Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 484 Dom 1560–1588

Beschreibung

Grabplatte für den Domkantor Kaspar von Dechau. Sandstein. Der hochrechteckige Stein war zum Zeitpunkt der Aufnahme im nördlichen Flügel des unteren Kreuzgangs in der Wand eingemauert, zur Zeit Bertrams war er nahe der Domapsis am westlichen Strebepfeiler des nördlichen Kreuzgangflügels angebracht.1) Das leicht vertiefte Innenfeld ist in zwei Felder unterteilt. Im oberen großen Feld unter einer mit Beschlagwerkornamenten verzierten Renaissance-Bogenarchitektur im Flachrelief der Verstorbene vor einem im linken Pilaster angebrachten kleinen Kruzifix kniend. In den vier Ecken der Platte vier Vollwappen in Medaillons. Der Inhalt des unteren heraldisch rechten Wappens war bereits zur Zeit Bertrams nicht mehr erkennbar. Auf den beiden unteren Medaillons sitzen Putten, die das in der Mitte angebrachte Vollwappen des Verstorbenen halten. Die erhaben ausgeführte Inschrift läuft an vier Seiten in vertiefter Zeile um den Stein herum, der Schluß steht in zwei Zeilen unter dem Anfang der Inschrift zwischen den oberen Wappen. Sie weist Kommata als Interpunktionszeichen auf, Worttrenner in Form eines Punktes auf halber Höhe und eines Doppelpunktes nach PACE nur im Bereich der schrägliegenden Kapitalis.

Maße: H.: 233 cm; B.: 110,2 cm; Bu.: 5–5,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien, die letzten zwei Zeilen in schrägliegender Kapitalis.

Christine Wulf [1/4]

  1. REVERENDVS, ANTIQVO / STEMMATE NOBILIS D(OMI)N(V)S CASPAR(VS) Aa) DECHAV, SVB VALENTINO, FRIDERICO / BVRCARDO ET ERNESTO / EP(ISCOP)IS HVI(VS) ECCLESIAE CANONICVS, CA(N)TOR ET DIACON(VS) OBIIT <....>b) // CVI(VS) FIDELIS · A(N)I(M)A REQVIESCAT / IN SANCTA PACE · AMEN ·

Übersetzung:

Der hochwürdige, aus altem Geschlecht stammende, edle Herr Kaspar von Dechau, unter den Bischöfen Valentin, Friedrich, Burchard und Ernst Kanoniker, Kantor und Diakon dieser Kirche starb [...]. Seine gläubige Seele ruhe in heiligem Frieden. Amen.

Wappen:
Dechau*
Dechau*Behr2)
??3)

Kommentar

Charakteristisch für die Ausführung der Kapitalis sind E mit sehr kurzem mittleren Querbalken, ausgeprägte Sporen besonders an den oberen Bogenenden von C, G und S sowie O mit linksschräger Schattenachse. Diese Merkmale entsprechen denen der Inschrift auf dem Grabdenkmal des Burchard von Landesberg (Nr. 480), das der Hildesheimer Bildhauerwerkstatt Wolf zugeordnet wird. Folglich dürfte auch die Grabplatte für Caspar von Dechau in dieser Werkstatt entstanden sein, zumal auch die Putten auf beiden Denkmälern ähnlich gestaltet sind. Derartige Charakteristika weist auch die Inschrift auf dem Stein von der ehemaligen Gordehardimühle auf (Nr. 442).

Aus dem Fehlen des Todesdatums in der Inschrift läßt sich schließen, daß der Stein bereits zu Lebzeiten Kaspar von Dechaus angefertigt wurde. Dechau wurde 1550 Mitglied des Domkapitels und erhielt 1560 das Amt des Domkantors. Er starb am 14. Mai 1588.4) Auf einem der Jurisdiktionsstäbe des Domkapitels ist er als Stifter genannt (vgl. Nr. 486).

Textkritischer Apparat

  1. A] Über dem Buchstaben ein Schrägstrich.
  2. Der Platz für das Todesdatum wurde freigelassen und das Todesdatum nicht nachgetragen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Bertram, Bischöfe, S. 156.
  2. Wappen Behr (schreitender Bär, Helmzier: über Helmwulst ein schreitender Bär vor einer mit einem Pfauenstoß besteckten Säule). Vgl. Siebmacher 1, S. 183.
  3. Wappen ? (Einhorn).
  4. Biographische Daten nach Bertram, Bischöfe, S. 156. Todesdatum so in Joachim Brandis’ Diarium, S. 256; Kratz (Dom, S. 252) hingegen überliefert mit Fragezeichen den 12. Mai als Todestag Dechaus.

Nachweise

  1. DBHi, HS 116, S. 130.
  2. DBHi, HS 269, S. 225.
  3. DBHi, HS 271, fol. 7v.
  4. Bertram, Bischöfe, S. 156.
  5. Kat. Ego sum, S. 264, Abb. S. 263.
  6. Slg. Rieckenberg, S. 886.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 484 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0048403.