Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 38: Bergstraße (1994)
Nr. 192 Neckarsteinach, Evangelische Kirche 1595
Beschreibung
Epitaph des Hans Ulrich Landschad und seiner ersten Frau Walburg von Ratzeburg. Das aus Sandstein gefertigte dreiteilige Epitaph ist an der Wand links vom Triumphbogen angebracht. Im Aufsatz sind zwei Vollwappen zu sehen, die von einer männlichen und einer weiblichen Herme gerahmt werden. Im Bogenfeld darüber ist die Geburt Christi mit der Verkündigung an die Hirten dargestellt. Zwei über dem Stall schwebende Engel halten ein Spruchband (A). Im Scheitel des Bogens befindet sich ein nicht identifizierbares Meisterzeichen, bestehend aus einem Schild mit drei kleinen Schilden, flankiert von den Buchstaben M und S, die außerhalb des Schildes stehen. Auf dem Gesims unter dem Aufsatz ist eine Jahreszahl eingeritzt. Die Marmorierung ist aufgemalt. In dem Feld darunter steht ein zweizeiliger Spruch (B). Dann folgt in einem Architekturrahmen die Schrifttafel mit den Grabgedichten (C) und (D). Auf den Pilastern sind jeweils acht reliefierte und bemalte Wappen aus Holz befestigt, von denen jedoch auf beiden Seiten das letzte fehlt. Die Konsole bildet ein Rollwerkmedaillon mit einem Frauenkopf.
Maße: H. 291, B. 110, Bu. 2, Versalien 3 cm.
Schriftart(en): Fraktur (B-D); Kapitalis (A).
- A
G(LORIA) · I(N) · E(XCELSIS) · D(EO)1)
- B
1595In freudt Vndt Leÿdt Bedenck o Christ,Das Du Ein Mensch Vndt Sterblich Bist.
- C
Hans Vlrich Landtschad Nach seins Vatersa) Todt,Dasz förder haus2) stainach Besesen Hat ·Anno Sechtzig sechsz Er Zu Weibe Nahm,Jungfrauw Walburg Von Ratzenburg TugentsamMit Deren Er in Wehrender Ehe ErzichltDreÿ Söehn Zugleich Dreÿ Töchter Milt3)Als Sie Im Iahr Achtzig fünf VerstorbenHat Er Zum Andern Mahl ErworbenFrauw Margret von Venimgen Edler Art,So Anno Achtzig Sieben Sein hausfrau wardt ·Vnd Anno neuntzig Dreÿ Ihr Ende NahmDa Er Zum Driten mahl Von Grecken Stam ·Jungfrauw Agnes Otilien Ihm Auser welt ·Vnd Anno Neutziga) finffb) Zu Ihr Vermält ·Seiner Eltern Religion Durch Gotes GnadtHat gefürdert Bekent Bis In Sein Todt ·Starb Den 〈...............〉 Sag Ich führwahr,Im Tausent 〈.....................〉 IahrLigt hiebeÿ Seim Ersten Weib BegrabenGot wöl Sie Mit Ewiger freud Erlaben ·Amen
- D
Walburg von Ratzenburg Geborn,hans Vlrich landtschadten AuserkornDenn 23 Decemberc) Ihr hochzeit WahrIm Tauszent finffhundert Sechs vnd Sechtzigsten Iahr ·Ganz Gottsehlig christlich TugentsamSie Lebt, Sechs Kinnder Vberkahm ·Zwenn Sohnn noch Lebtten Als Sie Schiedt Ab ·Mitt Christlicher gedult Ihrnn Geist Aufgab ·Denn Letzstenn No Vembris Im 85 IahrGott Ihr Vnndt Vnser Sehll Bewahr ·Amen ·
Versmaß: Deutsche Reime.
Landschaden von Steinach, Ratzeburg; Landschaden von Steinach, Erligheim, Nippenburg, Helmstatt, Helmstatt, Neipperg, Hornstein, Sturmfeder; Ratzeburg, Bühel, Twiste, Fronhofen, Wolfstrigel, Roth von Schreckenstein, Westfalen, Schwaigern.4) |
Textkritischer Apparat
- Steinmetzfehler. Die Haste des e ist zu lang.
- Steinmetzfehler. Das i ist oben nach rechts statt nach links gebrochen.
- Hans Ulrich Landschad, Aufzeichnungen (Irschlinger 257f.) gibt den 23. September 1566 als Datum der Hochzeit an.
Anmerkungen
- Lc. 2,14; dort jedoch „altissimis“.
- Die Vorderburg war im alleinigen Besitz von Hans IV. gewesen, vgl. Langendörfer, Landschaden 31.
- Vgl. Hans Ulrich Landschad, Aufzeichnungen (Irschlinger 257f.).
- Vgl. Möller/Krauß 100.
- Vgl. Hans Ulrich Landschad, Aufzeichnungen (Irschlinger 249); Irschlinger, Landschaden Taf. 3.
- Vgl. Nr. 160.
- Vgl. Nr. 159.
- Hans Ulrich Landschad, Aufzeichnungen (Irschlinger 209).
Nachweise
- Wickenburg II 258.
- Inschriften Neckarsteinach 49f.
- Möller/Krauß, Neckarsteinach 100.
Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 192 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0019206.
Kommentar
Hans Ulrich war ein Sohn Hans‘ IV. Landschad und der Margarete von Erligheim. Er war mit Walburg von Ratzeburg, Margret von Venningen und Agnes Otilie Greck von Kochendorf verheiratet und starb im Jahr 1620.5) Das mit 1595 bezeichnete Epitaph wurde also zu seinen Lebzeiten angefertigt.
Die verwendete Fraktur weist zahlreiche Versalien auf. In den Inschriften (B) und (C) fehlen bei den Kleinbuchstaben f und langes s mit Unterlängen. In Inschrift (D) kommen beide Buchstaben mit und ohne Unterlänge nebeneinander vor. Das a ist stets einstöckig. Es ist, wie auch die Buchstaben g, m, n, u, v und teilweise auch o, mit Hastenbeugung gebildet. Die auffälligen D, S und Z Versalien, die bei den Inschriften für den Großvater des Hans Ulrich, Hans III.,6) und seinen Vater Hans IV.7) innerhalb der Worte und am Wortende vorkommen, fehlen hier. Die Schriftform des Epitaphs für Hans Ulrich unterscheidet sich damit deutlich von den Schriftformen der beiden anderen Epitaphien.
Die drei Denkmäler zeigen sowohl in der äußeren Gestaltung als auch in sprachlicher Hinsicht Übereinstimmungen. Die Epitaphien für Hans IV. und für Hans Ulrich besitzen einen identischen Aufbau, doch lassen sich qualitative Unterschiede in der Ausführung feststellen. So sind bei dem Vollwappen der Landschaden Kopf und Barthaar des bekrönten Hauptes sowie die Harfe naturalistischer gearbeitet, und das Medaillon der Konsole zeigt eine aufwendigere Rollwerkrahmung. Die Meistersignatur aus einem Schild mit drei kleinen Schildchen und den Buchstaben CV am Epitaph für Hans IV. ist in ähnlicher Form auch am Epitaph des Hans Ulrich vorhanden, allerdings mit den Buchstaben MS. Vermutlich wurden beide Epitaphien von derselben Werkstatt ausgeführt, wobei das Epitaph für Hans IV. als Vorbild diente.
Auch die Texte der drei Epitaphien zeigen Parallelen. Alle drei sind in derselben Art als Gedichte mit Endreim verfaßt. Die Texte und die Konzeption der drei Epitaphien stammen offensichtlich von derselben Person. Es liegt deshalb nahe, den Auftraggeber und Verfasser in Hans Ulrich zu sehen, der seinem Großvater, seinem Vater und sich selbst ein Denkmal setzte. Die vereinzelt feststellbaren Abweichungen zwischen den Angaben der Inschriften und denen der „Aufzeichnungen“ des Hans Ulrich könnten sich aus dem zeitlichen Abstand zwischen dem Entstehungszeitraum der Epitaphien, der zwischen 1571 und 1595 liegt, und der Abfassungszeit der „Aufzeichnungen“ erklären, die 1604/06 entstanden.8)