Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 191 Vilshofen, Kirchplatz 13 (ehem. Schwarzensteinerkap.) 1519

Beschreibung

Sterbeinschrift für Wolfgang von Schwarzenstein und seinen Bruder Andreas von Schwarzenstein auf dem Fragment einer Wappengrabplatte. Bei der Erstaufnahme 2003 innen, Erdgeschoß, Raum der ehemaligen Schwarzensteinerkapelle, Ostwand. Ursprünglich wohl bereits in dieser Kapelle, genauer Standort jedoch unbekannt. Hochrechteckige Platte, in der Mitte Relief zwei Wappen unter einem Helm in oben dreipassförmigem Medaillon; in den oberen Ecken je ein rundes Medaillon mit Wappenschild, darüber Beischriften (III); im oberen Teil der Platte, zwischen den oberen Wappenmedaillons, Inschrift (I), die unteren Zeilen um den Kielbogen des zentralen Wappens; im unteren Teil, unter dem Zentralrelief, zweite Inschrift (II). Rotmarmor. Unterer Rand der Platte abgeschnitten, oben in der Mitte der Platte Oberfläche beschädigt, Textverlust sowie wahrscheinlich Bildverlust: im abgeschnittenen Teil fehlen mutmaßlich Wappenmedaillons.

Maße: H. 156 cm, B. 94 cm, Bu. 5 cm (I, II), 3,5 cm (III).

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

  1. I.

    An(n)o [d(omi)ni 1]512 ∙ / Die ∙ 2̣9̣ ∙ May ∙ / ∙ O(biit) ∙ ven(erabi)lisa) nobilis (et)b) Excellens ∙ / vir ∙ d(ominus) ∙ Bolfgang(us)c) de swarcze(n)stain / ∙ v(triusque) ∙ J(uris) ∙ doctor Can(oni)c(us) (et)b) Archidiacon(us) / pat(aviensis) aput Maio//resd) suos hic se/pult(us) cui(us) // a(n)i(m)ad) Deo / viuate)

  2. II.

    Ḥịef) ligt begraben der Edel vn(d) / vest Andre von Swarczenstain / Zu Furstenstain gestorb(e)n Am ∙ 21 ∙ / tag Mạrcy Jm 1519̣g) ∙ / [---]

  3. III. Wappenbeischriften:

    ∙ Eglofstain1) ∙ // ∙ preising2)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1512 am Tag … Mai starb der ehrwürdige, edle und vortreffliche Mann, Herr Wolfgang von Schwarzenstein, beider Rechte Doktor, Kanoniker und Archidiakon zu Passau, der bei seinen Vorfahren hier beerdigt wurde. Seine Seele lebe bei Gott! (I)

Wappen:
Schwarzenstein3).

Kommentar

Anhand der Schriftanalyse muss das Stück dem Passauer Bildhauer Jörg Gartner und seiner Werkstatt zugeschrieben werden. Die bereits eher gestreckten Buchstabenkörper und schon erkennbaren Sporen an den oberen Schaftenden lassen die Inschrift in eine spätere Schaffensperiode des Meisters setzen und machen daher die Entstehungszeit um 1519 wahrscheinlich4).

Wolfgang der Schwarzensteiner zu Englburg war ein Sohn des Ritters und bayerischen Hofmeisters Andreas (III.) des Schwarzensteiners und seiner zweiten Ehefrau Anna, geb. Egloffstein. 1484 immatrikulierte er sich als Passauer Kanoniker an der Hohen Schule in Ingolstadt5). 1506 und 1507 war er Offizial ob der Enns und wird ab 1508 als Senior des Domkapitels bezeichnet, daneben war er oberster Kellermeister und passauischer Offizial in Wien6).

Krick nennt als Todesdatum den 8. Oktober 1511. Wolfgang von Schwarzenstein stiftete zum Fest der Translatio des Hl. Wolfgang am 7. Oktober eine Historia, daher wurde seine Memoria wohl am 8. Oktober begangen, woraus Krick falsch schloss, er sei zu diesem Datum gestorben7). Das in der Grabinschrift überlieferte Todesdatum dürfte richtig sein.

Andreas (IV.) von Schwarzenstein war wohl ein jüngerer Bruder des Wolfgang8). Er lebte unverheiratet auf Fürstenstein9) und vererbte diesen Familiensitz an seinen Bruder Sigmund10).

Textkritischer Apparat

  1. Endung -lis hochgestellt.
  2. Tironisches et.
  3. Betazismus: B statt W.
  4. Zeile durch den oberen Teil des Kielbogens unterbrochen.
  5. Letzte Zeile rechts vom Wappenmedaillon.
  6. Möglicherweise davor H-Versal mit Zierbogen.
  7. Letzte Zeile zentriert, vielleicht verlorenen Wappenmedaillons ausweichend, nur die oberen Abschnitte der Buchstaben sichtbar.

Anmerkungen

  1. Siembacher Bay 9. Wappen der Mutter Anna, geb. Egloffstein.
  2. Siembacher Bay 19 (Stammwappen). Wappen der väterlichen Großmutter Margaretha von Preysing.
  3. Siembacher BayA1 179. Zwei Schilde jeweils mit dem Schwarzensteinerwappen unter einem gemeinsamen Helm.
  4. Zur Schrift bei Jörg Gartner vgl. besonders Epp, Epigraphische Minuskel 173–183.
  5. Vgl. Pölnitz, Matrikel Ingolstadt I, 1484, 132,38 (am 18. Juli 1484), wo er seinen Doktor erwarb ist nicht bekannt.
  6. Krick, Domstift 52, 215 (52 als Offizial in Wien unter der Enns, 215 als Offizial ob der Enns bezeichnet) und Krick, Stammtafeln Nr. 165; kurz auch Hundt, Stammenbuch II, 289, er nennt als Sterbejahr ebenfalls 1511.
  7. Vgl. Karnowka, Breviarium 40, Anm. 285, Wolfgangs Jahrtag wurde an 36 Altären und am Hochaltar des Domes gehalten, vgl. Clm 1848 fol. 60.
  8. Belegt bei Erhard, Topographie 1. Teil, 1. Fortsetzung (1900) 208. Bei Krick, Stammtafeln Nr. 165 fehlt dieser Bruder. Belegt ist ein weiterer Bruder, Georg (†1502), Domherr zu Regensburg.
  9. Vgl. HAB Altbayern I, 29 (Vilshofen) 186.
  10. Sigmund von Schwarzenstein (†1535) ist 1531 als Vicedom von Niederbayern belegt, vgl. Ferchl, Behörden 1032. Grabdenkmal in Straubing, Karmelitenkirche, Alte Sakristei, Nordwand.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 191 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0019109.