Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 85† Ronshausen, Evangelische Kirche 1487

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Gußjahr und Glockenspruch auf einer Glocke des Dreiergeläuts. Die Glocke war vor 1933 noch vorhanden, ihr Verbleib konnte nicht geklärt werden. Wenzel gibt die Inschrift in einer typisierenden Nachzeichnung wieder, welche die Besonderheiten der Schrift nicht vermittelt. Als Worttrenner zeichnete Wenzel Doppelringe.

Nach Wenzel.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. + anno ∙ d(omi)ni ∙ mo ∙ cccco ∙ lxxxvii∙ fulgura ∙ frango ∙ vivos ∙ voco ∙ mortuos ∙ plangoa)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1487. Die Blitze zerbreche ich, die Lebenden rufe ich, die Toten beklage ich.

Versmaß: Ein Hexameter, leoninisch zweisilbig rein gereimt.

Kommentar

Der Kanonist und Liturgiker Guillelmus Durantus, Bischof von Mende, schrieb in seinem vor 1291 verfaßten, weitverbreiteten „Rationale divinorum officiorum“, das Läuten der Glocken diene dazu, bei den Gläubigen die Frömmigkeit des Glaubens wachsen zu lassen. Zudem mäßige es unter anderem auch die Gewalt der Unwetter und Blitze.1) Diese Vorstellung spiegelt sich auch in dem auf der Glocke angebrachten Glockenspruch, der sich schon im 13. Jahrhundert nachweisen läßt und in verschiedenen Versionen vorkommt.2)

Textkritischer Apparat

  1. Gipper gibt nur den Text von fulgura bis plango und vermerkt, die Glocke trage die Jahreszahl 1487.

Anmerkungen

  1. Durantus, Rationale divinorum officiorum I, IV,2 (Dauril/Thibodeau 52).
  2. Walter, Glockenkunde 186. Das konkrete Thema des Wetterbanns ist in Glocken des Bearbeitungsgebietes sonst nur durch eine Anspielung (Nr. 93) vertreten, nicht durch gleichartige Glockenreden, allgemeiner der Bann von Unglück etwas früher (Nr. 60).

Nachweise

  1. Wenzel, Hess. Glockenkunde, Bd. 20, fol. 78r.
  2. Gipper, Unsere Heimatglocken (V).
Addenda & Corrigenda (Stand: 18. Juli 2022):

Hinweis zur Beschreibung: Wenzel zitiert in Bd. 20, fol. 78v eine Glocke von 1913, gegossen bei Radler in Hildesheim, auf der der Neuguss der Glocke von 1487 und deren Text vermerkt sind (nebst Pfarrer und Bürgermeister von 1913). Wenzel aktualisierte also seine eigene ältere Dokumentation zeitnah; die Bemerkung, die Glocke von 1487 habe noch 1933 existiert, kann sich also nur auf den Neuguss beziehen.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 85† (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0008501.