Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 352 Neukirchen (Haunetal), Evangelische Kirche 2. D. 17. Jh.?

Beschreibung

Grabstein eines Kindes. Die Platte aus rotem Sandstein ist im Boden der Kirche an einem heute nicht mehr nachprüfbaren Platz eingelassen; wohl von Teppich verdeckt. Der beschnittene Stein zeigt noch acht Zeilen eines Bibelzitats (A) und drei, vielleicht vier weitere Zeilen (B), jeweils mit gestaffelten Versangaben. Foto, datiert 2001, und Autopsie werden Herrn Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola, Trebur, verdankt. Die Personendaten der Rückseite sind nicht erreichbar. Der Text konnte nach dem ermittelten Bibelvers ergänzt werden, obwohl die Platte nach unten und rechts abgetreten ist.

Schriftart(en): Kapitalis, leicht nach rechts schrägliegend.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (F. K. Azzola, Trebur) [1/1]

  1. A

    LUCAE AM / [1]8. CAP(ITEL) V(ERS) 16 / [LAS]SET DIE KIND/[LEI]N ZU MIR KOM/[ME]N UND WAHRET / [IHN]EN NICHT DA[NN / [SOL]CHER IST DAS / [HIM]MELREICH1)

  2. B

    …] XII V. XV / [– – –]U [T]O[– – –] / [– – – / – – –]2)

Kommentar

Die leicht nach rechts schräg liegende Schrift ist im Bearbeitungsgebiet bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts als Typus kaum vorhanden, ist allenfalls in niveauarmen Inschriften unbeabsichtigt eingestreut. Demgegenüber wäre das U mit Schaft, das seit dem Ende des 16. Jahrhunderts regelmäßig vorkommt, über ein Jahrhundert lang möglich. An den gut erhaltenen Buchstaben der oberen linken Hälfte sieht man klar akzentuierte Sporen und nach links über den Schnittpunkt von Balken mit Schäften weit hinausreichende Sporen. Darüber hinaus sind nur wenige Buchstaben in ausreichender Klarheit und mit genügender Aussagekraft erhalten. Die 8 mit dünnem oder verschwundenem Anstoß der kreisförmigen Schlingen ist zwar typisch für die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, aber gewiß nicht ausschließlich; das gilt auch für das aus der Senkrechten nach rechts über die vorhandene Neigung gekippte A, die ausgreifende oder eher vorgewölbte und doch leicht geschwungene und tief gezogene Cauda des R und den etwas längeren Mittelbalken des Z. Die spitzige Verlängerung des niedrigen Mittelteils des M nach unten kommt zwar mit der Cauda des R (eine von mehreren Varianten) und dem Mittelbalken des Z samt U auf der Platte der 1625 verstorbenen Magdalena von Dörnberg (Nr. 320) vor, dürfte aber gleichfalls nicht speziell nur auf diese Zeit zutreffen. Das gilt auch, weil die 6 der Versangabe, die in der unteren linken Hälfte einem Kreis angenähert und mit dem oberen Bogenende flach nach rechts oben ausgezogen ist und in einem Sporn endet, so nirgends in der Umgebung früh vorkommt und nur Grabsteine der Familie Kleinschmidt von 1667 und 1670 in der Bad Hersfelder Stiftsruine annähernd ähnliche Ziffern aufweisen, sich in den Schriften freilich erheblich unterscheiden. In dem unklaren Bild wird sich eine Datierung zwischen 1620 und 1670 nicht weiter einengen lassen.

Anmerkungen

  1. Lk 18,16.
  2. Die Reste lassen sich nicht zu Joh 12,15 vervollständigen, wo es heißt: „Fürchte dich nicht, du Tochter Zions!“

Nachweise

  1. Azzola, Drei Grabsteine 44.
  2. „Unbekannte Person, um 1600, Neukirchen“, in: Grabdenkmäler <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1067> (Stand: 3. 7. 2006, Bearb. Otto Volk, HLGL).
  3. Azzola/Azzola/Schmidt, Grab-Kreuzsteine, Ms. S. 354 f.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 352 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0035201.