Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 234 Aldersbach, Pfk. Mariä Himmelfahrt (ehem. Zisterzienserabteik.) 1552

Beschreibung

Gedenkinschrift anlässlich der Wahl des Abtes Bartholomäus Madauer, auf einer figuralen Tafel. Innen, Kapellenkranz, Südseite, erste Kapelle von Westen, Nordwand. Hochrechteckige Platte, im oberen Bereich Relief Abt als Halbfigur in Kukulle mit Birett und geschlossenem Buch in beiden Händen, unter Rundbogen, in den Zwickeln je eine Wappenkartusche, im unteren Teil der Platte Gedenkinschrift in Rollwerkrahmen. Kalkstein, Inkrustation im Klosterwappen Rotmarmor.

Maße: H. 150 cm, B. 93 cm, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. ANNOa) D(OMI)NI . M D LII . VNDECIMOb) DIE MENSISa) IV=/LY . FRATER BARTHOLOMEVSc) MADAVERd) EX OPPIDOe) / MVNSTERa) ORIVNDVSf), IN PASTOREM HVIVSg) COE=/NOBYh) ELIGITVRi), PRAESIDEj) LOCOk) VISITATORISl) DOMINOm) / LAVRENTIOn) DE CELLAo) PRINCIPVMp), ET D(OMI)NO ANDREAq) / S. VITI TANQVAM ASSESSORE ABBATIBVS

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1552, am elften Tag des Monats Juli, wurde Bruder Bartholomäus Madauer, aus der Stadt Münster1) stammend, zum „Hirten“ dieses Klosters gewählt unter dem Vorsitz des Herrn Laurentius von Fürstenzell an der Stelle eines Visitators und des Herrn Andreas von St. Veit, gleichsam dem Beisitzer der Äbte.

Wappen:
Kloster Aldersbach2), Abt Bartholomäus Madauer3).

Kommentar

Die Kapitalis fällt besonders durch ihre reiche Verwendung von Nexus litterarum und Enklaven auf. Solche Stilmittel kommen bei der Kapitalis eher nicht so häufig zum Einsatz. Es konnte aber in der Stadt Passau rund drei Jahrzehnte früher ein Kapitalis-Typ beobachtet werden, der ebenfalls sehr viele Nexus litterarum und Enklaven zeigte. Ähnlich wie auch bei dem Passauer Typ finden sich an den oberen Enden des M und N kleine Dreiecke, nicht aber bei A, das für die Passauer Inschriftengruppe maßgebend ist4).

Bartholomäus Madauer war der 35. Abt des Klosters Aldersbach. Er stammte aus Rotthalmünster und war Sohn eines Metzgers. Er trat 1533 in Aldersbach ein, wurde von seinem Mentor Abt Wolfgang Marius (vgl. Nr. 224) zum Studium nach Heidelberg geschickt und interessierte sich besonders für mathematische und astronomische Fragen. 1552 wurde er zum Nachfolger von Johannes Zanker (vgl. Nr. 233) gewählt. Madauer hatte keine gute Hand in der Klosterleitung, er galt den Zeitgenossen als Verschwender. Als 1572 dann auch noch die Pest ausbrach, blieb Madauer mit einem weiteren Konventualen allein im Kloster zurück. Madauer geriet zudem in den Verdacht, mit der neuen Lehre zu sympatisieren5). 1577 wurde er abgesetzt und lebte bis zu seinem Tod 1578 in einem Haus des Klosters in Vilshofen. Er wurde in Aldersbach beigesetzt. Die hier edierte Platte stellt eine Gedenkinschrift zur Wahl Madauers dar. In der Literatur wird sie irrtümlich meist als Grabdenkmal angeführt, ein heute verlorenes Grabdenkmal ist jedoch überliefert (vgl. Nr. 282†). Der hier gebotene Text enthält keinerlei Hinweis auf ein Totengedenken. Thema der Inschrift ist die Wahl Madauers; als Vorsitzender der Wahl wird Abt Laurentius I. Perger von Fürstenzell benannt6). Schwierigkeiten macht die Identifizierung des Beisitzers der Äbte: Bisher wurde der genannte Andrea Sancti Viti mit dem Abt Andreas Kirchisner, Abt des Benediktinerklosters St. Veit in Neumarkt a. d. Rott, identifiziert7). Ein Benediktinerabt von zweifelhaftem Ruf scheint jedoch als Beisitzer visitierender Zisterzienseräbte schwer vorstellbar. Vermutlich ist der genannte Beisitzer mit einem Zisterzienser namens Andreas zu identifizieren.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. Anfangsbuchstabe vergrößert; E in D eingestellt, I in C eingestellt.
  3. Zweites O über L-Balken. AR und TH-Nexus litterarum.
  4. Zweites A in D eingestellt.
  5. Erstes P in erstes O eingestellt.
  6. Zweites V in D eingestellt.
  7. I zwischen den beiden V verkleinert.
  8. B in zweites O eingestellt.
  9. L verkleinert über unterem E-Balken, zweites I in G eingestellt.
  10. Zweites E in D eingestellt.
  11. Erstes O in L eingestellt.
  12. Zweites I verkleinert.
  13. Erstes O in D eingestellt.
  14. A in L eingestellt, N und I verkleinert auf Zeilenmitte.
  15. Zweites L über Balken des ersten L.
  16. Zweites I in C eingestellt.
  17. R in D eingestellt.

Anmerkungen

  1. Alter Ortsname von Rotthalmünster. Vgl HAB Altbayern I, 19 (Griesbach) 83ff.
  2. Zimmermann, Klosterheraldik 32.
  3. Die Buchstaben A und B (A(BBAS) B(ARTHOLOMÄUS)) als Nexus litterarum; Zimmermann, Klosterheraldik 33 belegt ein anderes Wappen für Madauer.
  4. Vgl. hierzu DI 67 (Stadt Passau) LI.
  5. Vgl. dazu Kaff, Volksreligion 188f.
  6. Vgl. DI 80 (Landkreis Passau I) Nr. 100†.
  7. Zur Abtei St. Veit vgl. Hartig, Oberbayerische Stifte I, 64-68, zur Identifizierung Andreas zuletzt Högg, Aldersbach Nr. 15.

Nachweise

  1. Kdm NB XIV (Vilshofen) 45; Bassermann-Jordan, Abt Bartholomäus 75, Abb. 75; Högg, Aldersbach Nr. 15.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 234 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0023408.