Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 182 Aldersbach, Pfk. Mariä Himmelfahrt (ehem. Zisterzienserabteik.) 1514

Beschreibung

Sterbeinschrift für den Abt Johannes Riemer auf einer figuralen Grabplatte. Innen, Bernhardskapelle, Südwand. Hochrechteckige Platte mit Umschrift (I), im Feld Relief lebensgroße Darstellung des Abtes in Messgewand, mit Mitra, Kasel, Brustkreuz und Pontifikalhandschuhen, der Kopf ruht auf einem Kissen, in der Rechten ein offenes Buch, in der Linken Abtsstab mit Pannisellus, über dem linken Arm Manipel mit Fürbitte, Schrift (II) erhaben, zu seinen Füßen links und rechts je ein Wappenschild, der rechte von einem Narren gehalten; Figur unter einem Bogen aus Ast- bzw. Rankenwerk. Teile des linken Wappenschildes inkrustiert, Inkrustation teilweise ausgefallen. Rotmarmor, inkrustierte Teile in Plattenkalk. Oberfläche und Ränder leicht beschädigt, Teile der Inkrustation fehlen.

Maße: H. 255 cm, B. 212 cm, Bu. 5,5 cm (I), 3 cm (II).

Schriftart(en): Gotico-Antiqua (I), Kapitalis (II).

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/3]

  1. I.

    An(n)o D(omi)ni ∙ 1514 ∙ q(ui)nta die Maij O(biit) / venerabilis Jn chr(ist)oa) p(ate)r ac d(omi)n(u)s Joannes ∙ vigesimus secund(us) cenobijb) Alderspacen/sis Abbas predign(us)b) ∙ senio (et)c) morbo / confect(us) ∙ ex hu(ma)nus migrans ∙ corp(us) sub isto mar(m)ore ∙ a(n)imamd) vero sup(er) astra collocauit ∙

  2. II.

    O MATER DEI MEMENTO MEI

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1514, am fünften Tag des Mai, starb der ehrwürdige Vater in Christus und Herr Johannes, der zweiundzwanzigste hochgeehrte Abt des Klosters Aldersbach, als er von Alter und Krankheit geschwächt das menschliche (Leben) verließ, siedelte er den Körper unter diesen Marmor, die Seele jedoch über den Sternen an. (I)

O, Mutter Gottes, gedenke meiner. (II)

Wappen:
Kloster Aldersbach1), Abt Johannes Riemer2).

Kommentar

Die Platte ist eine Arbeit aus der Werkstatt des Passauer Bildhauers Jörg Gartner3). Sie weist das für ihn typische Ast- und Blattwerk in Form von Bäumchen auf. Die Schrift entspricht seinem charakteristischen Gotico-Antiqua-Stil. Daneben tritt hier auch die von Gartner eher selten verwendete Form einer Kapitalis aus dem frühhumanistischen Umfeld auf (vgl. Manipel)4). In der Sterbeinschrift fallen besondere Formen wie e caudata (vgl. cenobij) oder tironisches et auf, die sonst in Inschriften in dem Raum eher selten zu finden sind.

Johannes Riemer wurde 1502 in Fürstenfeld zum Abt von Aldersbach gewählt5). Riemer gilt in der Literatur als Verschwender, er baute eine neue Abtswohnung, die er aber nicht fertigstellen konnte, und errichtete einen neuen Hochaltar in der Klosterkirche6). Die in der Inschrift genannte Einordnung in die Äbtereihe weicht um genau zehn Nummern von der wirklichen Zahl ab7). Riemer wurde vor dem Altar des Evangelisten Johannes beigesetzt8).

Textkritischer Apparat

  1. Nomen sacrum xpo.
  2. e als e caudata.
  3. Tironisches et.
  4. Zweites m in Form eines Schluss-m.

Anmerkungen

  1. Zimmermann, Klosterheraldik 32.
  2. Zimmermann, Klosterheraldik 33, hier fälschlich „Johannes Vigellinus“.
  3. Vgl. Halm, Süddeutsche Plastik I, 230f.; Liedke, Marginalien 58.
  4. Vgl. zur Frühhumanistischen Kapitalis bei Gartner v.a. die figurale Grabplatte für Georg Pernpeck in der Andreaskapelle am Passauer Dom, s. DI 67 (Stadt Passau) Nr. 307, Abb. 87. Zur Gotico-Antiqua bei Gartner vgl. ebenda XLVI-XLIX mit weiterführender Literatur.
  5. Die Literatur bietet durchgehend 1501 als Zeitpunkt des Amtsantrittes an. Feuerer, Klosterpolitik 722 datiert die Wahl Riemers jedoch in das Jahr 1502. Belegt wird die Wahl 1502 auch durch ein Schreiben Herzog Albrechts IV., der den Abt von Fürstenzell auffordert, für die Wahl eines neuen Abtes für Aldersbach zu sorgen, vgl. Feuerer, Klosterpolitik 346, Regest 346.
  6. Zu Johannes Riemer vgl. zuletzt Feuerer, Klosterpolitik 722 (Nr. 112), dort auch zur älteren Literatur.
  7. Vgl. Nr. 74†, Fußnote 3.
  8. Nessel, Supplementum Bruschianum p. 82.

Nachweise

  1. Cgm 5608 fol. 40r; BHStA KL Aldersbach 17 p. 547 Nr. 42; Halm, Süddeutsche Plastik I, 230f., Abb. 210; Kdm NB XIV (Vilshofen) 49f., Fig. 28; Liedke, Marginalien 58, Abb. 22; Liedke, Zisterzienserabtei 25, Abb. 23; Högg, Aldersbach Nr. 37.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 182 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0018201.