Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 11 Bad Hersfeld, Stiftskirche/Stiftsruine 10. Jh.

Beschreibung

Memorienstein eines Unbekannten. Der Quader aus rotem Sandstein ist in der Ostkrypta in der Westwand der nördlichen Altarnische in Zweitverwendung eingemauert. Sein linker und sein unterer Teil wurden abgeschlagen und nur das rechte obere Viertel mit einem kümmerlichen Rest der Inschrift blieb erhalten. Die Inschrift scheint mehr als zwei Zeilen umfaßt zu haben.

Maße: H. 9,5, B. 24, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis, nachkarolingische.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. [ – – – IV]NIASa) / [ – – – OB]IIT [ – – – ]

Kommentar

Die Buchstabenfolge NIAS muß noch zu der nach römischem Kalender erfolgten Tagesangabe gehören, da in dem offenbar verwendeten Formular der Name des Verstorbenen stets nach dem Sterbevermerk OBIIT folgt.1) Somit liegt die Ergänzung zu IVNIAS nahe,2) wobei der Monatsname dann wie im klassischen Latein als Adjektiv und nicht als Substantiv, wie es im Mittelalter in der Regel üblich war, verwendet wurde. Die Datierung in das 10. Jahrhundert ergibt sich allein aus der Verwendung des vor der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts nicht nachweisbaren Formulars sowie aus der Tatsache, daß der Stein beim Wiederaufbau der Kirche nach dem Brand von 1038/39 in Zweitverwendung vermauert wurde. Zwar legt die Form des Monatsnamens einen relativ frühen Ansatz nahe, doch ist bisher auch statistisch noch keine Zäsur zwischen der alten adjektivischen und jüngeren genitivischen gefunden worden.3)

Textkritischer Apparat

  1. Das S ist als seitenverkehrtes Z ausgeführt worden.

Anmerkungen

  1. Zum Formular vgl. Nr. 4 mit Anm. 11. Insofern ist die Deutung bei Bramm, HARTVVIN zu einer Namensendung hinfällig; auch seine Deutung als Schlußsilbe von Epiphanias, beides von May, Hersfelder Inschriften 28, übernommen, muß wegen der damals ausschließlichen Verwendung des römischen Kalenders hinter die oben vorgeschlagene Lesung zurücktreten.
  2. So bereits Hörle 35; zur Namensform vgl. bei Nr. 4, Anm. a.
  3. Vgl. DI 70 (Trier I) Nr. 63 mit Anm. i und DI 71/2 (Trier II) 183.

Nachweise

  1. Hörle, Lullusgrab 35.
  2. Bramm, HARTVVIN 14 mit Abb. S. 15.
  3. Bramm, Inschriftenstein 63.
  4. „Unbekannte Person 9.–10. Jahrhundert, Hersfeld“, in: Grabdenkmäler <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1118> (Stand: 14. 11. 2006, Bearb. Andreas Schmidt, HLGL).

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 11 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0001109.