Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 284 Ortenburg, ev. Pfk. (Marktkirche) (1579)

Es wurde ein Nachweis zu Chyträus ergänzt.

Beschreibung

Gedenkinschrift zur Einführung der Reformation auf einer Tafel. Innen, Sakristei. Ursprünglich im Chor der Kirche St. Andreas in Holzkirchen, 1586 bei der Rekatholisierung ausgebrochen und zunächst nach Vilshofen verbracht1); bereits 1719 (Cyprian, Hilaria Evangelica) in der Sakristei der Marktkirche Ortenburg. Hochrechteckige Tafel mit zentrierter Inschrift und Beschlagwerkrahmen. Kalkstein schwarz oder schwarz eingefärbt (Tafel), Sandstein (Rahmenelemente). Vorgezeichnete Linierung erkennbar.

Maße: H. 110 cm, B. 88 cm, Bu. 1 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. AETERNOa) LVMINVM / PATRI / CVM TVAE SINT DELICIAE QVI TRINVS / ET VNVS ES / VICARIORVM OPERARIORVMQ(VE) TVORVM / CASTIS PIISQ(VE) COETIBVS / INTERESSE / QVAECVNQVE IOACHIMVS COMES / ORTENBVRIVS SSb). EVANGELIIc) / TVI CONCEPERAT / SEMINA SVAE QVOQ(VE) A TE DEORVM DEO FIDEI / COMMISSORVM ANIMIS / INSERTVRVS / HOCCE TEMPLVM A SVPERSTIT(IONE) REPVRG(VIT) / NON TIBI / QVEM NEQ(VE) VNIVERSI CAPIT / MACHINA / SED CHRISTI TVI ANTE AN(NO) M D LXIIId) / PRO SAL(VTE) MORTALIVMe) IMMOLATI / PRECIOSO LVSTRATISe) / SANGVINE / VERITATIS ET VIRT(VTIS) ERGO / PATEFECIT / DECENNIOQ(VE) POST QVAM EVERRVNCARI / COEPERAT / MVLTIS INTEREA ET VITAEe) ET FORT(ITVDINIS) / CVM DOMI TVM IN EXILIO / EXANTLATISe) PERIC(VLIS) / IN SINCERAE REL(IGIONI) ASCETERIONe) / PERPETVVM / DVM TV VETVSTAE COMITVM / ORTENBVRG(ENSI) GENTI / SVBIECTISQ(VE) POPVLIS FAVEAS / PROPITIVS / DEVOTA GRATAQ(VE) MENTE / CONSECRAVIT

Übersetzung:

Dem ewigen Vater der Lichter. Da es Dir gefällt, der Du Dreieinig bist, den reinen und frommen Zusammenkünften deiner Stellvertreter und Arbeiter beizuwohnen, hat Joachim, Graf von Ortenburg, weil er die Samen deines Hl. Evangeliums, die er selbst angenommen hat, auch einpflanzen wollte in die ihm von Dir, Gott der Götter, anvertrauten Seelen, hat er diesen Tempel vom Aberglauben gereinigt. Nicht Dir, den nicht einmal das Weltall fassen kann, sondern dem wertvollen, sühnenden Blut deines vor 1563 Jahren geopferten Christus, der Wahrheit und Tugend geöffnet und ein Jahrzehnt später, als er die Reinigungsarbeit begonnen hat, nachdem er in der Zwischenzeit viele Gefahren sowohl des Lebens als auch der Tapferkeit, sowohl daheim als auch im Exil ertragen hatte, zu einer dauerhaften Übungsstätte der ernsthaften Religion mit treuergebenem und dankbarem Geist geweiht. Damit Du dem alten Geschlecht der Grafen von Ortenburg und seinen Untertanen gewogen seist.

Kommentar

Die 1579 durch Rechnung datierte Tafel wurde von Hans Pötzlinger gefertigt2). Sie war ursprünglich nicht für Ortenburg, sondern für die Kirche in Holzkirchen bestimmt. 1573 wurde die Kirche St. Andreas in Holzkirchen, die mit der Pfarrei Steinkirchen uniert war, von Graf Joachim als zweite Pfarrkirche dem evangelischen Kultus übergeben3). Nach der Rekatholisierung Holzkirchens 1586 wurde die Tafel zunächst nach Vilshofen und erst zu einem späteren Zeitpunkt, vor 1719, als Cyprian sie bereits dort vorfindet, nach Ortenburg verbracht und fand ihren heutigen Ort in der Sakristei. Dies erklärt sowohl den ungewöhnlichen Aufstellungsort in einem nicht allen zugänglichen Raum als auch die Datierungen im Inschriftentext, die mit der Reformation der Ortenburger Marktkirche nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.

Textkritischer Apparat

  1. Vergrößerte Anfangsbuchstaben bei tragenden Worten.
  2. Auflösung unsicher entweder s(acro)s(ancti) oder SS-Kürzung für Superlativ s(anctissimi).
  3. Nur ein nach oben verlängertes I, wohl als Nexus litterarum für zwei I.
  4. M und D als neulateinische Zahlzeichen.
  5. T in der Wortmitte vergrößert.

Anmerkungen

  1. Vgl. Theobald, Graf Joachim 132.
  2. Vgl. Dinzinger, Hans Pötzlinger 160-162.
  3. Theobald, Graf Joachim 132, 150.

Nachweise

  1. Cyprian, Hilaria Evangelica 1, 515; Chyträus, Variorum 334f.; Mehrmann, Geschichte 100; Theobald, Graf Joachim 132.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 284 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0028403.