Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 71† Bad Hersfeld, Stiftskirche/Stiftsruine 1481

Beschreibung

Grabplatte Abt Ludwigs III. Vizthum von Beringen (Eckstädt), ehemals „in basilica Hersfeldensi“, also in der Kirche. Die Nachzeichnung zeigt die Platte mit Umschrift zwischen Linien oder abgrenzendem Relief, im Feld die Figur des Verstorbenen mit Mitra, Stab in der Rechten, Buch in der Linken vor dem Körper; zu Füßen zwei Wappenschilde.

Nach Schlegels Nachzeichnung.1)

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz; Forschungsbibliothek Gotha (Thomas G. Tempel (Repro)) [1/1]

  1. anno d(o)m(in)i mo cccclxxxi iii ka/lend(as)a) octobr(is) Obiit reverend(us) pater et d(omi)n(u)s lude/wic(us) viced(omi)nusb) abbas / hersfeldensis ecc(lesi)e cuius anima requiescat in pace amenc)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1481, am 3. Tag vor den Kalenden des Oktober (29. September 1481) starb der ehrwürdige Vater und Herr Ludwig Vizthum, Abt der Hersfelder Kirche. Seine Seele ruhe in Frieden, Amen.

Wappen:
Stift HersfeldVizthum von Beringen (Eckstädt)2)

Kommentar

Ludwig III. Vizthum von Beringen (Eckstädt) entstammte einer Familie, deren einer Stammsitz in Eckstädt bei Erfurt lag, von wo sie als Nachfahren Dietrichs von Apolda von ca. 1270 bis 1342 die weltliche Macht für den Mainzer Erzbischof in Erfurt und im Eichsfeld ausübten,3) und der andere anscheinend in Beringen bzw. Behringen (Ilmtal im Ilm-Kreis). Den ersten Zunamen behielten sie bei, bei dem zweiten kann man sich nur auf eine Hersfelder Quelle stützen, denn in der Überschrift des Lehnregisters des Abtes Ludwig heißt er „Viczthum de Beringen“.4)

Der am 4. März 1452 gewählte und schon am 12. März als Briefschreiber hervortretende,5) nicht erst zum 18. Mai 14546) oder zum 27. August 14547) erstmals urkundlich als Abt von Hersfeld in Erscheinung tretende Ludwig konnte trotz seines langen Abbatiats keine Fortschritte in der Konsolidierung der Abtei erzielen. Das lag im Wesentlichen an der Nachbarschaft der übermächtigen Landgrafschaft Hessen, die die mit dem Stift in Konflikt liegende Stadt immer als Hebel benutzen konnte. Ludwigs Vorvorgänger Abt Albrecht von Buchenau mußte nach Niederlagen der verbündeten Mainzer Truppen 1432 einen Erbschutzvertrag mit Hessen abschließen, aus dessen Umklammerung sich das Stift nicht mehr lösen konnte. Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß Ludwig die Stadt 1469 in dem innerhessischen Konflikt8) rettete.9) Ludwigs Todesdatum nach der Inschrift stimmt gleich mit zwei weiteren Nachrichten dazu überein,10) die Lesung Schlegels ist also inhaltlich korrekt.

Textkritischer Apparat

  1. kalend. Nachzeichnung; kalendaru(m) Transkription.
  2. Schlegel schrieb mehrfach den Titel in dieser Form, nicht wie beim Datum; das scheint eine Marotte zu sein, die mehrfach gegen die zeitübliche Schreibweise steht – unmöglich ist die Schreibung nicht, aber kaum so häufig.
  3. Nur in der Transkription, in der Nachzeichnung an dieser Stelle eine Vignette moderner Machart.

Anmerkungen

  1. Die Großbuchstaben bei Schlegel sind nur als Hervorhebung bzw. Zitiermanier zu verstehen, nicht als Hinweis auf Majuskeln; Kürzungen könnten Gesehenes wiedergeben; u und v wurden normalisiert.
  2. Eigentlich in Gold 2 rote Pfähle, belegt mit einem silbernen Balken, hier ein Kreuz, vgl. Siebmacher 1, Taf. 146; Siebmacher, Bayern 24b mit Taf. 19.
  3. Vgl. Ziegler, Mitra und Krummstab 19; de.wikipedia.org/wiki/Vitzthum_(Adelsgeschlecht) (konsultiert am 26. 8. 2014).
  4. Krafft, Hersfelder Äbte 24 nach HStA Marburg, L 29, fol. 1v.
  5. Ebd. 24 f. nach Lehnregister (wie ante) und StA Meiningen, Gemeinschaftliches Hennebergisches Archiv, Sektion I, Nr. 3689.
  6. Wenck, Urkundenbuch II, Nr. CCCCXLII.
  7. Das jüngere Datum bei „Hirzenrode, Konrad von“, in: Hessische Biografie <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/4401> (Stand: 15. 4. 2021) nach Wenck, Urkundenbuch II, Nr. CCCCXLIII.
  8. Demme, Nachrichten I 41.
  9. Vgl. zur Situation auch bei Nr. 61 f.
  10. Vgl. Krafft, Hersfelder Äbte 27 f. nach Ludwigs Kopialbuch (HStA Marburg, K 250, fol. 8r) und nach dem Lehnbuch des Nachfolgers Knoblauch (Nr. 75) (HStA Marburg, L 31, fol. 2r).

Nachweise

  1. Schlegel, Abbatia, fol. 151v (Transkription), 152r (Nachzeichnung).
  2. Schlegel, Abbatia (Hs. Gießen) 353.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 71† (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0007107.