Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 163 Bretten, Stadtbefestigung 1532 (1631/32)

Beschreibung

Ritzinschriften in den ehemals als Gefängnis dienenden Turmverliesen.

I. Pfeiferturm, Erdgeschoß, innen an der Nordwand1. Zwischen der 3. und 6. Steinlage (vom heutigen Fußbodenniveau ausgehend gezählt) zahlreiche „Verewigungen“ von Gefangenen, in der Anordnung regellos und offensichtlich zu verschiedenen Zeiten entstanden. Zu unterscheiden sind Handwerkerzeichen – wie Fleischerbeil, Winzermesser, Bretzel, Sichel, Pflugschar, Mehlsack usw. –, ferner Hauszeichen und Wappen, z. T. von Monogrammen begleitet, sowie primitive bildliche Darstellungen (Kreuzigung mit Maria und Johannes und knienden Votivfiguren; Fachwerkhaus (?) mit Vögeln etc.). Zusammenhängende und einwandfrei datierte Inschriften auf einem Quader der 5. Steinlage; die querrechteckige Fläche ist in vier unregelmäßige Inschriftstreifen, ausgeführt von verschiedenen Händen, eingeteilt (A, B1, B2, C).

Maße: H. ca. 40, B. ca. 50, Bu. ca. 1,5–2 cm.

Schriftart(en): Kursivschrift.

  1. A

    A (Darstellung einer Sichel) H.S. 1632. (Kreuz) /

  2. B1

    (Hauszeichen) · 1 · 5 · 3 · 2 · /

  3. B2

    . . . . . ich casper · schoena) · ver. .an dich in got / (Wappen, unkenntlich) . . . . . . bis ans end (drei Messer) amen · /

  4. C

    (Sichel?, Wappen mit Monogramm WA) . . . ikqr (Hauszeichen) mss . . il . . . . / . . . . . . ioff . . .b) /

Kommentar Die Inschrift (B1 und B2) ist als Verewigung eines Wiedertäufers angesehen worden, da sich besonders in den Jahren 1530–32 ein Auftreten der Wiedertäufer in der Brettener Gegend nachweisen läßt2. Da der in der Inschrift genannte Casper Schön jedoch mit keinem der in Bretten inhaftierten Wiedertäufer identifiziert werden kann, bleibt die Hypothese unbewiesen3. II. Simmelturm, Erdgeschoß, innen an der Nordwand4. Zwischen der 9. und 3. Steinlage wiederum Handwerkszeichen wie bei I, hier bereichert durch eine mehrmals erscheinende Laute und einen Krug. In der 7. Steinlage zusammenhängende und datierte Inschrift5.

Maße: H. (Quader) ca. 30 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. · MICHEL · / MARTIN · / · 1 · 6 · 3 · 1 · /

Textkritischer Apparat

  1. O mit hochgestelltem e; vor n ist eine eingeritzte Pflugschar eingefügt.
  2. Buchstabengröße unterschiedlich; von anderer Hand als B.

Anmerkungen

  1. Baugeschichte vgl. KdmBaden IX 1, 32ff.
  2. Ebd. 34.
  3. Schäfer, Geschichte Bretten 226ff. – In der 3. und 4. Steinlage sind weitere Inschriften – beide oben mit dem Christusmonogramm IHS und einem über dem H stehenden Kreuz – erkennbar; Ausführung in Kapitalis. Da die untere Inschrift eine Anrufung der Heiligen Antonius von Padua und Johannes Nepomuk enthält, scheint eine Entstehung nach 1650 wahrscheinlich; dies wird durch die Ausführung der Schrift gestützt.
  4. Baugeschichte vgl. KdmBaden IX 1, 35ff. – Die Eingangstür ist 1980 eingebrochen worden als Zugang zum Verlies.
  5. Zahlreiche Inschriftfragmente weisen auf das späte 17. und 18. Jahrhundert. In der 9. Steinlage Monogramm HRR und Jahreszahl 1679; die jüngsten Verewigungen aus der Zeit 1935/40.

Nachweise

  1. KdmBaden IX 1, 33f. (m. Abb.).
  2. Nik. Müller, Georg Schwartzerdt, 188f.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 163 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0016305.