Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 121 Hilmes (Schenklengsfeld), Evangelische Kirche 1518

Beschreibung

Gußjahr, Glockenrede, Meisterinschrift (A) und Name (B) auf einer Glocke im Glockenturm (12/21/47C). Die Inschrift (A) läuft auf der Schulter zwischen Doppelstegen um und geht dann außerhalb der Stege in die zweite Zeile über. Inschrift (B) schließt sich in der zweiten Zeile unmittelbar an. Der Beginn der Inschrift ist durch ein Medaillon gekennzeichnet, dessen Darstellung und Umschrift sich jedoch nicht identifizieren lassen. Auf der Flanke befindet sich zwischen gos und mich ein Relief mit Maria (7 cm) in einem Strahlenkranz, zu deren Füßen eine ebenfalls kaum lesbare Inschrift (C) angebracht ist. Direkt darunter ist das Relief eines Papstes mit Tiara und Stab (16 cm) zu sehen. Unterhalb von heis ich trägt die Glocke noch ein Medaillon mit unklarer Darstellung und nicht entzifferbarer Inschrift. Auf dem Schlagring läuft ein Flechtband mit Blattwerk zwischen Doppelstegen um. Über dem m der Jahreszahl scheint außerhalb der Stege ein Gießerzeichen angebracht zu sein. Ca. 190 kg.

Maße: H. 69, Dm. 83, Bu. 2,5–3 (A, B), 0,3 (C) cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien der Frühhumanistischen Kapitalis.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Sebastian Scholz) [1/13]

  1. A

    Anno d(omi)ni ma) ccccc vnd xviiib) iarAnna heis ichin gotes namennc) lvd ichmeister // hAnsc) gos // mich

  2. B

    madevs padronvsc)

  3. C

    Zv hirgenha[…]

Übersetzung:

(B) Matthäus, Patron.

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Gießerzeichen: Hans Kortrog.1)

Die Minuskel ist sehr unregelmäßig, so daß die Buchstaben nicht auf einer Linie stehen. Dadurch entsteht der Eindruck einer Zweilinienschrift, obwohl etwa das l in lvd eine deutliche Oberlänge aufweist. Das d ist hingegen stets ohne Oberlänge ausgeführt, und das versale A ist ebenfalls auf die Größe eines Minuskel-a reduziert. Das s ist stets retrograd gebildet. Damit zeigt die Schrift eine deutlich andere Ausprägung als die Glocken in Königswald von 1514 (Nr. 111) und die Glocke zu Harle (Schwalm-Eder-Kreis) von 1520, die eine sorgfältig gegossene Minuskel im Vierlinienschema bieten.2) Trotzdem sind wohl beide Glocken von dem Homberger Gießer Hans Kortrog gegossen worden, auf den die Meisternennung meister hAns gos mich hinweist. Kortrog, der zwischen 1503 und 1521 zahlreiche Glocken in Mittel- und Oberhessen goß, versah nicht alle Glocken mit seinem Namen. Er fehlt auch auf der Glocke in Königswald. Allerdings tragen seine Glocken in der Regel sein Gießerzeichen, eine Bügelschere.3) Das Zeichen wäre hier allerdings sehr unsauber gegossen worden. Da auf vielen Glocken Kortrogs die Bügelschere innerhalb des Schriftbandes zwischen den Worten angebracht ist,4) bleibt zu fragen, ob die beiden seltsamen Minuskel-d, die links und rechts vom m der Jahreszahl stehen, vielleicht ebenfalls als Blätter einer Bügelschere gedeutet werden können.

Textkritischer Apparat

  1. Vor und nach dem m stehen zwei d.
  2. 1528 Glockenaufnahme des Kreissammellagers Rotenburg an der Fulda, Aktenzeichen 12/21/47C, LVIII Schoof, der aber zwischen 1528 und 1558 schwankt.
  3. Sic!

Anmerkungen

  1. Das Zeichen, eine Bügelschere, ist nicht sauber gegossen und unterscheidet sich deutlich von dem Zeichen auf anderen Glocken Kortrogs.
  2. Vgl. Hoffmann/Zölffel, Beiträge, Abb. Tafel XIII; von den übrigen bekannten Glocken Kortrogs liegen keine brauchbaren Abbildungen vor, die einen weiteren Schriftvergleich erlauben würden. Hier werden die Glocken von Witzenhausen (1505) und Fürstenhagen (1512) vielleicht Abhilfe schaffen, vgl. DI 87 (Werra-Meißner-Kreis I, Altkreis Witzenhausen) Nr. 25 und 29 (m. Abb. 14 f.), die beide eine viel höhere Gußqualität und präzise Formen im Vier-Linien-Schema bieten.
  3. Nicht Blechschere, vgl. dazu ausführlich bei Nr. 111.
  4. Vgl. etwa die Glocke zu Harle von 1520 bei Hoffmann/Zölffel, Beiträge, Abb. Tafel XIII.

Nachweise

  1. Schoof, Hess. Glockenstudien II 128.
  2. Honikel, Wenn Glocken läuten.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 121 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0012104.