Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 74 Rotenburg, Evangelische Pfarrkirche St. Jakobi 1482

Beschreibung

Gußjahr und Widmung auf der Glocke, die als zweite von unten im Turm hängt, in dem sich insgesamt sechs Glocken befinden, im Jahr 1942 abgeliefert unter der Nummer 12/27/101C, 1948 zurückgeführt. Die sehr große Glocke ist schlecht zugänglich, so daß nicht alle Maße genommen werden konnten. Die Inschrift läuft auf der Schulter zwischen einfachen Kordelstegen um. Als Worttrenner dienen Quadrangel. Den Textbeginn markiert ein kleines Medaillon, das einen Bischof mit Stab und Mitra zeigt, vielleicht der in der Inschrift genannte Theodul. Auf der Flanke sind zwei Reliefs angebracht, von denen aber nur eins autopsiert werden konnte. Es zeigt das Aachener Pilgerzeichen mit der Beweinung Christi.1) Angeblich handelt es sich bei der zweiten Applikation um ein Bild des Ritterheiligen Georg.2) Ca. 1800 kg.

Maße: H. (mit Krone) 134, Dm. 136 cm.3)

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Escherich) [1/5]

  1. anno ∙ d(omi)ni ∙ mo ∙ cccco ∙ lxxxii ∙ in ∙ honore ∙ s(an)c(t)or(um) ∙ iacobi ∙ et ∙ theodolia)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1482, zu Ehren der heiligen Jakobus und Theodulus.

Kommentar

Die Nennung des heiligen Theodul neben dem Kirchenpatron Jakobus auf der Glocke könnte damit zusammenhängen, daß Theodul von einigen Glockengießern vermutlich als Schutzpatron angesehen wurde.4) Theodul war der erste Bischof des Wallis und nahm 381 an der Synode von Aquileia teil. Nach der Legende schenkte ihm der Papst eine Glocke und Theodul ließ sich samt Glocke von einem Teufel nach Sitten tragen. Deshalb wird der Bischof oft mit einem kleinen Teufel zu seinen Füßen dargestellt, der eine Glocke trägt.5)

Die Minuskeln sind wie bei der Glocke von 1492 in Niederaula (Nr. 91) in sehr flachem Querschnitt aufgebracht und weisen höchste Gußqualität auf. Weitere Bezüge existieren jedoch nicht.

Textkritischer Apparat

  1. theodori Wenzel und Kreishandwerkerliste.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Köster, Tilman von Hachenburg 56 mit Abb. 1 und 71–73.
  2. Nach Glockenaufnahme und 500 Jahre St. Jakobus.
  3. Höhe nach Liste der Kreishandwerkermeister, Durchmesser nach hr-Beitrag, wohl aus der Glockenaufnahme 12/27/101C, dort aber 140 cm.
  4. DGA Bayerisch-Schwaben 34.
  5. Louis Carlen, Theodul, in: LCI 8 (1976), Sp. 456–458.

Nachweise

  1. Lucae, Kleinod 32 (38).
  2. Wenzel, Hess. Glockenkunde, Bd. 20, fol. 81v.
  3. Glockenaufnahme des Kreissammellagers Rotenburg an der Fulda, Aktenzeichen 12/27/101C.
  4. 500 Jahre St. Jakobus 29.
  5. Pontow, Marktkirche 52.
  6. Karteikarte im Glockenarchiv des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg (12/27/101C).
  7. www.hr-online.de/website/specials/glocken/index.jsp?rubrik=51787&key=standard_document_39947265 (konsultiert am 24. 7. 2013), mit Abb.
  8. Willershausen, Hist. Kirchenglocken I 74 m. Abb.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 74 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0007404.