Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 52 Ettlingen, kath. Pfarrkirche St. Martin nach 1459

Beschreibung

Sakramentshäuschen im Chor im Winkel zwischen Nordwand und erster Polygonseite; als Wandtabernakel mit Baldachinrahmung ausgebildet. Unten dreiseitig vorkragende Konsole, deren Hohlkehle mit fein gearbeitetem Rankenwerk mit Weintrauben verziert ist; sie wird von einem auf einer Laubkonsole kauernden Löwen gestützt, der einen Wappenschild in der Tatze hält. Auf der Schräge des Konsolgesimses Agnus Dei, umgeben von einem vielfach geknickten Spruchband mit teils erhaben, teils vertieft gearbeiteter Inschrift. Material roter Sandstein, neu gefaßt in Blau, Gold und Rot. Schrift durch dicken Farbanstrich verunklärt, Lamm beschädigt.

Maße: H. (Gesamt) ca. 300, (Schriftband) 4, B. 73, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. Ecce / angn(us) / dei · qui / Talisa) · / peca(ta) · mvndi / misere(re) / · nobis · /

Übersetzung:

Dies ist das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt. Erbarme dich unser!

Wappen:
Enzberg.

Kommentar

Das Wappen wurde als das des Speyerer Bischofs Johann II. (1459–64) angesprochen; der Bischof mit Namen Johannes Nix von Hoheneck gen. Enzberger führte jedoch das gevierte Wappen der Nix von Hoheneck1. Vermutlich bezieht sich das Wappen auf Johann von Enzberg, Hofmeister des Markgrafen Karl I. von Baden (1453–75). Dieser hatte 1459 als Begleiter des Markgrafen zum Fürstenkongreß nach Mantua ein Indult des Papstes Pius II. für die Ettlinger Pfarr- und Stiftskirche erlangt2. Für die Ansetzung ergibt sich als terminus post quem die Erhebung zur Stiftskirche 1459 Nov. 29, was den Bau des Chores notwendig machte3.

Die Schriftformen wie auch die Zierformen der Architektur weisen ganz allgemein auf die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts; bemerkenswert ist die Gestaltung mit erhabenen Buchstaben. Der Text gehört zur Liturgie des Meßopfers, auf das auch die Weinranke hinweist4.

Textkritischer Apparat

  1. So für tollis.

Anmerkungen

  1. Vgl. KdmBaden IX 3, 28, 32. – Zum Wappen vgl. nr. 56.
  2. Vgl. D. Brosius, Papst Pius II. und Markgraf Karl I. von Baden. In: FDA 3. F. 24 (1972) 161ff.
  3. Zur Baugeschichte vgl. KdmBaden IX 3, 25ff. – Am Chorgewölbe mehrmals das markgräfliche Wappen.
  4. Vgl. J. A. Jungmann, Missarum Sollemnia. 2 Bde. Wien 19625; hier II 414. – Joh. 1, 29.

Nachweise

  1. KdmBaden IX 3, 28, 32, Abb. 6.
  2. G. Schalk, Beiträge zur Baugeschichte der Martinskirche in Ettlingen. Ettlingen 1917, 15.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 52 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0005207.