Inschriftenkatalog: Großkreis Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 223† Bruchsal, Rathaus u. Städtisches Museum im Schloß 1552 u. 1562

Beschreibung

Wappentafeln vom ehemaligen Hohenegger Hof. Der Adelshof, erbaut 1550–54, wurde nach dem späteren Besitzer Jacob von Hohenegg zu Vilsegg benannt, obwohl die Erbauer durch die Wappentafel I von 1552 eindeutig belegt sind1. Nach 1632 war der Hof bischöflich speyerisches Amtshaus; seit 1904 diente er als Städtisches Museum. 1945 vollständige Zerstörung im Bombenkrieg; 1947 Abriß der Ruine.

I. Wappentafel des Georg Speth von Schülzburg (Sulzburg) und der Ottilia geb. von Flersheim. Ehemals Teil des monumentalen Türgestells, das den Zugang zum südwestlichen Treppenturm umrahmte. Großer Aedikula-Aufbau aus gelbem Sandstein mit farbiger Fassung; in dem etwa quadratischen Giebelfeld zwei Wappen mit Helmen und Helmzieren in Hochrelief (heute im Treppenhaus des Neuen Rathauses); Rahmung durch Pilaster mit je vier Ahnenwappen; in der Gebälkzone Bauzahl. Fragmente der Rahmenarchitektur heute im Magazin des Städtischen Museums; die Pilaster mit der Ahnenprobe verschollen. Beschreibung nach alter Photographie2.

Maße: H. (Mittelfeld mit Wappenrelief) 101, H. (gesamt) ehemals ca. 400, B. (Mittelfeld) 92, B. (gesamt) ehemals ca. 200 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

   
Ahnenwappen mit Beischriften3:
(links) . . .NG/ACH4) / LANDENBERG5) / WERNAU / SCHEINEN6) //
(rechts) RANDEGG / RATSAMHAUSEN / KRANICH V. KIRCHHEIM / HELMSTATT//

    Bauzahl: 
  1. 1 · 5 · 5 · 2 · /

   
Wappen:
Speth von Schülzburg; Flersheim.
Speth von Schülzburg (kleiner Schild im Scheitel des Türgewändes)

Kommentar Die Vollwappen im Mittelfeld gehören dem Ehepaar Georg Speth von Schülzburg7 und Ottilia geb. von Flersheim, den Erbauern des Adelshofes. Georg war 1544–1552 Hofmeister des Speyerer Bischofs Philipp von Flersheim (1529–1552)8; seine Gemahlin war die Nichte des Bischofs. II. Wappentafel des Christoph von Münchingen. Annähernd quadratische Aedikula aus gelbem Sandstein, Bekrönung verloren; im Mittelfeld großes Wappen mit Helm und Helmzier, umgeben von vier Ahnenwappen. Darunter Inschrifttafel ohne Rahmung, bis zu den Außenkanten beschriftet. Früher in einer Scheune des Adelshofes; wegen zunehmender Verwitterung wurde der untere Teil des Denkmals mit der Inschrift zusammen mit einer Kopie der Inschrifttafel an der Vorderfront des Adelshofes eingelassen. Bei der Zerstörung des Gebäudes 1945 blieb nur diese Kopie der Inschrifttafel erhalten (heute Magazin des Städtischen Museums); das Original und die Wappen-Aedikula sind verloren. Beschreibung nach alter Photographie, entstanden vor 18909.

Maße: H. (gesamt) ca. 150, Inschrifttafel 53, B. 90,3, Bu. 2,1–2,5 cm.

Schriftart(en): Inschriften-Fraktur.

  1. Anno · 1562 · hab · Ich · Christoff · von · Minching(en) · Dhombsinger · / · Vnd · probst · zu · Sant · Weyden · zu · Spier · diese · Behaussung · / · Sampt · den · zugehorigen · guettern · als · ein · frey · vnbesch[ult] / · guth · vnd · Edelmans · Sitz · erkaufft · von · den · Edlen · vnd · / [. Fe]sten · Jorgen · vnd · Hans · Eyttel · Spätten · von · Sulczburg · um · / · [vier] · thausend · drey · Hundert · gulden · Vnd · ist · Mir · Eingeraumpt / [· vnd] · vber · geben · worden · vnder · Bischoff · Marquarden · von · / [Hattstein] · Rechierung · welcher · ist · gewessen · der · ein · vnd · [siebenzigste] · Bischoff · zu · Spier · vnd · der · Dritt · probst · [zu ·] / [Weyssen · Burch] · Durch Hansz · Eyttel · Spettenn · [den · 11 · / Jan. obgemelt] ter · Jarzal · /

 
Wappen:
Münchingen.
   
Ahnenwappen:
Münchingen/ Zobel v. Giebelstadt/
Nippenburg/ Velberg/

Kommentar Der Inschrifttext gibt Modalitäten der Erwerbung des Gebäudes in ungewöhnlicher Ausführlichkeit wieder und ist daher als „Urkundeninschrift“ anzusehen10. Der Käufer Christoph von Münchingen, Domkantor und Probst zu St. Guido zu Speyer, erwarb das Anwesen wenige Jahre vor seinem Tod11. Die Verkäufer sind Georg Speth, durch I als Erbauer des Adelshofes bezeugt, und Hans Eitel Speth (gest. nach 1586), bischöflich speyerischer Faut und Oberamtmann zu Lauterburg12. Zu Bischof Marquard von Hattstein (1560–81) vgl. nrr. 232, 280. Die Originalinschrift war eine Fraktur von großer Feinheit. Die Versalien waren z. T. durch Haarstriche und Schleifen verziert, erkennbar bei B, E, I. Besonders auffallend ist die Bildung des Großbuchstabens S durch eine abwärts gekehrte Schleife. Solche Varianten für S begegnen in Schreibmeister-Frakturen, so z. B. in Johann Neudörffers Pergamentblatt von 1533 und in seiner „Guten Ordnung … Zierlichs Schreibens“ von 153813.

Anmerkungen

  1. Jacob von Hohenegg (gest. 1609) war württembergischer Oberrat und Landhofmeister; zur Person vgl. Bernhardt I 386ff. Vermutlich gelangte der Hof über seine Frau, Agnes von Münchingen (gest. 1591), Nichte des in II genannten Christoph von Münchingen, in seinen Besitz. – Zur Baugeschichte vgl. Heiligenthal 187ff.; KdmBaden IX 2, 65ff.
  2. Publiziert ebd. Abb. 32.
  3. Die Beischriften (zweizeilig) waren auf kleinen Tafeln mit geschwungenem Rand so angebracht, daß die korrekte Ahnenprobe von unten nach oben abzulesen war.
  4. In Analogie zu den Spethschen Grabmälern in Zwiefaltendorf (Gem. Riedlingen Kr. Biberach) scheint es sich um das Wappen Ehestetten zu handeln (drei (2:1) gestellte Lilien und Querbalken); KdmBaden IX 2, 68: Engaß.
  5. Hier geviert; also müßte die Beischrift „Hohenlandenberg“ lauten; vgl. Kindler II 431ff.
  6. Schienen b. Oehningen (Kr. Konstanz); vgl. Alberti II 685.
  7. Seitenlinie des oberschwäbischen Geschlechts der Speth (Spät) von Zwiefalten, benannt nach der Schülzburg b. Münsingen (Kr. Reutlingen).
  8. Krebs, Dienerbücher Speyer nr. 1962; Remling II (s. Register). – Zur Genealogie der Flersheim vgl. Möller NF I Taf. 17.
  9. Publiziert bei Heiligenthal Abb. 87; Ergänzungen nach Stocker, Bruchsal.
  10. Zu diesem Begriff vgl. zuletzt Wolfgang Müller, Urkundeninschriften des deutschen Mittelalters. Kallmünz 1975, 1ff. (Münchener Historische Studien, Abt. Geschichtl. Hilfswissenschaften, Bd. 13).
  11. Er war seit 1523 Kanoniker zu Speyer, 1543 Domkustos, dann Domkantor; 1545 resignierte er auf sein Kanonikat zugunsten seines Verwandten Ludwig von Nippenburg; nach seinem Tod 1565 Feb. 6 wurde er im Speyerer Domkreuzgang bestattet; Busch-Glasschröder 168 Anm. 2; Remling II (s. Register).
  12. Krebs, Dienerbücher Speyer nr. 1693; Remling II (s. Register). – Sein Grabmal in Zwiefaltendorf (Gem. Riedlingen, Kr. Biberach) erhalten; vgl. KdmWürttemberg, Kr. Riedlingen, 250.
  13. P. Zahn, Beiträge zur Epigraphik des 16. Jahrhunderts. Kallmünz 1966, Abb. 4, 6, 7 (Münchener Historische Studien, Abt. Geschichtl. Hilfswissenschaften, Bd. 2).

Nachweise

  1. KdmBaden IX 2, 67ff., Abb. 32.
  2. Money (F. J. Mone), in: Rheinische Ansichten historischen u. poetischen Inhalts. Pforzheim 1815, nr. 17, S. 65.
  3. Stocker, Bruchsal 60.
  4. Heiligenthal 124, 187ff., Abb. 48 u. 87.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 223† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0022306.