Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 178 Atzelrode (Rotenburg), Evangelische Kirche 1572

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Name als Meisterinschrift (?) auf der kleinen Glocke, die früher im Turm der alten Kirche von Atzelrode hing. Die Kirche, ein Fachwerkbau, wurde 1955 abgerissen, und die Glocke geriet in Privatbesitz. Seit einiger Zeit befindet sie sich im Kirchenschiff der neuen Kirche von Atzelrode.1) Die Inschrift läuft zwischen einfachen Stegen auf der Glockenschulter um. Auf der Flanke befindet sich eine Gießermarke. Als Worttrenner dienen Quadrangel.

Maße: H. 23, Dm. 28,5, Bu. 0,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Sebastian Scholz) [1/3]

  1. REINHARDT ∙ DREISCH ∙ GENANDT ∙ BVDLER ∙ 1572 ∙

Wappen:
Gießermarke: Reinhard Dreisch genannt Budler.2)

Kommentar

Die etwas ungelenke Kapitalis zeigt spitzes A mit nach links überstehendem Deckbalken sowie retrogrades N.

Bei dem in der Inschrift genannten Reinhardt Dreisch genannt Budler handelt es sich entweder um den Glockengießer, der aber sonst nicht nachgewiesen werden kann, oder um den Auftraggeber für den Glockenguß. Eigenartigerweise überlieferte Wenzel nur eine kleine inschriftlose Glocke für Atzelrode,3) die er dem 15. Jahrhundert zuwies und daher nicht mit der vorliegenden verwechselt haben kann.

Anmerkungen

  1. Freundlicher Hinweis von Herrn Pfarrer Friedrich Berger, Braach.
  2. Vierkopfschaft.
  3. Wenzel, Hess. Glockenkunde, Bd. 20, fol. 6v.
Addenda & Corrigenda (Stand: 14. Oktober 2022):

Hinweis zu Inschrift und Kommentar:

Im Bestand des Altkreises Witzenhausen (DI 87, Nrr. 54, 85, 89) kommt bei drei Glocken zwischen 1568 und 1592 ein Gießer D R bzw. Dietrich Reinhart vor, dessen Produktion durchaus eine gewisse Verwandtschaft zu dem Guss von 1572 aufweist. Der Gießer könnte also Dietrich Reinhardt gewesen sein oder zumindest mit dem an der Werra tätigen Gießer zusammengearbeitet haben, dessen Werkstatt oder Herkunft Wenzel (vgl. DI 87, Nr. 54) in Kassel lokalisierte, so Wenzel, Hess. Glockenkunde Bd. 2, fol. 89r zu 1563 in Sandershausen (Gem. Niestetal, Lkr. Kassel).

Nach einer anderen Deutung bezeichnet die Beschriftung REINHARDT DREISCH GENANDT BVDLER nicht den Gießer, sondern den Auftraggeber Reinhard Treusch gen. Buttlar, dem seine zweite Frau Elisabeth Trott zu Solz in dem Jahr des Gusses eine Tochter Katharina (später verehelichte von Baumbach) schenkte. Offenbar war es die geringe Größe der Glocke, die die Annahme nahelegte, sie sei eine Art Taufgeschenk oder Dankesgabe zur glücklichen Geburt gewesen, so Willershausen, Hist. Kirchenglocken II 35f. (mit Abb. S. 36) mit aus www.geni.com (nicht geprüft) herausgelesenen Daten: Geburt Reinhards 1524, Geburt der Tochter Catherina 1572; diese Daten nicht in Buttlar-Elberberg, Stammbuch, Buttlar gen. Treusch Taf. II, wohl aber die Namen von Frau und Kind. Der Beiname Treusch wurde zunächst allerdings mit „gen. Treusch“ angehängt, so auch noch bei Reinhards Urgroßvater Curt I., wurde später jedoch zu „Treusch von Buttlar“ vorgezogen, vgl. Buttlar-Elberberg.

Immerhin gibt es auf der Glocke von 1592 in Solz (Nr. 234) sowohl einen Stiftervermerk der Familie Trott zu Solz wie auch die einfache namentliche Nennung von Nachkommen der Stifter. Dort war allerdings ein anderer Gießer tätig.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 178 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0017807.