Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 16† Lorsch, Klosterkirche 2.H.12.Jh. bis M.13.Jh.

Beschreibung

Grabplatte der Lisa. Die heute verlorene Platte lag früher hinter dem Portal flach im Boden.

Nach Helwich, Syn.

  1. + Mortua Lisa iaces nec habes virtutea) sequacesHeu cadis octavis septembris rapta calendis

Übersetzung:

Tot liegst Du hier, Lisa, und keiner folgt Dir in der Tugend nach. Ach, uns entrissen starbst Du am achten Tag vor den Kalenden des September (25. August).

Versmaß: Zwei leoninische Hexameter.

Kommentar

Die Gestaltung der Verse gibt Anhaltspunkte für eine ungefähre zeitliche Einordnung der Inschrift. Der erste leoninische Hexameter ist zweisilbig rein gereimt. Ob der zweisilbig unreine Binnenreim mit habes beabsichtigt war, läßt sich nicht entscheiden. Der zweite Vers ist nur einsilbig rein, da bei Angabe des Monats und der Kalenden ein zweisilbiger Reim kaum herzustellen ist. Zweisilbig reine Reime sind in der mittellateinischen Dichtung seit etwa 1100 die Regel.1) In Inschriften begegnen zweisilbig rein gereimte Verse seit dem zweiten Viertel des 11. Jahrhunderts. Sie überwiegen ab dem zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts.2) Die alleinige Nennung des Todestages ist bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts üblich. Sie wird dann von der Datierung mit „Anno Domini“ abgelöst. Für die Inschrift ist also eine ungefähre Entstehungszeit zwischen dem zweiten Viertel des 12. und der Mitte des 13. Jahrhunderts anzunehmen.

Die hier genannte Lisa dürfte mit der im Lorscher Totenbuch zu viii kal. sept. genannten „Elysa comitissa“ identisch sein, die zwei Schenkungen an das Kloster machte, die aber nicht näher datierbar sind.3)

Textkritischer Apparat

  1. virtutes Helwich. Die Endung -es führt zu einem prosodischen Fehler und ist auch grammatisch wenig sinnvoll, so daß mit einer Verschreibung Helwichs gerechnet werden muß.

Anmerkungen

  1. Meyer, Gesammelte Abhandlungen I 193 u. 277-283, II 125.
  2. Bayer, Metrische Inschriften 120-124, dessen Untersuchung allerdings auf einer relativ schmalen Materialbasis beruht.
  3. Lorscher Totenbuch fol. 91v.

Nachweise

  1. Helwich, Syn. 397.
  2. Helwich, Ant. Lauresham. 107.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 16† (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0001606.