Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 118 Bad Hersfeld 1518–1625

Beschreibung

Baudaten im Stadtgebiet.

I.† Museum der Stadt Bad Hersfeld: Wetterfahne vom Haus Marktplatz 21, das war ehemals die Nr. 923, die mit dem benachbarten Haus Nr. 921 im Jahre 1865 zugunsten eines Neubaus abgerissen wurde. Die eiserne Fahne (Inv. Nr. C 88/22; alte Inv. Nr. B 18; Foto Nr. 88/24, 7.7. 1a; neue Sachnummer 1.229.035), nach dem Karteiblatt von dem bezeichneten Haus stammend, wurde 1926 von Wilhelm Otto, einem Nachfahren des Besitzers und Erbauers des neuen Hauses, dem Museum geschenkt und 1992 aus der Museumsausstellung im 2. Obergeschoß gestohlen. Mit der Jahreszahl trug die Fahne mit dem gespaltenen Wimpel das Hersfelder Stiftskreuz, anscheinend stellvertretend für ein Wappen. Ein Loch rechts oben im Wimpel ist wesentlich jünger und stammt angeblich von einem übermütigen Kunstschuß. Trotz der Restaurierung waren zwei Stellen durchgerostet.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Rüdiger Fuchs) [1/4]

Nach Foto und Inventarblatt im Museum und Hörle.

Maße: H. (Stab) 77, H. (Fahne) 27, B. 25 cm.

  1. [1]518

Kommentar

Neben den drei ersten ausgestanzten Ziffern steht die letzte, die 8, als ausgesparte Ziffer; die 5 ist in der frühmodernen Form, einem S ähnlich, ausgeführt. Die Lesungen im Inventar und bei Hörle lauten anscheinend ohne Bedenken zum Jahr 1518 gleich. Die Kontrolle mit dem unscharfen und verwaschen abbildenden Foto ergab zwischen der zweiten 1 und der 8 einen Lichtpunkt, der durchaus zu einem Schattenstrich einer Ziffer gehören könnte, aus dem sich dann die Lesung [1]578 ergäbe. Der präsumtive Balken einer 7 läge waagerecht, der Schaft stände dann rechtsschräg. Daraus hätte der erfahrene Inschriftenleser Hörle aber niemals eine 1 gelesen. Eine 7 mit Balken wäre modern.

Die Datierung würde ungefähr zur dendrochronologisch auf 1541 und 1579 datierten Scheune, einem gotischen Ständerbau, der heute noch hinter dem neuen Haus steht,1) passen.

Beschreibung

II.† Breitenstraße 47, ehemals Nr. 358: Im ehemaligen Haus anstelle des 1876 erbauten „Backsteinpalasts“2) befand sich die Bauzahl mit einer Brezel als Zeichen eines Bäckers.

Nach Hörle.

  1. 1528

Beschreibung

III. Kaplangasse 1: Baudatum im Türsturz des dreigeschossigen Fachwerkbaus.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. ANNO D(OMI)NI MDLX 25. APRILIS

Kommentar

Es handelt sich um den Neu- und Umbau der seit 1528 existierenden städtischen Schule, die auf den Gebäuden der Filiale der Alsfelder Augustiner-Eremiten fußte.3) Diese Maßnahme fiel in die Zeit des Abtes Michael Landgraf (Nr. 179 f.), der ein Jahrzehnt später das Gymnasium in der aufgelassenen Franziskanerniederlassung gründete, heute die Konrad-Duden-Schule.

Beschreibung

IV. Am Markt 8: Baudatum und Wappen im Giebel des Portals.

  1. 15//82

 
Wappen
Stift Hersfeld/Landau4)

Kommentar

Das Fachwerkgebäude mit steinernem Erdgeschoß wurde 1581 von Abt Ludwig Landau erworben und durch die Errichtung einer massiven Fassade neu gestaltet.5)

Beschreibung

V. Im Stift 6a: Baudatum im Bogenscheitel der Eingangstür zum Treppenturm auf der Ostseite der ehemaligen Klausur der Abtei.

  1. [1]586

Kommentar

Der Treppenturm wurde unter Abt Ludwig Landau errichtet, als dieser das zweite Obergeschoß auf den vorhandenen Bau aufsetzte.6) Die erste Ziffer ist neu und wurde anscheinend etwas rechts der verdeckten Originalstelle eingesetzt; die übrigen Ziffern sind durch die schwarze Fassung nur leicht entstellt.

Beschreibung

VI. Hinter Im Stift 8: Baudatum im Bogenscheitel eines aufwendig gestalteten Portals, das zu dem nicht mehr erhaltenen „Landbereiter-Haus“ gehörte, heute in einer inneren Mauer des Stiftsbereichs. Zwischen der zweiten und der dritten Ziffer ist ein Wappen angebracht.

  1. 15//94a)

 
Wappen
Stift Hersfeld/Roell7)

Kommentar

Das Haus wurde in der Amtszeit des Hersfelder Abtes Joachim Roell (1592–1606) errichtet.8)

Beschreibung

VII. Hanfsack 7 (Linggklause): Baudatum im Schwellbalken auf der Schauseite des Rähmbaus, dessen Fachwerk 1934 freigelegt wurde. Heute in Grün auf Grau gefaßt.

  1. 1//6//00

Kommentar

Der Bau wird dem 1601 in Hersfeld eingebürgerten Zimmermannsmeister Johannes Weber zugeschrieben.9)

Beschreibung

VIII. Im Stift 11 – Abtsschlößchen: Jahreszahl auf den westlichen über den Balkenköpfen ausgesparten Auflagen der Oberschwelle am Fachwerkanbau des mit dem Eichhof (1572/74) (Nr. 181) etwa zeitgleichen Steinhauses, also der von Abt Ludwig Landau errichteten Stadtresidenz.

  1. [1] / 6 / 0 / 3

Kommentar

Erhalten ist der Steinbau des Nordflügels mit einer mit Kugeln und Obelisken bekrönten Westfassade, der im Süden wenig später um einen zwei Gefache tiefen und acht Gefache breiten Anbau erweitert wurde. Man erkannte in der Baustruktur und im Dekor den Stil des Johannes Weber.10)

Textkritischer Apparat

  1. 1574 Dehio, Hessen (1982) 43.

Anmerkungen

  1. Vgl. Wiegand 104.
  2. Vgl. Wiegand 112; der heutige Bau reicht noch in die Brüderstraße.
  3. Wiegand 151.
  4. Quadriert von Stift Hersfeld und Landau (zwei [Pilger]stäbe, nicht zwei Schwerter, da Parierstangen fehlen).
  5. Wiegand 100; zu Ludwig Landau vgl. Nrr. 181, 201, 208 f., 211/NNN, 212 f.
  6. Wiegand 140.
  7. Quadriert: 1/4. Stift Hersfeld, 2/3. Roell (eine halbe Lilie und ein halber Fruchtstrauch); das Vollwappen im Portal der Stadtkirche (Abtspforte).
  8. Zu ihm Demme, Nachrichten I 83–91.
  9. Bleibaum 8, Wiegand 44 f., Dehio, Hessen I (2008) 64; siehe auch Nr. 283.
  10. Wiegand 145 u. Nrr. 283, 313, auch Bleibaum.

Nachweise

  1. Hörle, Alt-Hersfelder Inschriften 109 (I, II, III), 110 (VII).
  2. Neuhaus, Geschichte Hersfeld 159 mit Abb. (V).
  3. Bleibaum, Johannes Weber 8 (VII).
  4. May, Türen und Tore 32 (III), 33 (IV, V), 34 (VI).
  5. May, Gib Frieden 33 (III, VII).
  6. May, Hersfelder Inschriften 2 (III, erw.), 31 (IV, V), 33 (V).
  7. Ziegler, Mitra und Krummstab 22 (VI).
  8. Dehio, Hessen (1982) 43 (V, VI), 44 (IV).
  9. Wiegand, Kulturdenkmäler 100 (IV), 104 (I), 118 (VII), 140 (V), 143 f. m. Abb. (VI), 144 f. (VIII), 151 (III).
  10. Dehio, Hessen I (2008) 60 (V), 63 (IV), 64 (VII).

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 118 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0011809.