Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)
Nr. 192† Bad Hersfeld, Petersberg, ehem. Pfarrk. St. Marian(?), aus Propsteikirche(?) 1578
Beschreibung
Die größere Glocke von zweien trug eine aus zwei Teilen bestehende Inschrift, nämlich „oben“, das ist wohl an der Schulter, Inschrift (A), „unten“, das ist wohl am Wolm, die Inschrift (B), so das Zeugnis des Pfarrers Johann Georg Gemeling im Jahre 1720, das übrigens schon unmittelbar darauf in die Stiftsgeschichte von Christian Schlegel übernommen wurde. Er verzeichnete diese Glockeninschrift – ohne seine Quelle zu nennen – und die der jüngeren Glocke von 1620 im Kapitel des Abtes Bernharius († 1105) (Nr. 211/T), der die Propstei auf dem Petersberg gegründet hatte. Die Pfarrkirche wurde bei Gemeling und Schlegel St. Marian genannt; das ist nicht gewiß, da man im Bistum Würzburg keine Kirche mit diesem Patrozinium kennt1) und es sich daher um eine Verballhornung aus St. Maria handeln könnte.
Nach Gemeling.
Schriftart(en): Kapitalis, erhaben.
AS. G. R. P. M. H. V. P. B. W. 1. 5. 7. 8.BD(ECANVS) C(APITVLI) A(C) E(CCLESIAE) H(ERSFELDENSIS)a)
Textkritischer Apparat
- Hypothetische Auflösung im Anklang an die Nennung des Propstes Nikolaus Seelig/Selig auf der Glocke von 1620 (Nr. 316).
Anmerkungen
- Vgl. Unger, Hersfeld, Petersberg 634 Anm. 8.
Nachweise
- Pfarrer Johann Georg Gemeling, in Universitäts- und Landesbibliothek Kassel, fol. Ms. Hass. 119c, Konvolut Peters- und Johannisberg.
- Schlegel, Abbatia, fol. 43r.
- Apel, Nachrichten 28.
- Mozer, Marianskirche 102 f.
Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 192† (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0019204.
Kommentar
Die Glocke könnte sogar aus der alten Propsteikirche stammen, die im 18. Jahrhundert keine kirchliche Funktion mehr hatte und langsam verfiel. Vor dem Gußjahr, sofern der Schluß der Inschrift richtig aufgelöst ist, standen wohl Initialen, davor noch Titel und ggf. ein Gußvermerk, obwohl sich keine überzeugende Lesung aufdrängt.
Sollte die versuchsweise Ergänzung der abschließenden Litterae singulares stimmen, müßten in dem Teil vor dem Gußjahr entsprechende Namen zu finden sein, darunter der des damaligen Dekans von Hersfeld Crato Weiffenbach – das ließ sich allerdings nicht anhand der Buchstaben nachvollziehen. Die Überlieferung der zweiten Glocke 1620 (Nr. 316) weist jedoch Ungereimtheiten auf, die hier gleichfalls vermutet werden dürfen. Auch zeigen sich keine Kürzungen, die auf typische Glockenformulare hinweisen könnten, also kein F für FVNDERE/FVNDI oder FIERI bzw. FECIT und keine typischen Buchstaben (C, I) für andere Verben des Veranlassens. Somit bleiben alle Versuche einer Auflösung Spekulation, auch der folgende mit einigen Lizenzen an die Lesung vorgenommene Vorschlag, der nicht durch bekannte Glockenformulare abgesichert ist: S(VB) G(RATIA) R(EVERENDISSIMAE) [B](EATAE) M(ARIAE) V(IRGINIS) P(ERFECIT) [C](RATO) W(EIFFENBACH) 1578.