Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)
Nr. 294† Bretten, altes Rathaus nach 1592?
Beschreibung
Gedenkinschriften am mittelalterlichen Vorgängerbau des heutigen Rathauses, beim Brand der Stadt 1689 zerstört1.
I. Distichen auf Bretten als Heimat Melanchthons. Zitiert nach Andreae, wo es heißt „in curia legebatur“.
Bretta, quod egregii patria es praeclara Philippi/Hoc satis ex uno nobilitatis habes/
Übersetzung:
Bretten, du bist die berühmte Heimat des erlauchten Philippus. Aus diesem einen hast du der Würde genug.
Anmerkungen
- Zur Baugeschichte vgl. das bei nr. 33 Gesagte.
- Vgl. Hammer, Melanchthonforschung III nr. A 762 a (mit Nachweisen).
Nachweise
- Heberer 5.
- M. Zeillerus 541.
- Joh. Jac. Reinhardi, Rerum Palatinarum I pag. 519.
- Andreae, Bretta 10, 17f.
- Gehres, Bretten 26, 41.
- Becher, Chytraeus 142, 144f.
Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 294† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0029402.
II. Distichen auf Bretten mit deutscher Übersetzung von Michael Heberer. Zitiert nach Gehres.
Fortibus ampla Viris, speciosoque aucta triumpho, Salve Bretta, tuo fide reperta Duci. In te nil timidi potuerunt cornua cervi, Sueva Palatinus contudit arma Leo. His nova doctiloqui jungit se fama Philippi Primus erit vates moenibus ille tuis.
Übersetzung:
Ich grüß Bretten die wehrte Stadt,
Die ihrem Herrn gross trew that,
Als der Pfaltz Loew, den Hirsch der Schwaben
Mit Forcht macht in die Flucht wegtraben,
Zu dem Philippus Melanchthon
Bleibt dieser Stadt ein Ehren-Cron.
Kommentar
Die Erwähnung des Pfälzer Löwen und des Schwäbischen Hirsches sind Anspielungen auf die Wappen von Kurpfalz und Württemberg. Die Distichen gehen auf ein Epigramm des Ulrich von Hutten (1480–1523) auf die heldenhafte Verteidigung der Stadt Bretten 1504 gegen Herzog Ulrich von Württemberg zurück; sie erschienen 1582 erstmalig in gedruckter Form2. Die Übersetzung Heberers erschien mit dem lateinischen Text zuerst 1610. Als „in curia“ werden sowohl Inschrift I als auch II erst 1769 bei Andreae bezeichnet, der sie aber nicht mehr als Augenzeuge gesehen haben kann; es muß daher offen bleiben, ob es sich um Inschriften oder um zeitgenössische Epigramme in literarischer Überlieferung handelt.