Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)
Nr. 131 Niederaula, Hauptstraße 13, ehemaliger Amtshof 1534
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Name als Meisterinschrift auf einer Tafel aus rotem Sandstein, die früher in das massive Untergeschoß des zweistöckigen, giebelständigen Hauses eingelassen war.1) Heute befindet sich die Inschrift in zwei Teilen und ohne den ursprünglichen Rahmen unzugänglich im Eingangsbereich des Neubaus, der auf der Südseite rückwärtig an das Gebäude angebaut wurde. Die Inschrift war ursprünglich auf der linken Seite der Tafel angebracht, während sich das Wappen mit der darunter eingehauenen Jahreszahl auf der rechten Seite befand. Als Worttrenner dienen Quadrangel mit teilweise paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen, die Quadrangel in Kontur. Die Oberfläche leicht geglättet, die Kerben in ihrem Grund schwarz ausgemalt.
Maße: H. (Fragm. links) 46, B. 67, H. (Fragm. rechts) 39, B. 82, Bu. 7,5–9,5, Z. 8 cm.
Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.
HE[NT]CZa) ∙ CLAVS / STEINMETZ ∙b) / ANNO ∙ MDXXXIIII ∙ // 1534
Stift Hersfeld/Melles (Myle)2) |
Textkritischer Apparat
- HENTCZ Hörle. Kaum für HENNCZ mit zwei N in Nexus – dann wäre der linke Buchstabe unzial und retrograd mit Ausbuchtung links, der rechte mit geschwungenem Schrägschaft gebildet, der allerdings nicht an den Schaft des vorigen heranreicht. Möglicherweise liegt ein Schreibfehler für HEINCZ vor, bei dem das obere Buchstabenende des I (mit Ausbuchtung nach links) im Bogen an den Schaft des folgenden N herangeführt ist, dessen Schrägschaft mit Ausbuchtung nach oben aber nicht korrekt an den linken, sondern an den rechten Schaft geführt ist.
- Es folgt in knapp halber Buchstabengröße ein Zeichen wie eine 7, allerdings ohne Sporen, so daß die Zugehörigkeit zur Inschrift angezweifelt werden muß. Es handelt sich nicht um das alte Kürzungszeichen für ET; das wäre im Zusammenhang auch unverständlich, zumal der verbleibende Raum keinen weiteren Namen mit Funktionsbezeichnung zuläßt.
Anmerkungen
- Hörle 119.
- Quadriert: 1/4. Stift Hersfeld, 2/3. Melles/Myle (Schrägbalken, belegt mit drei bzw. zwei Rauten, begleitet von zwei abnehmenden Monden), Farben nach der Zeichnung des Epitaphs (Nr. 146), vgl. dort.
- HStA Marburg, Best. Urk. 37, 3436.
- Später überwiegt der Name Claus alle Varianten von Heintz, Henz, Hennße bei weitem, vgl. Rechnungsbücher des Amtes Rotenburg.
Nachweise
- Hörle, Alt-Hersfelder Inschriften 117 mit Abb. des Originalzustandes.
- Ziegler, Mitra und Krummstab 20 (erw., Jahreszahl).
Addenda & Corrigenda (Stand: 20. Dezember 2022):
Hinweis zur Inschrift: Das erste Wort wird man eher, wie in Anm. a angedeutet, HEINCZ lesen müssen, bei dem das I (mit Ausbuchtung links) oben durch einen Bogen mit dem linken Schaft des N verbunden ist; dessen Schrägschaft ist zum rechten Schaft zurückgebogen. Diese Stelle, bei der sich keine Spuren für eine Überarbeitung fanden, ist also sehr mangelhaft gestaltet.
Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 131 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0013102.
Kommentar
Die Kapitalis weist überwiegend Elemente der frühhumanistischen Kapitalis auf. Der Mittelbalken des A ist gebrochen (einmal nicht vorhanden), und der Mittelbalken des H weist in den Stummeln den Ansatz für eine Ausbuchtung auf. Das D ist unzial und überbreit, und neben dem kapitalen E erscheint zweimal das zweibogige. Der Schaft des I weist Ausbuchtung nach links oder rechts auf, und das M ist mit sehr kurzem Mittelteil und schräggestellten äußeren Schäften gebildet. Das N in HENCZ (?) sollte vielleicht mit einem ausgebuchteten Schrägschaft ausgeführt sein. Die Buchstabenvarianten und die unregelmäßige Sporenbildung, auch das kapitale E mit gleichlangen Balken, das geschwungene Z, dazu die unregelmäßigen Bögen zeigen das niedere Schriftniveau an und keineswegs Vertrautheit mit den regelhaften Bildungsweisen einer der jungen Kapitalisvarianten.
Abt Crato Melles oder Kraft Myle (1516–1556, Nr. 145 f.) begann im Jahr 1534 mit dem Umbau des Amtshofs in Niederaula, der von Abt Ludwig Landau 1584 fortgesetzt wurde (vgl. Nrr. 208 f.). Der Name des Ausführenden, der so nicht nachgewiesen werden konnte, ist doppeldeutig hinsichtlich des Familiennamens Claus/Klaus oder Hein(t)z. Allerdings eignet dem Taufnamen Heinz/Hentz eine größere Wahrscheinlichkeit, zumal ein Hans Klaus – freilich ohne Berufsbezeichnung – 1531 in Marburg nachgewiesen ist3), 1566 anscheinend ein Hentz Homburg (Nr. 163) in Hersfeld baute und 1591 ein Hentz Heylbrand zu den Kirchenmännern in Asmushausen (Nr. 227) gehörte.4)