Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 50 Bad Hersfeld, Stiftskirche/Stiftsruine 1402

Beschreibung

Grabplatte des Priesters Heinrich von Hattenbach. Die Platte aus rotem Sandstein steht heute innen an der Westwand des nördlichen Seitenschiffs. Die Inschrift läuft zwischen Linien auf dem Rand um. Im Feld ist in Ritzzeichnung ein barhäuptiger, tonsurierter Priester in liturgischem Gewand dargestellt, der einen Kelch mit beiden Händen vor den Körper hält. Über dem linken Unterarm trägt die Figur einen Manipel; auch über dem rechten Unterarm scheint eine Art Streifen zu hängen, keine Stola. Vor dem rechten Fuß steht ein nach links gekippter Wappenschild. Als Worttrenner dienen Quadrangel mit paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen.

Maße: H. 218, B. 99, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. + Anno ∙ milleno ∙ c ∙ / qvater ∙ atqve ∙ secvndo ∙Ivniia) ∙ kalende ∙ nono ∙ quasi ∙ / media ∙ nocte ∙Obiit ∙ / ∙ heinricvs ∙ de ∙ hattinbach ∙ sic ∙ nominatus +

Übersetzung:

Im Jahre 1000, viermal hundert und zwei (1402) starb am 9. Tag vor den Kalenden des Juni (24. Mai) gleichsam mitten in der Nacht Heinrich, der von Hattenbach genannt wurde.

Versmaß: Drei Hexameter, leoninisch einsilbig rein gereimt.

Wappen:
Hattenbach1)

Kommentar

Die etwas unregelmäßig ausgeführte Minuskel ist nicht mehr dem Zweilinienschema verhaftet, doch sind die Unterlängen wegen der Verschiebung der Schrift in Richtung der inneren Begrenzungslinie weit weniger ausgeprägt. Die Buchstaben b und h weisen weit ausgezogene Sporen an den oberen Schaftenden auf; in ähnlicher Weise sind die quadrangelartigen Brechungen und die Bogenenden des runden s spitz ausgezogen. Zierstriche bei e, r und t sind akzentuiert, beim e auffällig kurz und nach außen gebogen, ohne dem Schaft nahezukommen. Die Versalien sind der jüngeren Majuskel entnommen und zeigen die Versanfänge an.

Heinrich von Hattenbach gehörte zu den Priestermönchen des Hersfelder Klosters. Er wird seit 1371 in den Urkunden des Klosters genannt.2) Allein die Tatsache, daß man ihm eine körpergroße zeitgenössische Umschriftplatte mit Darstellung und einem durch die Metrik herausgehobenen Text setzte, hebt ihn aus dem Konvent heraus, so daß man entweder eine besondere Herkunft oder eine besondere Position im Konvent annehmen muß. Letzteres mag durch die unidentifizierte Applikation am rechten Arm angezeigt sein; ein besonderes Amt oder eine besondere Tätigkeit wird in den Urkunden jedoch nicht genannt. Heinrich von Hattenbach kommt mehrfach in Geschäften des Konvents und seiner Familie vor und verfügte anscheinend selbst über reichlich Geldmittel, da er am 24. Dezember 1401 und am 2. Januar 1402 die Pfründe am Michaelsaltar des Stifts, eine Ewigmesse, für sein und seiner Eltern Seelenheil mit einer Rente von 13 Gulden fundierte und dafür 200 Gulden Kapital einbrachte.3)

Textkritischer Apparat

  1. maii Hörle.

Anmerkungen

  1. Von Rot und Silber durch 3 langgezogene Spitzen gespalten, vgl. Siebmacher 1, Taf. 138; Siebmacher, Sachsen 2, 98 mit Taf. 77.
  2. Nach Schmidt.
  3. Urkunden in HStA Marburg, Best. Urk. 56, Nrr. 701 f., zum Seelgerät im Jahre 1407 ebd. Nr. 736.

Nachweise

  1. Wendelstädt, Bemerkenswerthe Grabsteine 359.
  2. Schoof, Geschichte Hattenbach 69 (Abb.).
  3. Hörle, Lullusgrab 36.
  4. „Heinrich von Hattenbach 1402, Hersfeld“, in: Grabdenkmäler <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1086> (Stand: 17. 10. 2006, Bearb. Andreas Schmidt, HLGL).

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 50 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0005002.