

III. Zwischenzeilen

  1. Das Erstc) / Gott = / Deinen = / Herrn = / Genntzlichd) = // Das anderc) / Deinen = / Negsten = / Alls = / Dich =

IV.

  1. Lieb · hoff · vnd glaub in eine(n) got Den anbet · vnd behallt seine gebote) · Des namen hab allzeit in Eern nit vnutzlich soltu bei im schwerne) Feirtag · heilig · Vleissigklich Gott zue lob · mit andacht diemue/=tigklichf) die dir vorsteen · vnnd die dich leern vatter · vnnd mueter · die soltu Eerne) behalt in deiner Gedecht Niemandt soltu tödten wider rechtd) // Vnd es sey dann dein eelich man / oder weibg), Nit vnkeusche du · mit keinem andern / treibf), gleichen den got Erschaffen hat · Als / dichg) nicht nime im sein guet · noch eere vn=/rechlichh) durch lib · gab · feindtschafft · od(er) pein nicht soltu · falscher zeug · noch Rich/=ter seinf) . zu vnkeuscheit · oder anndern vnern nit soltu deines negste(n) gmahels begerne) mensch verlaße ich nit spricht gott · nit begere vnrechts guets, halt die ge=/=bott.

V. Unteres Schriftfeld, links

  1. Darumbc). Lieb got deinen Herrn genntzlich · Vmb sein selbst willen enndtlich · Da er ist vnnd bleibt Ewigklich · Das allerhöchst guet vnaussprechlich

Unteres Schriftfeld, rechts

  1. Darumbc). Lieb deinen negsten als dich · Vmb gots willen Bruederlich · Der in beschaffen · vnd erlöst hat · als dich · Vnnd beruefft · mit im zu leben Ewigklich . Ameni) .

VI. Unteres Schriftfeld, linke Ecke

  1. S(ixtus) L(öblein)j)

Unteres Schriftfeld, rechte Ecke

  1. S(ixtus) L(öblein)j)

    Bibel- und Schriftstellerzitat(e): Nach Ex 20,3–17; (IV) nach Lk 10,27. (V)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel L.

Das Künstlermonogramm ist dasselbe, das sich auch auf der Weilheimer Ratstafel (Nr. 143) befindet; es weist das Stück als ein Werk des Steinätzers Sixtus Löblein aus. Die Ratstafel ist auf 1562 datiert, weshalb die Tafel mit den Zehn Geboten auch aus dieser Zeit stammen dürfte. Ob sie ebenfalls für das Weilheimer Rathaus gefertigt wurde, ist leider unbekannt, da es zur Herkunft der Tafel keinerlei Informationen gibt. Es könnte sein, daß diese Tafel ein deutsches Pendant zur lateinischen Tafel darstellte. Für andere Ratstafeln (z.B. in Ingolstadt/OB.) sind solche deutschen Pendants mit Hinweisen zur rechten Lebensführung überliefert, die einen Zusammenhang der beiden Tafeln möglich erscheinen lassen. In den Städtischen Sammlungen in Augsburg findet sich eine fast textidentische Tafel, die aus der Augsburger Ehegerichtsstube stammt und ebenfalls durch Sixtus Löblein gefertigt wurde1).

Textkritischer Apparat

  1. Schrift links und rechts in der Ecke.
  2. IHS gekürzt.
  3. Oben, am Beginn der Kolumne, in etwas vergrößerter Schrift.
  4. Wechsel zur rechten Kolumne.
  5. Es folgt eine Zwischenzeile, vgl. III.
  6. Fortsetzung des Textes unter der Zeile am rechten Rand; es folgt eine Zwischenzeile, vgl. III.
  7. Fortsetzung des Textes unter der Zeile am rechten Rand.
  8. Sic! Fortsetzung des Textes unter der Zeile am rechten Rand; es folgt eine Zwischenzeile, vgl. III.
  9. Zentriert unter beiden Kolumnen.
  10. S und L verschränkt.

Anmerkungen

  1. Kieslinger, Hans Ostermair 97f.

Zitierhinweis:
DI 84, Lkr. Weilheim-Schongau, Nr. 145 (Manfred Merk), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di084m015k0014508.