Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 290 Gehau (Breitenbach am Herzberg), Burg Herzberg, aus Breitenbach, Ev. Kirche 1611

Beschreibung

Grabplatte des Johann Adrian von Dörnberg. Die Platte aus gelbgrauem Sandstein steht heute innen an der Nordwand der Kapelle, stammt aber wohl aus der Kirche in Breitenbach.1) In der Mitte des Feldes befindet sich eine Rollwerktafel, auf der oben die Grabinschrift (A) und darunter das Bibelzitat (Leichtext?) (B) angebracht sind. Direkt über der Tafel ist ein Allianzwappen mit Beischriften angebracht (W1). Weitere acht Vollwappen mit Beischriften (W2) sind rings um die Inschriftentafel angeordnet. Bei dem untersten Wappen auf der rechten Seite ist die Beischrift zum Teil zerstört. Als Worttrenner dienen Quadrangel. Die Farbfassung ist modern.

Maße: H. 197, B. 94, Bu. 4,5 (A), 3,5 (B), 2,2 (W) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Sebastian Scholz) [1/2]

  1. A

    AN(N)O 1611 ∙ DEN ∙ 23 / M ∙ IST DER EDLE / GESTRENGEa) UND VESTEb) / IOHAN ADRIAN VON / DÖRINGENBERGKc) SEINESd) / ALTERS ∙ 57 ∙ IAR IM HER(N) / SELIG ENTSCHLAFEN / DER SELEN GOT GNE=/DIG[K] ISTe)

  2. B

    PSAL(M) 42 ∙ / WA[S] BETRUBES DU / DICH MEINE SELE UND / BIST SO UNRUHIG IN / MIR HARRE AUF GOT DEN / ICH WERDE IM NOCH DA/NCKEN DAS ER MEINES / ANGESICHTS HULFFE / UND MEIN GOTT IST2)

  3. W1

    DOERINGENB(ERGK) KALENBERGK 

  4. W2

    DOERINGENBERG ZERTZEN 
    HOPFGARTEN ∙ MALSBURGK ∙ 
    RABENAWE DEWENTDE 
    WITZ/LEB/EN ∙ FOLLE[……] 

Wappen:
Dörnberg, Callenberg (Calenberg)
DörnbergZerssen
HopfgartenMalsburg
Nordeck zur RabenauWendt3)
Witzleben4)Vollenspitt5)

Kommentar

Die Inschriften (A) und (B) weisen rundes U auf, das in (A) offenbar nach dem Sprachgebrauch im Wechsel mit V verwendet wird.6)

Johann Adrian war ein Sohn des Adolph Wilhelm von Dörnberg und der Anna von Zerssen.7) Er war mit Gertrud von Callenberg (Calenberg) (Nr. 326) verheiratet, deren Grabplatte dieselbe Gestaltung aufweist. Eine gleichzeitige Entstehung der beiden Platten kann jedoch aufgrund des unterschiedlichen Schriftduktus8) und der andersartigen Gestaltung der Wappen ausgeschlossen werden. Mit der Platte Johann Adrians beginnt eine Reihe von fünf sehr ähnlichen Platten, nämlich die seines Sohnes Ludwig (Nr. 345) und ihrer beider drei Ehefrauen Gertrud geb. von Callenberg (Calenberg) (Nr. 326), Anna geb. von Berlepsch (Nr. 336) und Anna Margareta geb. von Klauer (Nr. 346). Vieren sind Ehevollwappen über mit Beschlagwerk umrandeten Schrifttafeln und seitlichen Ahnenproben zu acht Vollwappen eigen, nur die letzte, die Ludwigs von Dörnberg, fällt aus dem Rahmen, da seine zwei Ehen so nicht unterzubringen waren; statt der Wappen dehnen sich Beschlagwerk und Voluten nach oben aus. Außer dem Arrangement stimmen die Platten in der Verteilung der beiden Wappenformen, schlank-spitz für die Hauptwappen und gedrungen für die älteren Generationen, überein; hinzu kommen übereinstimmende Bibelzitate.

Die Schriften gleichen sich zwar, bergen aber auch Unterschiede, wie die manierierten M mit schrägen Außenschäften und tief herunter gezogenem Mittelteil der beiden jüngsten Platten, die im Gleichschritt mit den Kindergrabplatten bis 1632 (Nr. 335) stärker stachelartig geformte Cauda der R und die zunehmende Verschlankung und Aufrichtung der S zeigen. Geradezu isoliert steht auf dem Herzberg die eingestellte Cauda des G im Jahr 1626 (Nr. 326).

Textkritischer Apparat

  1. E klein an die Cauda des G gesetzt.
  2. E klein unter den Balken des T gesetzt.
  3. K klein an die Cauda des G gesetzt.
  4. S aus Platzgründen klein ausgeführt.
  5. Sic, nicht wie oft SEI. Die Zeile ist nur teilweise mit einer Vignette gefüllt.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Nr. 148, Anm. 1.
  2. PsH 42,6.
  3. Drei Eisenhüte 2:1 gestellt, vgl. Siebmacher 1, Taf. 182; Fahne, Geschichte der Kölnischen Geschlechter II 191. Auf der Platte sind allerdings eindeutig drei Glocken zu sehen.
  4. In Silber zwei rote Sturzsparren, vgl. Siebmacher 1, Taf. 165; Siebmacher, Nassau 1, 11 mit Taf. 11, hier in Rot silbern oder golden(?); Helmzier: hermelingestulpter roter Hut, mit zwei schwarzen Schäften besteckt, die seitlich mit silbernen Kugeln oder Schellen, oben mit Federn geziert sind – die Farben hier wohl alle willkürlich.
  5. In Rot ein silbernes springendes Pferd (Fohlen); Helmzier: Schildbild wachsend, vgl. Fahne, Geschichte der Kölnischen Geschlechter II 178; Spiessen, Wappenbuch II, Taf. 130/3.
  6. Vgl. zur Verwendung von U DI 29 (Worms) LXVII; DI 34 (Bad Kreuznach) XLIX; DI 38 (Bergstraße) Nr. 193 mit Anm. 5 und XLIV; DI 49 (Darmstadt, Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau) Nrr. 335, 341, 348, 349, 351, 378; zur frühen Unterscheidung von U und V nach dem Sprachgebrauch vgl. DI 63 (Odenwaldkreis) Nrr. 215 und 249.
  7. Buttlar-Elberberg, Stammbuch, Dörnberg Taf. I; bei Humbracht, Stammtafeln, Taf. 262, wird er nicht erwähnt.
  8. So fehlt etwa auf der Platte für Gertrud in den Inschriften (A) und (B) das runde U völlig.

Nachweise

  1. Görlich, Burgkapelle 38 (A, B).
  2. „Johann Adrian von Dörnberg 1611, Herzberg“, in: Grabdenkmäler <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1076> (Stand: 9. 7. 2006, Bearb. Otto Volk, HLGL).

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 290 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0029001.