Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 111 Königswald (Cornberg), Evangelische Kirche 1514

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Herstellungsinschrift auf der ältesten Glocke des Vierergeläuts. Die Inschrift läuft zwischen Kordelstegen auf der Schulter um. Sie trägt unter dem Kreuz, das den Textbeginn markiert, ein Gießerzeichen.

Maße: H. 72, Dm. 86, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Sebastian Scholz) [1/9]

  1. + anno d(omi)ni millesimo qvingentesimo decimo qvarto ad lavdem hemmeradi facta est hec campana

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1514 ist diese Glocke zum Lobe Heimerads gemacht worden.

Wappen:
Gießerzeichen: Hans Kortrog.1)

Kommentar

Aufgrund der Gießermarke, einer Bügelschere, läßt sich die Glocke dem Gießer Hans Kortrog aus Homberg (Efze) zuweisen. Dieses Zeichen wurde früher als Blechschere bezeichnet, die aber normalerweise wegen der Kraftübertragung und Schnittführung eine Schere mit Achse wäre; kennzeichnend für die Bügelschere sind dreieckige, in einem Bogen verbundene Klingen. Bereits 1497 ist eine Glocke mit diesem Zeichen belegt, die für Böddiger (Felsberg, Schwalm-Eder-Kreis) gegossen wurde. Auf ihr ist auch der Name des Gießers henne Kortroch von hombergh genannt.2) Auf einer Glocke von 1501 für Gensungen (Schwalm-Eder-Kreis) erscheint der Gießername hen Korroch koppersmeth homberg.3) Erst ab 1505 läßt sich der Name Hans Kortrog auf Glocken nachweisen.4) Breiding geht von einer Identität von Henne und Hans Kortrog aus.5) Hen oder Henne steht für Heinrich oder Johannes. Da Hans die Kurzform von Johannes ist, könnten beide Namen tatsächlich denselben Gießer bezeichnen. Dagegen spricht jedoch, daß ab 1505 nur noch der Name Hans erscheint, während Henne nicht mehr benutzt wird. Da Hans ebenfalls aus Homberg stammte und dasselbe Gießerzeichen wie Henne Kortrog benutzte, dürfte es sich um den Sohn handeln.6)

Hans Kortrog goß zahlreiche Glocken, unter anderem 1506 für Obermelsungen, 1513 für Felsberg, 1515 für die Marburger Elisabethkirche, 1520 für die Stadtkirche in Spangenberg und 1520 sowie 1521 für die Kirche in Harle.7) Manche Glocken wie jene für Harle von 1520 nennen den vollen Namen Kortrogs mit dem Herkunftsort.8) Andere Glocken wie diese für Königswald tragen nur das Gießerzeichen. Auf der Glocke für Hilmes (Nr. 121) nennt er sich Meister Hans.

Anmerkungen

  1. Eine Bügelschere.
  2. Hoffmann/Zölffel, Beiträge 10, Nr. 109.
  3. Hoffmann/Zölffel, Beiträge 10, Nrr. 115 und 24.
  4. Freundlicher Hinweis von Jörg Poettgen, Overath; Breiding, Homberger Glockengießer 1 gibt das Jahr 1503 ohne genauen Beleg an; die Kenntnis seines Manuskripts verdanke ich dem freundlichen Hinweis von Frau Liese Honikel, Hilmes.
  5. Ebd.
  6. So schon Hoffmann/Zölffel, Beiträge 24.
  7. Hoffmann/Zölffel, Beiträge 10, Nr. 112, Nr. 116; 21, Nr. 190; 9, Nr. 104; 10, Nr. 118 f.; vgl. auch Walter, Glockenkunde 804. Der volle Name auch auf der Glocke von 1505 in Witzenhausen, vgl. künftig DI Werra-Meißner-Kreis I, Altkreis Witzenhausen, ges. u. bearb. von Edgar Siedschlag (in Vorbereitung), siehe jetzt DI 87 (dito) Nr. 25.
  8. Hoffmann/Zölffel, Beiträge 10, Nr. 118 mit Abb. Tafel XIII: meister hans kortrog von homberg.

Nachweise

  1. Wenzel, Hess. Glockenkunde, Bd. 20, fol. 50r u. Bd. 51, fol. 22.
  2. Gipper, Unsere Heimatglocken (IV).
  3. Willershausen, Hist. Kirchenglocken II 33 m. Abb.
Addenda & Corrigenda (Stand: 13. Oktober 2022):

Hinweis zu Kommentar: Wegen der Widmung an Heimerad, Wandermönch und mit dem bei seiner letzten Wirkungsstätte gelegenen Kloster Hasungen (Burghasungen, Lkr. Kassel) verbunden, glaubte man, die Glocke sei mit der Reformation und Auflösung jenes Klosters nach Kloster Cornberg und nach dessen Auflösung an die Gemeinde Königswald weitergegeben worden – so Willershausen unter Berufung auf Haide Schreiber, Kirchengemeinde – Glocken, in: Chronik Königswald. Geschichten und Geschichtliches eines Dorfes aus dem Sontratal. 650 Jahre Königswald, hrsg. im Auftrag der Gemeinde Cornberg von der Dorfgemeinschaft Königswald. Verantw. für Texte und Bilder: Haide Schreiber. Cornberg-Königswald 2003, 214, die sich wiederum auf den Ulfener Pfarrer K. Gipper beruft, der in den 1930er Jahren selbst zu Glocken im damaligen Kreis Rotenburg veröffentlicht hatte.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 111 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0011106.